Schönborn sieht bei „Ehe für alle“ Regierung gefordert

In der Diskussion über die „Ehe für alle“ plädiert Kardinal Christoph Schönborn für die Beseitigung von Diskriminierungen bei gleichzeitigem Erhalt des klassischen Ehebegriffs und sieht hier die Regierung gefordert.

Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) seien zu respektieren und umzusetzen, so der Vorsitzende der Bischofskonferenz in der aktuellen Ausgabe der Wiener Kirchenzeitung. „Ich erwarte mir aber von den Regierungsparteien eine gewissenhafte Prüfung: ob es Wege gibt, das Erkenntnis so umzusetzen, dass es keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung mehr gibt und trotzdem die Unverwechselbarkeit der Ehe bleibt - in ihrer Doppelfunktion des öffentlichen Gelöbnisses und der Sicherung der Generationenfolge durch Mann und Frau“, sagte der Kardinal im Interview mit dem „Sonntag“.

Ehe „offensichtlich anziehend“

In der Diskussion über dieses Thema falle ihm auf, dass die Ehe „offensichtlich anziehend“ sei und als „die Höchstform des menschlichen Zusammenlebens“ gelte, so der Kardinal. Trotz der Zerbrechlichkeit von Beziehungen könne „die Sehnsucht nach der Ehe auch als eine Sehnsucht nach Beständigkeit“ gedeutet werden.

Kardinal Christoph Schönborn

APA/Erwin Scheriau

Kardinal Christoph Schönborn

„Du bist es mir wert, einen Bund fürs Leben zu schließen“: Diese Haltung und das Feierliche mache die Ehe zudem anziehend, sagte Schönborn und fügte hinzu: „Insofern kann ich gut verstehen, dass Menschen in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft die Eingetragene Partnerschaft zu wenig ist. Dieser Wunsch nach der Ehe ist eigentlich ein schönes Zeugnis für ihre Unvergleichlichkeit. Das ist grundsätzlich etwas sehr Tiefes.“

Verbindung von Mann und Frau

So sehr dieser Wunsch verständlich sei, müsse dennoch immer beachtet werden, dass Ehe entscheidend mit der „Weitergabe des Lebens“ zu tun habe, gab der Wiener Erzbischof zu bedenken. Bei der Ehe gehe es auch um die „Generationenfolge der Menschheit, in der wir selber stehen. Die ist ausschließlich möglich in der Verbindung von Mann und Frau.“

Nicht nur die Kirche, sondern auch die Vernunft sage daher, dass die Ehe auch in ihrer rechtlichen Form aus zwei Elementen bestehen solle, und zwar „der gegenseitigen Liebe mit ihrem öffentlichen Bekenntnis und der Ausrichtung auf die Generationenfolge“. In diesem Zusammenhang erneuerte der Kardinal seine inhaltliche Kritik am VfGH-Erkenntnis über die Ehe. Das Höchstgericht habe „den Bezug auf Mann und Frau gestrichen, aber stehen gelassen, dass das Paar gemeinsam Kinder zeugen will. Da bleibt ein Widerspruch“, so Schönborn wörtlich.

„Ernste ethische Frage“ Leihmutterschaft

Deutlich warnte der Kardinal in diesem Zusammenhang vor der Leihmutterschaft als Alternative für gleichgeschlechtliche Paare im Blick auf den Kinderwunsch. Damit verbunden seien „ernste ethische Frage“, nicht nur der Kirche, sondern vieler Menschen. Es sei „eine Entwürdigung der Frau, die verzweckt wird, um den Kinderwunsch anderer zu erfüllen“. Auch bei der Samenspende würden sich ähnliche Fragen stellen, verbunden mit der oft dramatische Suche nach der eigenen Herkunft im Blick auf den genetischen Vater. Schönborn: „Das ist ein wirkliches ethisches Problem.“

In der Debatte um Ehe und Beziehung plädierte der Kardinal insgesamt für große Behutsamkeit. Es bestehe nach wie vor eine große Sehnsucht in der Gesellschaft nach dem Leitbild „Vater Mutter Kinder“ und die Kirche müsse daran festhalten. Gleichzeitig gebe es bei vielen Menschen eine sehr große Sensibilität gegenüber jeder Form von Geringschätzung von Situationen, die nicht dem Leitmodell „Vater Mutter Kinder“ entsprechen.

Leitmodell „Vater Mutter Kinder“

Die Gleichsetzung aller Formen von Partnerschaft mit dem Begriff Ehe könne jedoch die vielen Wunden, die da sind, nicht heilen, so Schönborn. Es tue der Gesellschaft gut, sich auf das Leitmodell „Vater Mutter Kinder“ zu einigen und gleichzeitig behutsamer umzugehen mit den vielen Situationen, die nicht so sind. „Schließlich haben wir alle dieselbe Würde, und niemand ist ohne Wunden.“

Wie immer die Mehrheiten zu dieser Thematik auch seien, zeigte sich der Kardinal dennoch davon „überzeugt, dass die unverwechselbare Ehe als Bund von Mann und Frau, offen für Nachwuchs, unersetzlich ist. Auch weil so vieles davon abhängt, ob es genug Kinder gibt. Die Ehe von Mann und Frau ist für alle da.“

Aufgrund des VfGH-Erkenntnisses aus dem Dezember vergangenen Jahres hat der Gesetzgeber noch bis zum Jahresende Zeit für eine Neuregelung des Eherechts. Sollte bis dahin nichts geschehen, werden ab 1. Jänner 2019 die Ehe und die Eingetragene Partnerschaft geöffnet. Beide Rechtsinstitute würden dann sowohl Paaren verschiedenen als auch gleichen Geschlechts zur Verfügung stehen.

religion.ORF.at/KAP

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