Schönborn bei Belgrad-Friedensgedenken

Im Zeichen der Versöhnung und der Einheit sind die Gedenkfeiern in Belgrad zum 100-Jahr-Gedenken des Endes des Ersten Weltkriegs gestanden. Der Wiener Erzbischof Christoph Schönborn und der österreichische Militärbischof Werner Freistetter reisten nach Belgrad.

Die beiden leiteten mit dem Belgrader Erzbischof Stanislav Hocevar die Gedenkfeier auf dem Friedhof Novo Groblje. Nicht nur militärische und diplomatische Abordnungen aus Serbien, Österreich und Ungarn nahmen daran teil, sondern auch aus vielen anderen Staaten, darunter u.a. Frankreich, USA, Kanada, Bulgarien, Tschechien und Griechenland.

Am Novo Groblje sind u.a. 640 österreichisch-ungarische Soldaten - jeweils genau die Hälfte aus Österreich und Ungarn begraben, die zwischen 1914 und 1915 bei den Kämpfen um Belgrad gefallen sind.

Kapelle erst kürzlich geweiht

Erst im Vorjahr hatte Erzbischof Hocevar die neu renovierte Kapelle zum Andenken an die Gefallenen der österreichisch-ungarischen Armee geweiht; Bundespräsident Alexander van der Bellen besuchte sie kürzlich gemeinsam seinem serbischen Amtskollegen Aleksandar Vucic.

Bei dem Gedenken am Samstag gingen Schönborn, Hovecar und Freistätter im Anschluss auf eigenen Wunsch zum Denkmal für die serbischen Gefallenen und beteten auch für diese. Wie die Bischöfe betonten, gelte das Gedenken „allen Opfern des Krieges“.

Vor dem Gedenkakt am Friedhof hatte am Vormittag in der katholischen Kathedrale von Belgrad ein großer Friedensgottesdienst stattgefunden. Kardinal Schönborn hob dabei in seiner Predigt hervor, dass der Erste Weltkrieg die weiteren großen Tragödien des 20. Jahrhunderts eingeleitet habe.

Nationalsozialismus und der Sowjet-Kommunismus

Die Folgen des „sinnlosen Blutvergießens“, wie es Papst Benedikt XV. (1914-1922) genannt hatte, seien unermesslich. „Der Nationalsozialismus und der Sowjet-Kommunismus sind die beiden giftigen Pflanzen, die aus diesem sinnlosen Morden hervorgegangen sind“, so Schönborn.

Wichtig sei ihm, mit dem Belgrad-Besuch ein Zeichen dafür zu setzen, „dass Serbien 1914 mit der Kriegserklärung durch Österreich-Ungarn Unrecht getan wurde“, sagte der Wiener Erzbischof, und weiter: „Das Blutvergießen des Ersten Weltkriegs schreit zum Himmel, aber nicht nach Rache, sondern nach Versöhnung.“

Die gemeinsame Eucharistiefeier drücke aus, „dass der Glaube verbindet, was der Stolz und die Blindheit der nationalistischen Verblendung zuvor getrennt hat“, nahm Schönborn Bezug auf die hochrangigen Vertreter der Orthodoxen Kirche, des Islam und auch auf den serbischen Außenminister Ivica Dadic, die ebenfalls am Gottesdienst teilnahmen.

„Kontinent der Versöhnung und des Friedens“

Gemeinsam mit Dadic gab Schönborn nach der Messe eine Pressekonferenz. Der Erzbischof zeigte sich dabei besorgt über einen zunehmenden Nationalismus. Europa müsse den Weg des Miteinanders gehen und befinde sich trotz aller Probleme dennoch in einem „Einigungsprozess“. „Europa muss ein Kontinent der Versöhnung und des Friedens sein“, so der Kardinal. Nötig dazu sei ein „Miteinander von Vielfalt und Einheit“ sowie auch eine gemeinsame Wertebasis.

Außenminister Dadic dankte dem Wiener Erzbischof für den Besuch und hob hervor, Schönborns Besuch und Worte seien als ein Zeichen der Versöhnung angekommen und für das serbische Volk „ein sehr wichtiger Akt“ gewesen.

Militärbischof Freistetter war bereits am Freitag nach Belgrad gereist, um dort an einer internationalen Friedenskonferenz über die „europäische Identität“ teilzunehmen und Vertretern des serbischen Verteidigungsministeriums zu begegnen. Für Kardinal Schönborn stand ein Treffen mit dem serbisch-orthodoxen Patriarchen Irinej auf dem weiteren Programm. Am Sonntag wollte der Wiener Erzbischof das auch aus Österreich unterstützte Caritas-Migrationszentrum Obrenovac besuchen, wo derzeit 600 gestrandete Flüchtlinge untergebracht sind.

religion.ORF.at/KAP