Antisemitismus: Wiesenthal-Zentrum erstellt „Top-Ten“

Das Simon-Wiesenthal-Zentrum hat eine Liste der aus seiner Sicht zehn weltweit schwersten antisemitischen Vorfälle im Jahre 2018 veröffentlicht. Auf der Liste finden sich auch eine US-Bischöfin, ein UNO-Hilfswerk sowie der britische Labour-Chef Jeremy Corbyn.

Ganz vorne steht allerdings der US-Attentäter Robert Bowers, der im Oktober bei einem Anschlag auf eine Synagoge in Pittsburgh elf Menschen getötet hat. Die Tat des bekennenden Neonazis zeige „die Gefahren einer Gesellschaft, in der es nicht mehr tabu ist, auf sozialen Medien und in der realen Welt Hass und Intoleranz zu verbreiten“, hieß es in der Mitteilung des 1977 gegründeten Zentrums mit Hauptsitz in Los Angeles.

Labour-Chef Corbyn auf Platz vier

Auf dem zweiten Platz steht der Führer der Bewegung Nation of Islam, Louis Farrakhan. Auf Platz drei sieht das Wiesenthal-Zentrum mit Hauptsitz in Los Angeles Campusse von US-Universitäten und verweist dabei unter anderem auf Hakenkreuz-Schmierereien. Der britische Labour-Chef Jeremy Corbyn erscheint auf Platz vier der Liste. Seit Jahren werden gegen Corbyn und seine Partei Antisemitismus-Vorwürfe erhoben.

Kritiker werfen dem Alt-Linken eine einseitige Unterstützung der Palästinenser im Nahostkonflikt vor. Im vergangenen August räumte Corbyn in einem Video öffentlich ein, dass seine Oppositionspartei ein Problem mit Antisemitismus habe. Disziplinarverfahren gegen antisemitische Parteimitglieder seien zu langsam und zu zaghaft betrieben worden. Ein Labour-Sprecher sagte der Deutschen Presse-Agentur, Corbyn und seine Partei unterstützten die jüdische Gemeinschaft. „Wir handeln gegen Antisemitismus, solidarisieren uns mit jüdischen Gemeinden und bauen wieder Vertrauen auf.“

UNO-Hilfswerk wehrt sich gegen Vorwurf

Auf Platz fünf setzt das Wiesenthal-Zentrum das Palästinenserhilfswerk der Vereinten Nationen (UNRWA). Die Einrichtung habe der im Gazastreifen herrschenden Palästinenserorganisation Hamas „massiven Kindesmissbrauch“ ermöglicht, schreibt das Zentrum. An UNO-Schulen werde Antisemitismus gefördert.

Ein UNRWA-Sprecher wies den Vorwurf am Donnerstag zurück. „UNRWA verurteilt Rassismus, einschließlich von Antisemitismus, auf das Schärfste“, hieß es in der Mitteilung. „UNRWA ist eine neutrale humanitäre Organisation, die einer Bevölkerung von rund fünf Millionen palästinensischen Flüchtlingen Unterstützung und Schutz bietet.“

Auch Airbnb auf der Liste

Auf Platz sechs liegt der Unterkunftsvermittler Airbnb. Das US-Unternehmen hatte im November erklärt, Unterkünfte in israelischen Siedlungen aus dem Angebot zu nehmen, weil diese sich im „Zentrum des Streits zwischen Israelis und Palästinensern“ befänden. Es gebe keinen Hinweis darauf, dass Airbnb auch in anderen umstrittenen Regionen der Welt, wie etwa Zypern, ähnlich vorgehe, hieß es in dem Bericht des Wiesenthal-Zentrums.

Auf Platz sieben steht die deutsche Bank für Sozialwirtschaft. Als Begründung hieß es, die Bank arbeite mit der Organisation „Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost“ zusammen, die sich für einen Israel-Boykott einsetze. Von der Bank steht eine Antwort auf eine Anfrage noch aus.

US-Bischöfin auf Platz acht

Auf Platz acht folgt die US-Bischöfin Gayle Harris. Das Wiesenthal-Zentrum wirft ihr vor, sie habe zwei Beispiele für ein hartes Vorgehen der israelischen Armee gegen Palästinenser erfunden. Später habe sie einen Fehler eingestanden. Auf Platz neun liegt das schwedische Karolinska-Krankenhaus. Der Chef der Neurochirurgie habe drei dort angestellte jüdische Ärzte systematisch diskriminiert, lautet der Vorwurf. Das Krankenhaus habe darauf nicht angemessen reagiert.

Klinikleiterin Annika Tibell sagte der schwedischen Zeitung „Dagens Nyheter“, es sei „sehr schwerwiegend“, dass das Krankenhaus auf der Liste erscheine. Die Klinik teilte mit, sie verfolge eine Politik von „Null Toleranz“ gegen jede Form von Diskriminierung, dies schließe auch Antisemitismus ein. Das Krankenhaus hat eine Untersuchung der Vorfälle eingeleitet. Das Ergebnis soll Ende Jänner vorliegen. Platz zehn belegt die Rocklegende Roger Waters. Der 75-Jährige gilt als prominentester Fürsprecher der internationalen anti-israelischen Bewegung BDS (Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen). Ihm wird vorgeworfen, mit seiner harschen Kritik an Israels Regierung in Antisemitismus abzugleiten - Rogers selbst bestreitet den Vorwurf der antisemitischen Stimmungsmache.

religion.ORF.at/APA/dpa

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