Theologe für Feier von „Beschneidung des Herrn“

Eine Wiedereinführung des Festes, das traditionell am 1. Jänner gefeiert wurde, wäre ein „demonstrativer Akt der Solidarität mit den Juden heute“, schreibt der Wiener Dogmatik-Professor Jan-Heiner Tück in einem Beitrag in der „Neuen Zürcher Zeitung“ (Samstag-Ausgabe).

Was kann und sollte die Katholische Kirche tun, um einem weiteren Anstieg des „Pegels des Antisemitismus“ prägnant entgegenzutreten? Sie muss im Gespräch mit ihren „älteren Brüdern im Glauben“, den Juden, bleiben und „Schulter an Schulter tragfähige Allianzen bilden“.

Aber sie könnte auch einen deutlichen „symbolischen Akt“ setzen und ein lange in Vergessenheit geratenes Fest wiederbeleben, dessen Wurzeln bis ins 6. Jahrhundert zurückreichen und das bis vor 50 Jahren noch gefeiert wurde: das Fest „Beschneidung des Herren“ („Circumcisio Domini“).

Eine Jesuspuppe aus Holz in einer Krippe

APA/dpa/Nico Pointner

Jesus war „nicht Christ, sondern Jude“ und somit beschnitten

„Demonstrativer Akt der Solidarität mit den Juden"

Das kommende Jubiläumsjahr - 50 Jahre nach der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils - wäre ein guter Anlass dazu, schreibt der Wiener Dogmatik-Professor Jan-Heiner Tück in einem Beitrag in der „Neuen Zürcher Zeitung“ (Samstag-Ausgabe).

Eine Wiedereinführung des Festes, das traditionell am 1. Jänner gefeiert wurde, wäre ein „demonstrativer Akt der Solidarität mit den Juden heute, denen in Zeiten eines erstarkenden Antisemitismus auch und gerade durch Christen der Rücken zu stärken ist.“

Papst bezeichnete Vorschlag „als gute Idee“

2016 hatte Papst Franziskus bereits im Rahmen eines Besuchs der Großen Synagoge in Rom diesen Vorschlag als „eine gute Idee“ bezeichnet, erinnerte Tück.

Das kommende Jahr 2019 würde daher - 50 Jahre nach der Liturgiereform und auch nach der Abschaffung des Festes - eine günstige Gelegenheit bieten, „die Lücke in der kirchlichen Gedenkkultur wieder zu schließen“.

Erinnerung an jüdische Identität Jesu

Neben dem deutlichen Akt der Solidarisierung mit dem Judentum und der Erinnerung an die unbedingte Verwiesenheit des Christentums auf das Judentum und die „Erinnerung an die jüdische Identität Jesu, die nicht geschichtsvergessen überspielt werden“ dürfe, wäre eine Wiedereinführung des Festes auch ein ökumenisches Signal: „Die katholische Kirche würde wieder anschließen an die Praxis des Ostens und der Reformationskirchen, die das Fest der Beschneidung immer beibehalten haben.“

Auch wenn das Thema Beschneidung ein heikles sei, das vor wenigen Jahren u.a. befördert durch Gerichtsverfahren zu einer breiten öffentlichen Debatte in Deutschland und Österreich geführt hatte, so erinnere das Fest „Beschneidung des Herren“ schlicht an die Tatsache, dass Jesus „nicht Christ, sondern Jude“ und somit beschnitten war. Somit könne das Fest den „Zusammenhang von Altem und Neuem Bund“ neu ins Bewusstsein rufen.

Marienfest mit Beschneidungfest verbinden

Heute werde am 1. Jänner in der Katholischen Kirche das Hochfest der Gottesmutter Maria gefeiert - als eines von zahlreichen Marienfesten. „Bei dieser auffälligen Häufung an Marienfesten würde die katholische Kirche nichts verlieren, aber einiges gewinnen, wenn sie das Hochfest der Gottesmutter zur Disposition stellen und die Gedenktage der Beschneidung des Herrn und des heiligen Namens wiedereinführen oder - besser noch - miteinander verbinden würde“, so der Wiener Theologe.

religion.ORF.at/KAP

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