Istanbul: Orthodoxer Synod berät über Ukraine

Das Leitungsgremium des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel, der Heilige Synod, berät seit Dienstag in Istanbul. Wichtigstes Thema dabei ist die Zukunft der orthodoxen Kirche in der Ukraine.

Der vom Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie, Patriarch Bartholomaios I., geleitete „Heilige Synod“ hatte im September zwei Bischöfe in die Ukraine entsandt, um die Bildung einer vereinten, eigenständigen ukrainischen Landeskirche vorzubereiten.

Gläubige in der Ukraine und Russland warten mit Spannung darauf, ob das Ökumenische Patriarchat weitere Schritte für die Autokephalie (Eigenständigkeit) der Kirche in der Ukraine unternimmt. Die russisch-orthodoxe Kirche will weiter die Oberhoheit über die ukrainische Kirche behalten.

Bartholomaios I.

APA/AFP/Attila Kisbenedek

Patriarch Bartholomaios I. leitet den „Heiligen Synod“ mit dem Fokus auf die orthodoxe Kirche in der Ukraine

Brüche in der Gemeinschaft

Aus Protest gegen die ihrer Meinung nach unzulässige Ukraine-Initiative des Ökumenischen Patriarchats stellte die russische Kirche die Zusammenarbeit mit Konstantinopel ein. Zudem drohte sie Konstantinopel mit dem vollständigen Bruch der eucharistischen Gemeinschaft - mehr dazu in Russisch-orthodoxe Kirche bricht mit Konstantinopel.

Der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. rief am Montag erneut zur Einhaltung des Kirchenrechts auf. „Niemand wird uns davon überzeugen, dass eine Verletzung (des Kirchenrechts) erlaubt ist“, sagte er bei einem Gottesdienst in Sergijew Possad bei Moskau.

Auch Politik mischt sich ein

Auch Russlands Regierung besteht auf einer Oberhoheit des Moskauer Patriarchats über die orthodoxe Kirche in der Ukraine. Vizeaußenminister Grigori Karassin sagte in einem Interview der Tageszeitung „Iswestija“ (Montag), kein Politiker könne die Jahrhunderte alten religiösen, verwandtschaftlichen und kulturellen Verbindungen zwischen dem russischen und dem ukrainischen Volk zerstören.

„Die Geschichte endet nicht heute.“ Karassin warf der ukrainischen Führung vor, jeden Anstand verloren zu haben: „Sie macht alles, um die Spaltung der ukrainischen Orthodoxie zu vertiefen.“ Auch die USA kritisierte er scharf. Das US-Außenministerium unterstütze die Gründung einer eigenständigen orthodoxen Kirche in der Ukraine. Das schüre eine „weitere Spaltung und Gewalt mit unvorhersehbar schweren Folgen“.

Kirche als „politisches Werkzeug“

Im Gegenzug warf der ukrainische Staatspräsident Petro Poroschenko der russisch-orthodoxen Kirche vor, ein „politisches Werkzeug“ von Kreml-Chef Wladimir Putin zu sein. Sie unterstütze „Putins Hybrid-Krieg gegen die Ukraine“.

In der Ukraine ringen seit 1992 zwei orthodoxe Kirchen um die Vormachtstellung: eine des Moskauer und eine des Kiewer Patriarchats. Letzteres Patriarchat gründete sich im Zuge der Wiedererlangung der staatlichen Unabhängigkeit. Die Religion spielt in dem osteuropäischen Land traditionell eine große Rolle. Rund 70 Prozent der Bürger sind orthodoxe Christen.

religion.ORF.at/KAP/KNA

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