Papst will Ende von Vertuschung erreichen

Papst Franziskus hat erneut ein hartes Durchgreifen der katholischen Kirche gegen sexuellen Missbrauch und ein Ende der Vertuschung versprochen. Allerdings zeigte er bei seiner Rede keine konkreten Schritte auf, wie die Kirche zu diesem Ziel kommen will.

„Kein Missbrauch darf jemals vertuscht - so wie es in der Vergangenheit üblich war - oder unterbewertet werden“, sagte der Papst.

In seiner Grundsatzrede verteidigte Franziskus die Kirche auch gegen Kritik und nannte Missbrauch ein „übergreifendes Problem“, das überall vorkomme, aber vor allem Familien, Sportlehrer und Erzieher betreffe. Sexueller Missbrauch durch Geistliche der katholischen Kirche wiege aber schwerer als in anderen Bereichen der Gesellschaft.

Abschluss Antimissbrauchsgipfel

APA/AFP/POOL/Giuseppe Lami

Papst Franziskus hat erneut ein hartes Durchgreifen der katholischen Kirche gegen sexuellen Missbrauch und ein Ende der Vertuschung versprochen

„Kindesmissbrauch wie Menschenopfer“

„Unsere Arbeit hat uns dazu geführt, einmal mehr anzuerkennen, dass das schwere Übel des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen leider in allen Kulturen und Gesellschaften ein geschichtlich verbreitetes Phänomen ist. (...) Das bringt mir auch eine grausame religiöse Praxis in Erinnerung, die in der Vergangenheit in einigen Kulturen verbreitet war, nämlich Menschen - oft Kinder - bei heidnischen Ritualen zu opfern.“

Franziskus hatte zu dem historischen Treffen die Spitzen der Bischofskonferenzen der Welt geladen. Bei seiner Auftaktrede hatte er am Donnerstag gewarnt, dass die Welt nicht mehr auf die Verurteilung von Missbrauch warte, sondern auf konkrete Schritte dagegen.

Konkrete Schritte erwartet

Opfer fordern zum Beispiel, dass Vertuscher und Täter konsequent aus dem Klerikerstand entlassen werden. Hinter diesen hohen Erwartungen blieb die mit Spannung erwartete Rede des Papstes nun zurück.

„Wir müssen uns darüber im Klaren sein: Die weltweite Verbreitung dieses Übels bestätigt, wie schwerwiegend es für unsere Gesellschaften ist, schmälert aber nicht seine Abscheulichkeit innerhalb der Kirche“, sagte Franziskus.

„Die Unmenschlichkeit dieses Phänomens auf weltweiter Ebene wird in der Kirche noch schwerwiegender und skandalöser, weil es im Gegensatz zu ihrer moralischen Autorität und ihrer ethischen Glaubwürdigkeit steht.“

„Kirche müsse lernen, sich die Schuld zu geben“

Die Kirche müsse lernen, sich die Schuld zu geben. „Wir dürfen nämlich nicht der Versuchung unterliegen, andere zu beschuldigen, was ein Schritt in Richtung eines Alibis wäre, das sich der Realität verweigert.“

Er kündigte erneut ein konsequentes Durchgreifen der Kirche an. „Sollte in der Kirche auch nur ein Missbrauchsfall ausfindig gemacht werden - was an sich schon eine Abscheulichkeit darstellt, – so wird dieser Fall mit der größten Ernsthaftigkeit angegangen.“

Seit Jahren versucht die Kirche, eine Antwort auf die schweren Missbrauchsskandale zu finden, die mehrere Länder seit Langem erschüttern. Dass Franziskus ein Spitzentreffen zu dem Problem einberief, war von vielen begrüßt worden. Opfervertreter hatten sich allerdings schon im Laufe der Gipfeltage enttäuscht und sogar wütend gezeigt.

Kirchenrechtler: Papst-Rede ein „Fiasko“

Die Rede von Papst Franziskus zum Abschluss der Antimissbrauchskonferenz im Vatikan war nach Ansicht eines deutschen Kirchenrechtlers ein „Fiasko“.

„Es war eine vertane Chance (...) Es ist das Ende des Pontifikats in dem Sinne, dass Franziskus nicht als Reformpapst in die Geschichte eingehen wird, sondern als Bewahrer“, sagte Thomas Schüller, Direktor am Institut für Kanonisches Recht an der Universität Münster, am Sonntag der dpa.

Franziskus hatte in seiner Rede Missbrauch unter anderem als globales Phänomen dargestellt, das vor allem Familien betreffe. „Anstatt konsequent aus der Opferperspektive die Verantwortung der Kirche zu benennen, (war es) routiniertes und uninspiriertes Abspulen von Selbstverständlichkeiten“, sagte Schüller. Franziskus habe das Problem der Kirche relativiert, indem er Missbrauch als gesamtgesellschaftliches Phänomen dargestellt habe. „Ganz schlimm“, fasste Schüller die Rede zusammen.

Missbrauchsopfer: Papst-Rede war „schamlos“

Missbrauchsopfer haben empört auf die Rede von Papst Franziskus zum Abschluss der Antimissbrauchkonferenz im Vatikan reagiert.

„Die Rede des Papstes ist der schamlose Versuch, sich an die Spitze der Bewegung zu setzen, ohne sich der Schuld und dem Versagen zu stellen und wirkliche Veränderung anzugehen“, twitterte Matthias Katsch vom deutschen Opferschutzverband Eckiger Tisch nach der Ansprache des Kirchenoberhauptes am Sonntag im Vatikan.

Der Papst hatte zwar ein Ende der Vertuschung und Durchgreifen gegen Täter versprochen. Allerdings nannte er keine konkreten Maßnahmen, wie er das in Zukunft erreichen will.

religion.ORF.at/APA/dpa/KAP

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