Kurz-Äußerung: „Blankes Entsetzen“ bei Evangelischen

„Blankes Entsetzen“ habe die Aussage von Bundeskanzler Sebastian Kurz bei ihm ausgelöst, wonach sich in Sachen Karfreitag „für 96 Prozent der Österreicher nichts“ ändere, sagte der evangelische Synodenpräsident Peter Krömer.

Krömer äußerte sich am Mittwoch gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epdÖ) – einen Tag nachdem das neue Gesetz zum Karfreitag mit den Stimmen der Regierungsparteien ÖVP und FPÖ im Nationalrat beschlossen worden war.

Der evangelische Synodenpräsident Peter Krömer

epd/Uschmann

Für den evangelischen Synodenpräsidenten Peter Krömer ist die Karfreitagsneuregelung „ein harter Schlag“.

Die Äußerungen von Kurz und Kanzleramtsminister Gernot Blümel (beide ÖVP) ließen „nur den Rückschluss zu, dass die Bundesregierung den seit den 1960 Jahren in Österreich bestehenden Grundkonsens, die Evangelischen seien in Österreich eine unverzichtbare, wertvolle Minderheit, aufgekündigt“ habe. Über die gesetzliche Neuregelung hinaus sei das ein „harter Schlag für die Evangelischen“.

Evangelische „gebrandmarkt“

Die Neuregelung, wonach Angehörige aller religiösen Minderheiten in Österreich einen Urlaubstag heranzuziehen hätten, um einen bestimmten Feiertag zu begehen, entspreche „nicht einer angemessenen Berücksichtigung der gemeinsamen, öffentlichen Religionsausübung religiöser Minderheiten im Sinne Verfassungs- und grundrechtlicher Bestimmungen“, so Krömer.

Mitglieder der römisch-katholischen Kirche müssten zur Begehung religiöser Feiertage keinen Urlaubstag aufwenden, merkte Krömer an – auch wenn der Synodenpräsident deren gesetzlich anerkannte Feiertage nicht in Zweifel ziehen will. Die Evangelischen würden durch die Neuordnung und die geplante Aufhebung von Kollektivverträgen sowie das Verbot künftiger kollektivverträgliche Regelungen zum Karfreitag „regelrecht gebrandmarkt“.

Auch der Superintendent der Evangelischen Kirche für Tirol und Salzburg, Olivier Dantine, zeigte sich empört über die Karfreitagsregelung. Man fühle sich von einer Regelung überfahren, die im Schnellverfahren durchgedrückt wurde, sagte Dantine - mehr dazu in Karfreitagsregelung empört Evangelische (tirol.ORF.at).

Bünker: Evangelischen wurde Feiertag genommen

Nachdem er sich über die neue Karfreitagsregelung der Regierung - ohne den zuerst geplanten „Halb-Feiertag“ - zunächst eher erleichtert gezeigt hatte, ist jetzt auch der evangelische Bischof Michael Bünker doch nicht zufrieden.

Entgegen allen Versprechen der Regierung „wurde den Evangelischen der Karfreitag als Feiertag genommen“, so Bischof Bünker am Mittwoch: „Hier wurde offensichtlich den Interessen der Wirtschaft nachgegeben.“

Bischof Bünker im APA Interview 12/2018

APA/Helmut Fohringer

Der evangelische Bischof Michael Bünker ist nicht erfreut.

Dass den Evangelischen ein bisher freier Tag genommen wurde, werfe auch ein Licht darauf, „wie mit den Interessen religiöser Minderheiten in Österreich derzeit umgegangen wird“. Bünkers erste Reaktion am Dienstag war milde ausgefallen: Er sprach von einer positiven Lösung mit einem Wermutstropfen - was ihm Kritik aus den eigenen Reihen, etwa des Kärntner Superintendenten Manfred Sauer eintrug.

„Nur das Schlimmste verhindert“

In der Mittwoch auf der Homepage der Evangelischen Kirche veröffentlichten Stellungnahme erklärt Bünker: Mit dem am Dienstag veröffentlichten Verzicht auf den inakzeptablen halben Feiertag sei „nur das Schlimmste verhindert“ worden.

Das „hat bei mir zunächst Erleichterung ausgelöst“. Aber: Auch wenn die neue Regelung positive Aspekte enthalte - sie sei diskriminierungsfrei und der „halbe Feiertag vom Tisch“ - bleibe dennoch das Fazit, dass „entgegen aller Versprechen der Bundesregierung den Evangelischen der Karfreitag als Feiertag genommen wurde“.

Kirchenleitung stärkt Bünker

Die Kirchenleitung der Evangelischen Kirche A.u.H.B. hat sich am Donnerstag in der Karfreitagsdebatte geschlossen hinter Bischof Michael Bünker. „Die Angriffe auf den Bischof als Vorsitzenden des Oberkirchenrates betreffen die ganze Kirchenleitung“, so Oberkirchenrat Karl Schiefermair laut einer Aussendung vom Donnerstag.

Bischof Bünker habe sich „in vorbildlicher Weise“ für die Evangelische Kirche eingesetzt und immer die Position der Kirchenleitung vertreten. „Er hat sein Möglichstes getan, um den Karfreitag für die Evangelischen Kirchen als ganzen Feiertag zu retten. Angriffe auf ihn weisen wir auf das Schärfste zurück“, betonte Schiefermair gemeinsam mit dem stellvertretenden Vorsitzenden des Oberkirchenrates, dem reformierten Landessuperintendent Thomas Hennefeld.

„Nie auf Feiertag verzichtet“

„Bischof Bünker genießt unsere volle Solidarität und Unterstützung ohne jegliche Abstriche“, bekräftigte auch Hennefeld, „wir stehen voll hinter seiner Entscheidung“. Es sei nachvollziehbar, dass die vorliegende Karfreitags-Lösung besser als der halbe Feiertag sei, der allzu sehr in die Feiertagskultur eingegriffen hätte. Auf den Karfreitag als Feiertag habe der Bischof „nie verzichtet“, doch auf die besseren Optionen wie den Karfreitag als Feiertag für alle oder den zusätzlichen freien Tag sei die Regierung nicht eingegangen. Letztlich habe nur die Möglichkeit bestanden, „sich für das kleinere Übel zu entscheiden“.

Hennefeld kritisierte in diesem Zusammenhang die „verzerrte Darstellung“, dass die neue Karfreitagsregelung mit der Kirche ausgehandelt worden sei: „Das stimmt nicht!“ Wenn es der Regierung an „Einfühlungsvermögen“ einer religiösen Minderheit gegenüber mangle, könne nicht der Bischof dafür verantwortlich gemacht werden, betonten Hennefeld und Schiefermair namens des Oberkirchenrates unisono.

religion.ORF.at/APA/epdÖ/KAP

Mehr dazu:

Link: