Rabbiner: Abu-Dhabi-Erklärung hat enorme Bedeutung

Der Oberrabbiner von Polen, Michael Schudrich, zeigte sich gegenüber „Vatican News“ von der Symbolik der gemeinsamen muslimisch-christlichen Erklärung von Abu Dhabi begeistert. „Ich glaube, dass das ernst gemeint ist“.

Diese sei mehr als nur Augenwischerei: „Ich möchte sehr gerne glauben, dass es ernst gemeint ist, und ich glaube auch, dass es ernst gemeint ist. Denn dieses Foto, auf dem wir alle gemeinsam zu sehen sind, bricht mit Stereotypen. Nämlich, dass ein Rabbi nicht in einem arabischen Land sein kann. Die Tatsache, dass ich hier bin, bricht mit diesem Stereotyp. Und es bricht mit der Idee, dass ein Muslim nicht mit einem Juden sprechen kann und dass ein Jude nicht mit einem Muslim sprechen kann. Deshalb ist das nicht nur eine Show, sondern es ist Wirklichkeit.“

Der Papst und der Großimam von Al-Ashar haben am Montagabend in Abu Dhabi vor einem internationalem Forum von 500 religiösen Führern aus Christentum, Islam, Judentum und anderen Religionen eine historische „Erklärung der Brüderlichkeit“ (Document on Fraternity) unterzeichnet, die zu Frieden zwischen Nationen, Religionen und Rassen aufruft.

Der polnische Oberrabbiner Michael Schudrich

APA/AFP/Wojtek Radwanski

Der polnische Oberrabbiner Michel Schudrich zeigte sich von der interreligiösen Erklärung von Abu Dhabi begeistert

Das Dokument versichert, dass die angesehene Kairoer Al-Ashar-Universität und der Vatikan zusammenarbeiten, um religiös verbrämten Extremismus zu bekämpfen: „Gott will nicht, dass sein Name dazu benutzt wird, Terror gegen Menschen auszuüben“, heißt es. Unter Berufung auf alle „Opfer von Kriegen, Verfolgung und Ungerechtigkeit“ wird vor einem „Dritten Weltkrieg, der stückweise geführt wird“, gewarnt. Zum Terrorismus heißt es weiter: „Wir erklären entschieden, dass Religionen niemals Krieg, hasserfüllte Verhaltensweisen, Feindseligkeit und Extremismus anstacheln dürfen, und auch nicht zu Gewalt oder Blutvergießen.“

Weitere Schritte möglich

Zwar komme es nun darauf an, auch den nächsten und übernächsten Schritt zu gehen, räumte der Oberrabbiner ein: „Aber ich komme aus einem Land - Polen -, in dem während des Zweiten Weltkrieges sechs Millionen von insgesamt 30 Millionen Bürgern ermordet wurden. Drei Millionen Christen und drei Millionen Juden. Deshalb habe ich eine besondere Verantwortung als religiöser Führer, nach jeder Möglichkeit für Frieden Ausschau zu halten, damit diese Art von Horror nie wieder vorkommen kann.“

Das regionale arabische Jahr der Toleranz und das Interesse der Vereinigten Arabischen Emirate an einer Vertiefung des Dialogs, gemeinsam mit dem Besuch des Papstes, des Großimams von al-Ashar „und sogar Rabbinern“ biete nun eine reelle Chance. Man könne jetzt „nicht nur einen, sondern zwei Schritte aufeinander zugehen“, meinte Schudrich hoffnungsvoll. Besonders beeindruckt habe ihn jedenfalls schon bei seinem ersten Besuch vor zwei Monaten die „wundervolle Gastfreundschaft im Geist Abrahams, unseres gemeinsamen Vaters“. Nirgendwo sonst habe er als Jude „diese abrahamitische Tradition von Gastfreundschaft und ‚offenen Zelten‘“ so beispielhaft vorgelebt bekommen wie in Abu Dhabi.

Kardinal: Friedensbotschaft

Von der Papstreise in die Vereinigten Arabischen Emirate geht auch nach Worten des libanesischen maronitischen Patriarchen Kardinal Bechara Rai eine Friedensbotschaft aus: „Die Vereinten Arabischen Emirate berichten der Welt, dass wir Brüder sind; dass Religionen eine Quelle der Brüderlichkeit sind“, sagte Rai laut libanesischen Medien am Dienstagmorgen nach der Messe von Papst Franziskus im Stadion von Abu Dhabi.

Der historische Besuch des Papstes in den Emiraten und die Unterzeichnung einer gemeinsamen muslimisch-christlichen Erklärung seien von enormer Bedeutung für die Wahrnehmung des Nahen Ostens als „Region des Krieges und der Konflikte zwischen Religionen“, so Rai. Christen müssten in ihren Gemeinschaften „das wahre Bild des Islams“ zeigen; ebenso müssten Muslime „das wahre Bild des Christentums“ zeigen.

religion.ORF.at/KAP

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