Homosexuelle: „Regenbogenseelsorger“ ortet Aufbruch

Einen Aufbruch in der Kirche bei den Themen Homosexualität und gleichgeschlechtliche Partnerschaften ortet Franz Harant, Beziehungs-, Ehe- und Familienseelsorger in der Diözese Linz und in Österreich für die „Regenbogenpastoral“ zuständig.

„Es gibt seit einiger Zeit in der römisch-katholischen Kirche eine Suchbewegung, in der nachgedacht wird, wie in offener und wertschätzender Weise über die Wirklichkeit von Familien gesprochen werden kann, in denen Schwule und Lesben beheimatet sind“, sagte Harant gegenüber Kathpress am Rande eines Studientags mit internationaler Beteiligung in Linz.

Anlässlich des Jahresvernetzungstreffens der „Regenbogenpastoral Österreich“ kamen am Dienstag an die 40 Seelsorgeverantwortliche aus dem Inland sowie aus Deutschland, Südtirol sowie der Schweiz nach Linz. Beim Studientag des „Instituts Pastorale Fortbildung“ der Diözese Linz unter dem Titel „Frauenpaare, Männerpaare ...“ wurde laut Organisator Harant überlegt, wie in einer „neuen, eingliedernden pastoralen Kultur“, die Papst Franziskus in seinem Lehrschreiben „Amoris laetitia“ empfiehlt, homosexuell orientierte Personen begleitet werden können.

Vollständige Akzeptanz als Ziel

Ziel der von Harant genannten Suchbewegung müsse sein, „dass alle Menschen in ihren sexuellen Normvarianten sowie Lebens- und Liebesweisen nicht nur in ihrer Würde geachtet und respektiert, sondern voll und ganz akzeptiert werden“. Kirchliche Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften hält der Seelsorger deshalb für „durchaus möglich“. Die Kirche müsse bei der Gestaltung solcher Feiern allerdings „noch viel erfinderischer werden“, regte Harant an.

Ampelpärchen in Wien

ORF.at/Christian Öser

Der Familienseelsorger sieht in gleichgeschlechtlichen Beziehungen keine Konkurrenz zur traditionellen Ehe

Eine Konkurrenz zur sakramentalen Ehe sehe er darin nicht. Bei vielen gleichgeschlechtlichen Paaren gebe es jedenfalls den Wunsch wahr, ihr Ja zueinander auch kirchlich zu feiern. „Die Sehnsucht, bejaht zu werden, steckt in uns allen drinnen“, so Harant.

Umdenkprozess wahrnehmbar

Wahrnehmbar wird ein Umdenkprozess laut dem Seelsorger auch in den Aussagen hoher kirchlicher Würdenträger. So habe etwa Kardinal Louis Antonio Tagle, Präsident der Caritas Internationalis, kürzlich gesagt: „Die Familien sind nicht dazu da, der Kirche zu gefallen, sondern die Kirche ist für die Familie da“. Aber auch Papst Franziskus sprach allen, die im „ganz normalen Chaos der Liebe“ versuchten, verantwortet und gut vor Gott zu leben, großes Vertrauen zu.

Einen neuen Blick der Kirche auf Homosexualität hatte zuletzt auch der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck in der „Herder Korrespondenz“ gefordert: Nötig sei eine „Entpathologisierung“, um Betroffene aus „teilweise immensen Leidensgeschichten“ zu befreien.

Von der Kirche wünscht sich Harant eine offizielle Entschuldigung für die unzähligen Verletzungen, die deren moralische Vorgaben bisher hinterlassen hätten; so wie es etwa die deutsche Sprachgruppe auf der Familiensynode in Rom getan hatte. „Die Tatsache, dass diese Entschuldigungsworte nicht in das offizielle Schlussdokument aufgenommen wurden, ist sehr bedauerlich“, so der Seelsorger.

„Zusagen: Zum Glück gibt’s Segen!“

Der Studientag fand am Dienstag im Linzer Priesterseminar statt. Unter dem Titel „Frauenpaare, Männerpaare. Die Folgen einer staatlichen ‚Ehe für alle‘“ wurden dabei anlässlich der mit Jahresbeginn 2019 geänderten Gesetzeslage in Österreich rechtliche und vor allem seelsorgliche Fragestellungen diskutiert.

Dazu wies die in der deutschen Diözese Osnabrück für Ehe- und Familienpastoral verantwortliche Theologin Martina Kreidler-Kos darauf hin, „dass eine vermeintliche Ordnung von ‚hetero-normal‘ und ‚anders‘ auch in katholischer familialer Wirklichkeit nicht existiert“. Menschen und ihre Lebenssituationen müssten so benannt werden, wie sie benannt sein wollen.

So zum Beispiel „lesbisch“ oder „schwul“ als bevorzugte Selbstbeschreibung, die mehr ausdrücke als das klinische Wort „homosexuell“. Sie träume davon - so Kreidler-Kos am Ende ihrer Ausführungen, „dass wir einmal allen, die eine dauerhafte, ausschließliche und verantwortliche Beziehung in Bindung leben wollen, laut und vernehmlich zusagen: Zum Glück gibt’s Segen!“.

religion.ORF.at/KAP

Mehr dazu: