Abdullah-Zentrum: Seit Jahren im Kreuzfeuer der Kritik

Einmal mehr ist das vorallem von Saudi-Arabien finanzierte Wiener König-Abdullah-Zentrum für interreligiösen Dialog (KAICIID) in der Kritik. Auf Rufe, das Zentrum zu schließen bzw. zu reformieren, reagiert die KAICIID-Führung sowohl mit Interesse als auch Kritik.

„Ich habe heute auch in einem Telefonat mit dem Generalsekretär des Zentrums die Gelbe Karte aufgezeigt und gesagt, es geht uns um einiges“, hatte FPÖ-Außenministerin Karin Kneissl am Dienstag in der „ZiB2“ gesagt. Das wegen wegen der Tötung des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi wieder in Kritik geratene Dialogzentrum meldete sich nun in einer Aussendung zu Wort: „Wir haben die Empfehlungen von Bundesministerin Karin Kneissl zur Stärkung der Arbeit von KAICIID in Fragen von Religionsfreiheit, Austausch mit säkularen Institutionen und innermuslimischem Dialog sowie zur Bekräftigung der Unabhängigkeit und Objektivität des Internationalen Dialogzentrums mit großem Interesse aufgenommen“, heißt es darin.

Als Leitungsgremium von KAICIID, welches die Umsetzung der Arbeit von KAICIID beaufsichtige, schätze man die Rückmeldung der Ministerin und freue sich auf eine „enge Zusammenarbeit mit ihr und ihrem Büro“. Kneissl hatte angekündigt, nun mit Nachdruck Reformen und Transparenz einzufordern. Auch wolle sie eine Person ihres Vertrauen in die Gremien schicken.

Kritik an Inhaftierung von Blogger

Bereits 2014 mehrten sich die Rufe nach einer Schließung des Dialogzentrums wegen der Verurteilung des saudischen Regime-kritischen Bloggers Raif Badawi. Und auch damals sollten Reformen eingeführt werden. Das Außenministerium - damals noch geführt von Sebastian Kurz (ÖVP), mittlerweile Bundeskanzler, erstellte 2015 einen langen Forderungskatalog. Diesen habe sich Kneissl nun „angeschaut“, wie sie mitteilte.

Im Nationalrat gab es am Donnerstag eine Debatte über den Weiterbestand des König-Abdullah-Zentrums. Dort bekräftigte Kneissl, sie plane vorerst keine Schritte, die zu einem Aus führen könnten. Sie präferiere einen „allerletzten Versuch im Sinn von ‚Ihr müsst euch reformieren‘“, sagte sie in der Fragestunde des Nationalrats.

Das Palais, in dem das König-Abdullah-Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog (KAICIID) untergebracht ist

APA/Herbert Neubauer

KAICIID steht seit seiner Gründung in der Kritik

Opposition für Schließung

Die Liste Pilz (LP) brachte am Donnerstag zur Schließung des Dialogzentrums einen Dringlichen Antrag ein: Der Tod des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi (Dschamal Chaschukdschi) sollte für Österreich Anlass sein, das Zentrum zu schließen, so die Position der LP.

Auch der SPÖ-Außenpolitiker Andreas Schieder fordert die Schließung des KAICIID, weil sich die Hoffnung, es würde hilfreich für das Zustandekommen von Reformen im wahabitischen Königreich sein, in den vergangenen sechs Jahren nicht realisiert habe. Schieder hatte die Errichtung des KAICIID anfänglich befürwortet.

Kritik von Beginn an

Konkret wird gefordert, dass Österreich das Gründungsübereinkommen zu dem interreligiösen Zentrum und auch das Abkommen über dessen Sitz kündigt. Das Zentrum wurde 2012 eröffnet und war von Beginn an umstritten, weil es vor allem von Saudi-Arabien finanziert wird.

Die Kritik der Grünen riss seit dem Fall Badawi 2014 nicht ab. Am Freitag halten die Grünen ihre 200. Mahnwache vor dem König Abdullah-Zentrum ab, um auf die Menschenrechtsverletzungen aufmerksam zu machen und die Freilassung von Raif Badawi und anderen Inhaftierten zu fordern.

Kritik zurückgewiesen

Der „Advisor on Interreligious Affairs“ im israelischen Oberrabbinat, David Rosen, der im neunköpfigen KAICIID-Direktorium vertreten ist, wies die Kritik aus der Politik zurück: „Hier werden Äpfel mit Orangen vermischt. Wir sind nicht dazu da, eine Politik zu forcieren, zu verteidigen oder zu kritisieren. Das ist nicht unser Mandat. Unser Auftrag ist der Dialog. Wir äußern uns ja auch nicht zu Menschenrechtsverletzungen in China, zur Behandlung der Rohingya in Myanmar oder der Roma in Europa“, so der Rabbiner im „Kurier“-Interview (Mittwoch-Ausgabe).

Kaum PR, viel Programm

Generell sei die Politik Österreichs gegenüber dem Zentrum „inkonsistent“. Wenn es opportun erscheine, hagle es Vorwürfe: „Zeitweise kommen wir uns wie ein Fußball vor, den die Politik für ihre Zwecke verwendet. Ausgenommen sind hier die Staatspräsidenten - auch schon Heinz Fischer - und Kardinal Schönborn“, sagte der englische Rabbiner.

Das Argument, dass die Saudis das KAICIID bloß als PR-Maschine benützten, um sich nach außen ein liberaleres Image zu verpassen, kann Rosen nicht nachvollziehen: „Wir machen doch fast keine PR-Arbeit. Dafür umso mehr programmatische: Das reicht vom Studentenaustausch bis zu Workshops vor Ort, etwa in Nigeria. Aber wir unterstützen auch Österreich in der Flüchtlingsfrage - etwa durch Bildungsprogramme oder im Bereich des kulturellen Zusammenlebens.“

Idee für Dialogzentrum in Mekka präsentiert

Die Idee, eine globale Dialogplattform zu etablieren, wurde erstmals bei dem Islamischen Gipfeltreffen in Mekka im Jahr 2005 präsentiert. Zwei Jahre später trafen sich König Abdullah Bin Adbulaziz und Papst Benedikt XVI. im Vatikan und erörterten Details zu einer Initiative für interreligiösen Dialog.

2008 versammelten sich 500 muslimische Gelehrte, um über Dialog innerhalb des Islam und Möglichkeiten des Dialogs mit Angehörigen anderer Religionen zu diskutieren. Im selben Jahr fand eine interreligiöse Konferenz in Madrid statt, bei der weitere Weichen für die Entstehung des König-Abdullah-Zentrums gestellt wurden. Auch vonseiten der Vereinten Nationen kamen positive Signale.

UNO befürwortete Dialogzentrum

Die UNO-Vollversammlung sprach sich für die Wichtigkeit des interreligiösen Dialogs aus, und bei der Weltkonferenz für Dialog in Wien wurde schließlich eine Arbeitsgruppe einberufen, die sich damit befassen sollte, wie ein internationales Dialogforum mit Sitz in Wien gegründet werden könnte.

Im Oktober 2011 gründeten Österreich, Spanien und Saudi-Arabien schließlich gemeinsam das heftig diskutierte König-Abdullah-Zentrum. Im November 2012 wurde die Einrichtung offiziell eröffnet. Schon damals äußerten Kritiker ihr Misstrauen gegenüber dem Dialogzentrum. Im Mittelpunkt der Kritik stand Saudi-Arabien, ein Land, in dem Religionsfreiheit nach wie vor inexistent ist.

akin, religion.ORF.at/KAP/APA

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