Mindestsicherung: Caritas lehnt Gesetzesentwurf ab

Die Caritas lehnt den Gesetzesentwurf zur „Mindestsicherung neu“ ab und plädiert für eine Überarbeitung. Caritas-Präsident Michael Landau und die Caritas-Direktoren Herbert Beiglböck (Graz) sowie Franz Kehrer (Linz) warnten vor Verschlechterungen für Notleidende.

„Eine Gesellschaft muss sich immer daran messen lassen, wie sie mit ihren schwächsten Mitgliedern umgeht“, erinnerte Landau anlässlich des Endes der Begutachtungsfrist zum Gesetzesentwurf für die Mindestsicherung in einer Aussendung am Donnerstag: „Die geplante Reform droht, nicht zu einer Verbesserung, sondern zu einer Verschlechterung für jene Menschen zu führen, die schon jetzt am Rand unserer Gesellschaft leben.“

Kürzungen treffen Mehrkindfamilien

Die Caritas wisse aus ihrer Arbeit in den Sozialberatungsstellen, Einrichtungen für Menschen mit Behinderung oder Arbeitsmarktprojekten, wie sich gesetzliche Regelungen und deren Vollzug auf betroffene Menschen auswirken. „Die Änderungen im vorliegenden Gesetzesentwurfes treffen vor allem Familien mit mehreren Kindern, aber auch Menschen mit Behinderung und Menschen mit geringen Deutschkenntnissen“, so Landau.

Caritas-Präsident Michael Landau

APA/Roland Schlager

Caritas-Präsident Michael Landau

Gesicherte Existenz in Gefahr

„Integration kann nur gelingen, wenn man Menschen, die auf der Suche nach einer neuen und sicheren Heimat zu uns kommen, in ihren Fähigkeiten und Entfaltungsmöglichkeiten fördert und ihnen die dazu notwendigen Ressourcen zur Verfügung stellt“, betonte Caritas-Direktor Beiglböck: „Wir erleben in der Steiermark täglich viele Menschen, die mit großem Einsatz Deutsch lernen und daran arbeiten sich zu integrieren - auch, um in weiterer Folge etwas an unsere Gesellschaft zurückgeben zu können.“

Bleibe es bei den geplanten Kürzungen für Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund, werde dieses Bestreben ungemein erschwert. „Wer keine gesicherte Existenz hat, kann sich nur schwer weiterentwickeln“, mahnte Beiglböck.

Der Grazer Caritas-Direktor Herbert Beiglböck

Jungwirth

Grazer Caritas-Direktor Herbert Beiglböck

„Niemand in Österreich sollte vom letzten sozialen Netz, das wir haben - also der Mindestsicherung bzw. Sozialhilfe - ausgeschlossen werden“, führte Caritas-Präsident Landau weiter aus. „Wenn subsidiär schutzberechtigte Menschen aus der Mindestsicherung herausgenommen und auf Grundversorgung verwiesen werden, passiert aber de facto genau das“, warnte er.

Gefahr von Kinderarmut

Die Caritas sieht zudem die Gefahr von noch mehr Kinderarmut im Land. „Kinderarmut oder eine Vergrößerung der sozialen Ungleichheit in Österreich ist alles andere als wünschenswert. Anstelle bundesweit Maximalleistungen vorzusehen, braucht es Mindeststandards, die in allen Bundesländern ein letztes soziales Netz und ein Leben in Würde gewährleisten“, so Landau.

Jedes Kind müsse faire Bildungs- und Entwicklungschancen erhalten. Landau: „Wenn Familien mit mehreren Kindern benachteiligt werden, wirkt sich das unmittelbar auf die Zukunft der Kinder aus.“ Die geplanten Unterschiede in den Kindersätzen seien zu groß. „Wir appellieren an die Regierung, hier nur so zu staffeln, dass auch für das dritte oder vierte Kind der reale Lebensbedarf noch gut abgedeckt werden kann“, so der Caritas-Präsident.

Caritas-OÖ-Direktor Franz Kehrer

Caritas/Wakolbinger

Linzer Caritas-Direktor Franz Kehrer

Folgen in Oberösterreich bereits spürbar

Der gut gemeinte AlleinerzieherInnenbonus in der geplanten „Sozialhilfe“ - wie die Mindestsicherung künftig wieder heißen soll - müsse von den Bundesländern nicht ausbezahlt werden und gelte nur, wenn die Kinder noch minderjährig sind, hielt die Caritas in ihrer Aussendung weiter fest. Ebenso müssten die Bundesländer die geplante, zusätzliche Leistung für Menschen mit Behinderung nicht gewähren. „Dass die Mindestsicherung darüber hinaus gedeckelt wird, wenn mehrere Menschen mit Behinderung in einer Wohngemeinschaft zusammenleben, ist eine weitere Verschlechterung, die unbedingt noch repariert gehört“, appellierte Caritas-Präsident Landau.

In Oberösterreich wurden bereits im Herbst 2017 massive Verschlechterungen in der Mindestsicherung eingeführt. Die Auswirkungen sind daher laut Caritas schon spürbar. „Unsere Sozialberatungsstellen sind mit einer stark steigenden Anfrage von Menschen, die nicht mehr wissen, wie sie Miete, Essen und Heizung bezahlen können, konfrontiert. Der Bedarf an Unterstützung zum Überleben hat stark zugenommen“, berichtete Franz Kehrer, Direktor der Caritas Oberösterreich, in der Aussendung.

religion.ORF.at/KAP

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