Bischöfe: Kopftuchverbot „wenig wünschenswert“

Die Österreichische Bischofskonferenz steht dem Initiativantrag der Regierung zu einem Kopftuchverbot in der Volksschule kritisch gegenüber und ortet mehrere offene Fragen.

Man unterstütze das Anliegen einer pädagogischen Förderung und Integration aller Kinder in elementaren Bildungseinrichtungen und „teilt die Sorge, dass die Integration von Mädchen durch das Tragen eines Kopftuches in der Volksschule erschwert sein kann“, heißt es in der am Mittwoch abgegebenen und von Bischofskonferenz-Generalsekretär Peter Schipka unterschriebenen Stellungnahme.

Es sei nicht wünschenswert, wenn Kinder ein Kopftuch tragen müssen. Dennoch sei ein gesetzliches Verbot ebenso „wenig wünschenswert“. Darüber hinaus sollten vor der Normierung des „Kopftuchverbots“ noch wichtige offene Fragen geklärt werden.

Frage des Regelungsbedarfs

So ist aus Sicht der Bischöfe ungeklärt, ob für das angestrebte Kopftuchverbot überhaupt ein Regelungsbedarf besteht und wenn ja, ob diese Maßnahme als ein Eingriff in die Grundrechte hinlänglich gerechtfertigt ist. „Begegnet diese Maßnahme einem tatsächlichen, in signifikantem Ausmaß auftretenden Problem?“, fragt die Bischofskonferenz im Blick auf die geplante Änderung des Schulunterrichtsgesetzes.

Eine Frau mit Kopftuch von hinten vor einer Tafel

APA/dpa/Patrick Lux

Die österreichischen römisch-katholischen Bischöfe sehen in puncto Kopftuchverbot noch einige Fragen unbeantwortet.

Kritisch wird in der Stellungnahme darauf hingewiesen, dass in den „Erläuternden Bemerkungen“ zum Initiativantrag auf diese Frage keine Auskunft gegeben werde. „Gesetzliche Regelungen sollten allerdings grundsätzlich nur dann erlassen werden, wenn Regelungsbedarf besteht. Ein solcher ist bislang nicht eindeutig erhoben worden“, hält die Bischofskonferenz deshalb fest.

„Eingriff in Grund- und Menschenrechte“

Weiters geben die Bischöfe zu bedenken, dass das geplante Kopftuchverbot einen „Eingriff in die Grund- und Menschenrechte“ darstellt. Konkret sehen sie die Religionsfreiheit gemäß Artikel 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art 8 EMRK) der betroffenen Kinder und ihrer Eltern sowie in das Erziehungsrecht der Eltern (Art. 2 des 1. Zusatzprotokolls zur EMRK) tangiert.

Eingriffe in diese Grundrechte seien nur legitim, wenn sie „im Interesse der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, Gesundheit und Moral oder für den Schutz der Rechte und Freiheiten Anderer sind“, führt die Bischofskonferenz aus. Die in den Erläuterungen zum Initiativantrag dafür angeführten Argumente könnten jedoch insgesamt „nicht überzeugen“.

Zweifel an Sinnhaftigkeit

Ferner äußert die Bischofskonferenz Zweifel an der Sinnhaftigkeit des geplanten Kopftuchverbots und fragt daher: „Ist die geplante Regelung die geeignete Maßnahme, um das angestrebte Ziel zu erreichen?“ Es stelle sich die Frage, ob es nicht zielführender sei, „durch Aufklärung, pädagogische Begleitung und Unterstützung sowie einen breiten gesellschaftlichen Diskurs zur Vielfalt einer pluralen Gesellschaft und der Gleichstellung der Geschlechter einer möglichen Segregation entgegenzuwirken“.

Daher müsste zuerst „überzeugend dargelegt werden, dass das geplante Verbot aufgrund der Einschränkung der individuellen Grundrechte nicht die Integration gerade jener Familien unterbindet, deren Integration das erklärte Ziel der Regierung ist“. Darüber hinaus seien keine Gründe dafür angeführt worden, die das Verbot aller über das Kopftuch hinausgehenden Verhüllungen rechtfertigen, wie beispielsweise des Turbans der Sikhs.

Einvernehmen mit Religionsgemeinschaften nötig

Weil das anvisierte Verbot keine Ausnahme kenne, wären davon auch Privatschulen in konfessioneller Trägerschaft betroffen, gibt die Bischofskonferenz zu bedenken und hält demgegenüber fest: „Gerade in katholischen Privatschulen ist der sensible, aber freundliche Umgang mit religiösen Symbolen eine Frage der Schulkultur und damit ein wesentlicher Beitrag zur angesprochenen pädagogischen Begleitung und Unterstützung des gesellschaftlichen Diskurses.“

Schließlich regt die Bischofskonferenz den Gesetzgeber dazu an, „in solchen grundrechtssensiblen Fragen das Einvernehmen zumindest mit den betroffenen gesetzlich anerkannten Kirchen oder Religionsgesellschaften zu suchen“. Dies sei nötig, „um in der für Österreich spezifischen und vorbildlichen Art und Weise, in Kooperation mit den Betroffenen, die Anliegen umzusetzen, die im Interesse der gesamten Gesellschaft liegen“.

Initiativantrag der Regierung

Anlass für die Stellungnahme ist ein von den Regierungsparteien ÖVP und FPÖ vor einer Woche in den Nationalrat eingebrachter Initiativantrag mit folgendem Wortlaut: „Um die bestmögliche Entwicklung und Entfaltung aller Schülerinnen und Schüler sicherzustellen, ist diesen bis zum Ende des Schuljahres, in welchem sie das 10. Lebensjahr vollenden, das Tragen weltanschaulich oder religiös geprägter Bekleidung, mit der eine Verhüllung des Hauptes verbunden ist, untersagt. Dies dient der sozialen Integration von Kindern gemäß den lokalen Gebräuchen und Sitten, der Wahrung der verfassungsrechtlichen Grundwerte und Bildungsziele der Bundesverfassung sowie der Gleichstellung von Mann und Frau.“

religion.ORF.at/KAP

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