Jurist: Kirchliche Strafrechtsreform vor Abschluss
Der Untersekretär im Päpstlichen Rat für Gesetzestexte und deutsche Kirchenrechtler äußerte sich nach Abschluss des Antimissbrauchsgipfels im Vatikan am Montag im Interview mit „Kathpress“. Die Reform bestehe vor allem darin, dass Strafen überhaupt klarer gefasst würden, so Graulich. Bei der Kirchenrechtsreform Anfang der 1980er Jahre hätten Strafen in der Kirche insgesamt als unzeitgemäß gegolten.
Machtmissbrauch expliziter fassen
Als einzelne Impulse aus dem Gipfel könnten jetzt etwa die Erhöhung von Altersgrenzen bei Internetpornografie oder allgemeiner beim Mindestalter für die Ehe von Mädchen einfließen. Zudem gebe es die Idee, den Kreis möglicher Täter um Nichtkleriker wie Lehrer oder Pastoralreferenten zu erweitern. Auch der Straftatbestand von Machtmissbrauch gegenüber volljährigen Abhängigen sollte nach Ansicht von Graulich expliziter gefasst werden. Dieser Vorwurf spielte bei der Entlassung des früheren US-Kardinals Theodore McCarrick aus dem Klerikerstand eine Rolle.
APA/Hans Klaus Techt
Den Vorschlag, dass Metropolitan-Erzbischöfe den Umgang der Bischöfe ihrer Kirchenregion etwa mit Missbrauch kontrollieren, sieht der Kirchenjurist skeptisch. Es habe einmal einen Vorschlag rechtlicher Aufsicht durch die Metropoliten gegeben, gegen den die Bischöfe aber „Sturm gelaufen“ seien. Bei der weltweiten Konferenz zu Missbrauch und Kinderschutz hatte Kardinal Blase Cupich aus Chicago eine entsprechende Aufsicht ins Spiel gebracht. Machbar sei dies aber, die ursprüngliche Struktur der Metropolien sehe so etwas vor.
Arbeitsgerichte vorgesehen
Als „möglich und auch wünschenswert“ bezeichnete der Ordensmann der Salesianer Don Boscos hingegen die Einführung kirchlicher Verwaltungsgerichte. „Es wäre kein Problem, sie einzuführen. In Deutschland etwa haben wir die kirchlichen Arbeitsgerichte, die funktionieren gut“, so Graulich.
Ursprünglich seien solche Verwaltungsgerichte auch vorgesehen gewesen, im Zuge der Kirchenrechtsreform zwischen 1980 und 1983 aber weggefallen. Derzeit gibt es nur das oberste Verwaltungsgericht der Apostolischen Signatur. Dieses könnte nach Graulichs Einschätzung dann deutlich entlastet werden.
Kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit
Beim viertägigen Anti-Missbrauchsgipfel in der vergangenen Woche hatte der Münchener Kardinal Reinhard Marx die Einführung einer kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit gefordert. Damit könne kirchliches Verwaltungshandeln nicht nur im Umgang mit Missbrauch besser kontrolliert werden. Insgesamt würden Laien besser gegen kirchliche Willkür geschützt.
Den am Wochenende ebenfalls geäußerten Vorschlag, das sogenannte Päpstliche Geheimnis im Zusammenhang mit Verfahren bei Missbrauch zu streichen, sieht Graulich hingegen skeptisch. Das müsse man sich genauer anschauen. „Als Beschuldigter, als Opfer kenne ich die Leute, die aussagen, die befragt werden“, so Graulich. Zudem schütze das Päpstliche Geheimnis „auch das Opfer, indem man die Sache nicht an die große Glocke hängt“.
religion.ORF.at/KAP
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