Blasphemieurteil gegen Pakistanerin aufgehoben

In Pakistan ist das Todesurteil gegen die Christin Asia Bibi wegen Gotteslästerung aufgehoben worden. Der Oberste Gerichtshof des Landes sprach die Frau, deren Fall international für Aufsehen gesorgt hatte, am Mittwoch frei.

Pakistans oberster Gerichtshof hat das Todesurteil gegen eine wegen Blasphemie verurteilte Christin aufgehoben. Die Richter in Islamabad hätten die sofortige Freilassung Asia Bibis angeordnet, teilte ihr Anwalt Saiful Malook mit. Das Gericht befand, dass die Vorwürfe gegen die Frau juristisch schwach begründet seien und es keinen Grund gebe, sie zu bestrafen.

Asia Bibi im Jahr 2010

APA/EPA/Governor House Handout

Die Christin Asia Bibi wurde 2010 verurteilt

Proteste von Islamisten

Die Entscheidung löste Proteste von Islamisten in mehreren Städten des Landes aus. Die Behörden hatten schon vor dem Urteil die Sicherheitsmaßnahmen rund um das Gericht verstärkt. Bereits am Dienstagabend wurden in Islamabad die Sicherheitsmaßnahmen verschärft, nachdem die radikalislamische Partei Tehreek-e-Labaik Pakistan (TLP) eine sofortige Hinrichtung von Asia Bibi gefordert und die Richter des Obersten Gerichts vor einem „Nachgeben“ vor dem Druck „antipakistanischer“ Kräfte in westlichen Ländern gewarnt hatte. Die Partei kündigte an, nur „wenige Stunden“ nach einem Freispruch für Asia Bibi „das ganze Land lahmzulegen“.

Die TLP hatte im Herbst 2017 drei Wochen lang die pakistanische Hauptstadt Islamabad aus Protest gegen eine als unislamische empfundene Änderung des Amtseids für Parlamentsabgeordnete lahmgelegt. Im Mai 2018 überlebte der damalige pakistanische Innenminister nur knapp das Attentat eines TLP-Mitglieds.

Internationale Empörung

Die mehrfache Mutter Asia Bibi war 2009 als erste katholische Frau wegen Blasphemie angeklagt und 2010 zum Tode verurteilt worden, was international für Empörung sorgte. Muslimische Frauen aus ihrem Dorf hatten ihr vorgeworfen, sich im Streit beleidigend über Mohammed geäußert zu haben.

Proteste gegen die Aufhebung des Todesurteils gegen Asia Bibi in Karachi, Pakistan

APA/AP/Fareed Khan

Proteste gegen die Aufhebung des Todesurteils gegen Asia Bibi in Karachi, Pakistan

Blasphemie gilt im islamisch geprägten Pakistan als Kapitalverbrechen. In der Praxis werden unter Blasphemie nur verächtliche Äußerungen und Taten gegen den Islam, den Koran und den Propheten Mohammed verstanden, so die katholische Nachrichtenagentur KNA am Mittwoch.

„Urteil ist ein Meilenstein“

2011 wurde der liberale Gouverneur von Pakistans größter Provinz Punjab erschossen, weil er Bibi verteidigt und die Blasphemiegesetze kritisiert hatte. Kritiker sagen, die Gesetze würden unter anderem missbraucht, um persönliche Feinde anzuschwärzen oder aus dem Weg zu schaffen. 2014 bestätigte ein Gericht in Lahore das Todesurteil. Im Juli 2015 wurde die vorläufige Aussetzung der Vollstreckung angeordnet. Das erneute Berufungsverfahren wurde in den vergangenen Jahren immer wieder verzögert. Laut pakistanischen Medien hatten islamistische Hardliner die Richter bedroht.

„Die Entscheidung ist ein mutiger Versuch des Staates, den Islamisten die Stirn zu bieten“, sagte der Analyst Irfan Shehzad am Mittwoch zum Spruch der obersten Richter. „Dieses Urteil ist ein Meilenstein in Pakistans Kampf um Rechte und ein Hinweis, dass der Staat sich durchsetzen will.“

„Großer Tag für Pakistan“

„Das ist nicht nur ein großer Tag für alle Christen in Pakistan, sondern für alle Menschen, für die ganze Gesellschaft.“ - Mit diesen Worten hat der pakistanische Bischof Samson Shukardin die Freilassung von Asia Bibi kommentiert. Der Bischof aus Hyderabad hält sich derzeit als Gast der Päpstlichen Missionswerke (Missio) in Wien auf.

Die Situation der Christinnen und Christen in seinem Heimatland beschrieb der Bischof in einer Missio-Aussendung vom Mittwoch als „herausfordernd“ und in vielerlei Hinsicht „ungemütlich“: Durch Blasphemiegesetze und andere Gesetze, die die Religionsfreiheit einschränken, könnten Christen in Pakistan nicht menschenwürdig leben. „Sie haben ständig Angst davor, ihre Meinung zu sagen oder über das zu sprechen, was sie fühlen,“ so Shukardin. Er forderte Gerechtigkeit für alle Menschen in Pakistan ein: „Wenn jemand kein Unrecht getan hat und unschuldig ist, soll er seinen Platz in der Gesellschaft haben.“

Schritt in richtige Richtung

Die Freilassung von Asia Bibi ist für Shukardin ein „Schritt in die richtige Richtung“: „Wir sind den Richtern sehr dankbar für diese Entscheidung: Sie ist die einzig richtige!“ Der pakistanische Geistliche erhofft sich viel für die Zukunft der Christen im Land - ausgehend von diesem Urteil: „Alle Menschen weltweit, aber besonders auch in Pakistan sollen gleichermaßen respektiert werden. Dazu braucht es aber den Respekt gerade gegenüber Minderheiten im Land.“

Das Selbstvertrauen der Christen und anderer Minderheiten im Land werde jedenfalls durch dieses Urteil wachsen, so Shukardin, der für Pakistan mehr Respekt gegenüber den Minderheiten einforderte.

Auch Missio erfreut

Erfreut über die Freilassung von Asia Bibi zeigte sich auch Missio-Nationaldirektor P. Karl Wallner: „Das ist eine sensationelle Nachrichten für die ganze Weltkirche. Das Recht hat gesiegt. Wir freuen uns mit den pakistanischen Christen.“

Wallner forderte zugleich die in vielen Ländern immer noch fehlende Religionsfreiheit ein: „Religionsfreiheit ist noch immer in vielen Ländern nicht gewährleistet. Das darf nicht sein. Gerade in diesem Punkt braucht es wirklich unsere Solidarität in den westlichen Ländern mit unseren Mitchristinnen und Mitchristen weltweit.“

religion.ORF.at/APA/dpa/KAP/KNA

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