Jugendsynode: Bessere Begleitung für Junge

Die Teilnehmenden der aktuell im Vatikan tagenden Weltbischofssynode zu „Glaube, Jugend und Berufungsunterscheidung“ haben sich in der zweiten Woche ihrer Beratungen mit der Begleitung junger Menschen bei wichtigen Lebensentscheidungen befasst.

In den Treffen der insgesamt 14 nach Sprachen unterteilten Synodenkleingruppen („circuli minori“), deren jeweilige Ergebnisse am Dienstag vom Vatikan im Wortlaut veröffentlicht wurden, ging es etwa um den Unterschied von Selbstinszenierung und -optimierung einerseits sowie Berufung andererseits. Junge Menschen seien durchaus bereit, im Leben anspruchsvolle Wege auch im Dienst anderer einzuschlagen.

Dabei würden sie von Eltern, Gleichaltrigen und Lehrenden begleitet. Gleichzeitig wünschten sich viele Jugendliche zu bestimmten Fragen eine vertiefte Begleitung, sei sie geistlich oder psychologisch. Eine solche verlange geschulte und erfahrene Begleiter, die jungen Menschen ihre freie Entscheidung ließen und sie nicht bevormundeten. Manipulation oder gar Übergriffigkeit, von denen einige Teilnehmer aus eigener Erfahrung berichteten, dürften niemals im Spiel sein, hieß es.

Entscheidungshilfen und Ermutigung

Wichtig seien hingegen Entscheidungshilfen und Ermutigung. Eine Berufung zu leben, hielt eine der drei italienischen Synodensprachgruppen in ihrem zweiten Zwischenbericht fest, „verbindet unzertrennbar Glück und Risiko“. Daher gehöre zu Lebensentscheidungen, so eine englischsprachige Arbeitsgruppe, immer auch Verzicht. Wer sich alle Optionen offen halten wolle, unterscheide und entscheide gar nichts.

Bischöfe bei der Jugendsynode

Reuters/Alessandro Bianchi

Bischöfe bei der Jugendsynode im Vatikan

Auch verlange nicht nur die Entscheidung zu einem Leben als Priester oder Ordensmensch eine Begleitung. Gerade weil die meisten jungen Christinnen und Christen sich für Ehe und Familie entschieden, müsse die Kirche sehen, wie sie jungen Paaren kompetente und auch langfristige Begleitung auf dem Weg zur Heirat und im Leben danach anbieten könne.

Berufung als lebenslange Aufgabe

Überhaupt sei Berufung - ob beruflich, geistlich oder in der Familie - kein einmaliges Ereignis, sondern eine lebenslange Aufgabe, heißt es in den Berichten mehrerer Sprachgruppen. Berufung entfalte sich nicht nach einem fixierten Plan Gottes, „sondern wie ein Weg in die je größere Freiheit und Hingabe - freilich auch durch Höhen und Tiefen hindurch“, stellte etwa die deutschsprachige Arbeitsgruppe, an der auch Kardinal Christoph Schönborn und der österreichische Jugendbischof Stephan Turnovszky mitwirken, fest.

Begleitung und Hilfe müssten nicht immer durch Geistliche erfolgen. Jeder und jede Getaufte könne in religiösen Fragen begleiten, allerdings müsse die Kirche Laien entsprechend ausbilden, verlautete es aus mehreren Arbeitsgruppen der Synodenteilnehmenden.

„Sind zuerst Hörende“

Berufung sei - aus christlicher Sicht - ein Ruf Gottes. „Geschaffen sein, heißt bereits gerufen sein“, so eine italienische Sprachgruppe. Dazu gehöre, dass sowohl Begleiter wie begleitete junge Menschen genau zuhörten. Das verlange aber, „der Versuchung zu widerstehen, dass wir schon alles wüssten darüber, wie das Leben der jungen Menschen sich entfalten soll“, so die deutsche Sprachgruppe: „Wir sind zuerst Hörende und nicht schon die Wissenden.“ Umgekehrt sei längere Lebenserfahrung nicht irrelevant. Sie müsse kritisch eingebracht werden, damit Begleitung - bei aller Warmherzigkeit und allem Vertrauen - auch objektiv sei.

Am Beginn jeder Begleitung wie Berufung stehe die Aufgabe, die Fähigkeiten junger Leute wertzuschätzen. Um die je eigene Berufung überhaupt erkennen zu können, müssten junge Menschen zuerst die Erfahrung machen, „unbedingt und zuerst geliebt zu sein von Christus“. Daran mangele es oft. Es sei Aufgabe aller Christen und Christinnen, jungen Menschen diese konkrete Erfahrung zu vermitteln.

