D: Evangelische Kirche kämpft mit interner Kritik

Wegen ihres Umgangs mit dem Thema sexueller Missbrauch sieht sich die Spitze der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) scharfer Angriffe aus den eigenen Reihen ausgesetzt.

Kurz vor der EKD-Synode in Würzburg sagte die Vorsitzende des Vereins Evangelische Frauen in Deutschland (EFiD), Susanne Kahl-Passoth, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Samstag-Ausgabe):

„Es gibt immer noch Leute, den EKD-Ratsvorsitzenden Heinrich Bedford-Strohm eingeschlossen, die mit dem Thema Missbrauch am liebsten nichts zu tun hätten und sich nicht ein bisschen in die Situation der Opfer einfühlen.“ Deren Forderungen würden als unangenehm, lästig oder sogar unbillig abgetan - nach dem Motto, „was denken die sich eigentlich, und was wollen die von uns?“

Stimme evangelischer Frauen in Kirche und Gesellschaft

Die Synode kommt vom 11. bis 14. November in Würzburg zusammen, es soll auch über das Thema Missbrauch diskutiert werden. EFiD ist ein Dachverband mit 39 Mitgliedsorganisationen und rund drei Millionen Mitgliedern, der Verein sieht sich als Stimme evangelischer Frauen in Kirche und Gesellschaft.

Kahl-Passoth sagte der Zeitung: „Wir tun in der EKD so, als ob Missbrauch bei uns nicht so vorgekommen wäre. Eine Auseinandersetzung mit Ursachen und begünstigenden Strukturen fehlt völlig.“ Einen Vergleich mit der katholischen Kirche und den Hinweis auf deren höhere Fallzahlen nannte die pensionierte Kirchenrätin und Ex-Chefin der Berliner Diakonie „zynisch“ mit Blick auf die Betroffenen.

„Unzureichendes Engagement der Landeskirchen“

In einer Pressemitteilung kritisierte Kahl-Passoth zudem die fehlende Aufmerksamkeit vieler Landeskirchen. In der Begleitung der Betroffenen und der Aufarbeitung des Geschehenen seien viele Landeskirchen unzureichend engagiert. „Wir fordern eine zentrale unabhängige Anlauf- und Beschwerdestelle, die angemessen ausgestattet sein muss.“

Im Sommer hatten Missbrauchsopfer beide großen christlichen Kirchen aufgefordert, Fälle in ihren Institutionen aufzuarbeiten. In einer vergangene Woche veröffentlichten Stellungnahme der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs hatte es geheißen, Missbrauchsfälle in evangelischen Einrichtungen hätten „strukturelle Ursachen in der Kirche“. Es gebe Hinweise, dass Täter geschützt worden seien.

religion.ORF.at/dpa