Vertuschung: Vatikan holt zum Gegenschlag aus

Der Vatikan holt nach Vertuschungsvorwürfen gegen den Papst in Zusammenhang mit dem Missbrauchsskandal in den USA zum Gegenschlag aus.

In einem offenen Brief hat der Leiter der vatikanischen Bischofskongregation, Kardinal Marc Ouellet, auf die Vorwürfe des Ex-Diplomaten Erzbischof Carlo Maria Vigano gegen Papst und Vatikan reagiert. In dem Schreiben, das am Sonntag vom vatikanischen Presseamt veröffentlichte wurde, wendet sich Ouellet direkt an den früheren Nuntius in Washington.

Kardinal Marc Ouellet

Reuters/Stefano Rellandini

Kardinal Marc Ouellet

Dieser hatte Ouellet Ende September aufgefordert, Dokumente offenzulegen, die angebliches Fehlverhalten des Vatikans in Zusammenhang mit Vorwürfen gegen den früheren Washingtoner Erzbischof Theodore McCarrick beweisen sollen. Dieser soll in den vergangenen Jahrzehnten reihenweise Seminaristen und selbst Minderjährige missbraucht haben.

Untersuchung angeordnet

Im Juli entzog Franziskus McCarrick die Kardinalswürde. Doch Vigano behauptet, Franziskus habe schon viel länger von den Anschuldigungen gewusst und Sanktionen gegen McCarrick aufgehoben. Der Papst hat unterdessen eine weiterführende Untersuchung McCarricks angeordnet.

Der Heilige Stuhl teilte am Samstag mit, dass vatikanisches Archivmaterial über den Ex-Kardinal gesichtet werde. Dabei sei man sich bewusst, dass eine solche Untersuchung beweisen könnte, dass in der Vergangenheit Entscheidungen getroffen wurden, „die mit dem heutigen Ansatz zu diesen Themen nicht vereinbar wären“.

Keine Unterschriften der Päpste

Auch wenn er Fehleinschätzungen der Kurie in Sachen McCarrick nicht ausschließt, weist Ouellet in seinem dreiseitigen Schreiben sämtliche Vorwürfe Viganos zurück. Es habe Anweisungen an McCarrick nach seiner Emeritierung gegeben, er solle wegen Vorwürfen früheren sexuellen Fehlverhaltens gegenüber erwachsenen Seminaristen ein zurückgezogenes Leben führen. Dies seien aber keine „Sanktionen“ durch Papst Benedikt XVI. gewesen, die Franziskus dann aufgehoben hätte.

In den Unterlagen der Kongregation fänden sich auch keine entsprechende Dokumente mit Unterschriften des einen oder des anderen Papstes. Anders als heute habe es damals nicht genügend Beweise gegeben, die eine offizielle Sanktion gerechtfertigt hätten. Auch sei in den Unterlagen, die Vigano bei seinem Amtsantritt in Washington von der Bischofskongregation mitbekommen habe, der Name McCarrick gar nicht erwähnt.

Persönliche Einschätzungen

Ouellet räumte ein, er frage sich heute, warum McCarrick trotz umlaufender Gerüchte in der Kirchenhierarchie so hoch habe aufsteigen können. Man müssen aber verstehen, dass päpstliche Entscheidungen stets von den Informationen abhängen, die jeweils vorlegt werden. Den verantwortlichen Personen aber grundsätzliche Verdorbenheit und Komplizenschaft vorzuwerfen, sei ungerecht. McCarrick habe sich damals stets gut zu verteidigen gewusst.

Seinen Brief schreibe er mit päpstlicher Erlaubnis, so der kanadische Kurienkardinal. Er schildere darin seine persönliche Einschätzung als Präfekt der Bischofskongregation - basierend auf der Aktenlage in seiner Behörde wie aufgrund seiner persönlichen Kontakte.

Vigano soll abwegiges Verhalten bereuen

Viganos aktuelle Position, so Ouellet, erscheine ihm „unbegreiflich und extrem verwerflich“. Es sei völlig abwegig, dass Vigano vom Skandal sexuellen Missbrauchs zu profitieren suche, um der moralischen Autorität des Papstes „einen unerhörten und unverdienten Schlag zu versetzen“. Er rief Vigano auf, aus seinem derzeitigen Versteck aufzutauchen, zu bereuen und sich mit dem Papst zu versöhnen.

Bereits am Vortag hatte der Vatikan darüber informiert, dass Papst Franziskus eine gründliche Untersuchung in der Kurie zu den Vorwürfen rund um Erzbischof McCarrick angeordnet habe.

religion.ORF.at/dpa/KAP

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