„Noch ungeordnete Sammlung an guten Ideen“

War die erste Synodenwoche von Analysen und Beobachtungen zur Situation von jungen Menschen in aller Welt geprägt, ging es in der zweiten Woche darum, diese Analyse der Lebenswelten junger Menschen aus christlicher Sicht zu deuten. Diese Reihenfolge ist auch durch das Arbeitsdokument („Instrumentum laboris“) der Synode vorgesehen, das schrittweise durchgearbeitet wird.

Papst Franziskus mit Jugendlichen bei der Jugendsynode

APA/AP/Gregorio Borgia

Nur 35 Jugendliche bei der Synode seien „ein bisschen wenig“, sagte der irakische Patriarch Louis Raphael Sako.

Entstanden sei bisher eine „noch ungeordnete - Sammlung an guten Ideen, die als Interpretation der Lebenswirklichkeiten junger Menschen angeboten wurde“, berichtete der als Experte an der Synode teilnehmende deutsche Jesuit Clemens Blattert am Dienstag in seinem Synodenblog auf dem Portal Vatican News. Das für das Abschlussdokument der Jugendsynode verantwortliche Redaktionsteam versuche nun, „eine Synthese dieser Sammlung zu erstellen“.

Wege für Pastoral und Mission

Bereits seit Dienstag beraten die Synodenteilnehmer im dritten Teil der Versammlung - und wie in den Vorwochen zunächst im Plenum, danach in den Sprachkleingruppen - über konkretere Folgen für die Kirche und Handlungsschritte. Der dazu gehörende dritte Teil des Arbeitsdokuments steht unter dem Titel „Wählen: Wege der pastoralen und missionarischen Bekehrung“.

Auch hier wird es zum Abschluss verschriftlichte Berichte der Sprachgruppen geben, die in den Entwurf des Synoden-Schlussdokuments einfließen, das am 24. Oktober vorgelegt werden soll, wie der Vatikan zum Auftakt der Bischofsversammlung angekündigt hatte. Über diesen Entwurf berät danach die Vollversammlung der Synode, bevor am 27. Oktober das Abschlussvotum erfolgt.

Christenverfolgung „zu wenig Thema“

Der irakische Kardinal Louis Raphael Sako, Patriarch der chaldäischen Kirche, sagte bei einem Pressebriefing am Dienstag, im Arbeitsdokument der Synode werde Christenverfolgung bisher zu wenig thematisiert. Der Erzbischof der brasilianischen Diözese Porto Alegre, Jaime Spengler, ergänzte, auch Drogenmissbrauch und Drogenkriminalität seien bisher zu wenig beachtet worden. Dies sei in Südamerika ein großes Problem; die Kirche leiste in dem Bereich „außergewöhnliche Arbeit“. Die spanische Ordensschwester Maria Luisa Berzosa Gonzalez forderte mehr Mitbestimmung von Frauen in der Kirche. Dieses Anliegen war in den Tagen vorher mehrfach geäußert worden.

Kurienkardinal Peter Turkson - er ist Mitglied des Redaktionsteams für das Abschlussdokument - erklärte, Hauptaufgabe der Synode sei es, jungen Leuten dabei zu helfen, sich im Leben zu orientieren. Geistliche Berufung sei ein sehr wichtiges Anliegen der Synode; dennoch falle es den Teilnehmern mitunter schwer, den Blick hier auf andere Lebensbereiche auszuweiten. Es gehe darum, dass Menschen ihr ganzes Leben als Berufung sehen und als Ausdruck des Willen Gottes begreifen.

„Ein bisschen wenig“ Junge

Die aktuelle Synode sei anders als die bisherigen, sagte Patriarch Sako. Dies betreffe etwa „die Art, die Herausforderungen zu analysieren. Aber vor allem in der Suche nach einer verständlichen Sprache, um mit den jungen Leuten zu sprechen“, schilderte der Kardinal. Er habe auf mehr junge Menschen bei der Synode gehofft, fügte Sako hinzu. Dass den knapp 270 Synodenvätern nur 35 junge Menschen - sie nehmen als sogenannte Auditoren an den Beratungen teil - gegenüberstünden, sei „ein bisschen wenig“.

Gleichzeitig betonte Sako, dass es mit den anwesenden jungen Leuten einen regen Austausch gebe. „Dieser Dialog wird dabei helfen, unsere Pastoral zu ändern, wenn wir erst einmal wieder daheim sind.“ In diesem Zusammenhang komme es gar nicht so sehr auf das offizielle Schlussdokument der Synode an, so der Kardinal-Patriarch: „Die Synode ist kein Parlament. Deshalb ist es das Wichtigste, was wir Seelsorger für die Jugend und unsere Gläubigen mit nach Hause nehmen.“

religion.ORF.at/KAP

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