Streit um Gebäudekomplex am Jerusalemer Tempelberg

Die islamische Wakf-Behörde hat angekündigt, den umstrittenen Gebäudekomplex „Bab al-Rahma“ (Tor des Erbarmens) am Tempelberg für muslimische Beter weiterhin geöffnet zu lassen.

Das berichteten örtliche Medien laut deutscher Katholischer Nachrichten-Agentur (KNA) am Mittwoch. Zuvor hatte das Jerusalemer Amtsgericht am Montag gedroht, das „Bab al-Rahma“ zu schließen, sollte die Wakf-Behörde (arab. „Fromme Stiftung“) weiter die Zusammenarbeit mit dem Gericht verweigern.

Das Gericht rief die Behörde Medienberichten zufolge auf, binnen einer Woche zur Forderung des Staates nach einer Schließung des Gebäudekomplexes Stellung zu nehmen. Die Wakf-Behörde weigert sich den Angaben zufolge prinzipiell, vor einem israelischen Gericht zu erscheinen, um nicht den Anschein zu erwecken, eine israelische Souveränität am Tempelberg anzuerkennen.

Zwist um Zuständigkeit

Vertreter des Wakf-Rats wiesen die Zuständigkeit Israels am Tempelberg zurück. „Wir werden die Gesetze der Besatzung nicht anerkennen und nicht den Drohungen der israelischen Polizei und Behörden erliegen“, sagte Ratsmitglied Hatem Abdel Kader der Tageszeitung „Jerusalem Post“ (Mittwoch-Ausgabe).

Der Vorsitzende des Wakf-Rats, Scheich Abdel Athim Salhab, forderte Israel laut Bericht auf, dem Wakf eine Renovierung der Stätte zu erlauben sowie gegen Wakf-Mitarbeiter, Wächter und Beter ausgesprochene Zugangsverbote zum Tempelberg aufzuheben. Darüber hinaus appellierte der Rat an Palästinenser, vermehrt zum Tempelberg zu kommen, um gegen die israelischen Maßnahmen zu protestieren.

„Guillotine der Besatzung“

Unterdessen riefen palästinensische Aktivisten dazu auf, gegen die Schließung des „Bab al-Rahma“ sowie das israelische Vorgehen gegen Wakf-Mitarbeiter auf die Straße zu gehen. „Wir brauchen praktische Schritte, um das religiöse, politische und historische Erbe unserer Hauptstadt vor der Guillotine der Besatzung zu schützen“, zitiert die „Jerusalem Post“ aus einem Flugblatt einer Aktivistengruppe.

Das Gebäude rund um das „Bab al-Rahma“ war 2003 von Israel geschlossen worden mit der Begründung, die dort ansässige Vereinigung für islamisches Erbe stehe der Hamas nahe. Eine entsprechende Schließungsanordnung lief laut Bericht im vergangenen August ab, ohne erneuert zu werden. Die Wakf-Behörde hatte den Komplex trotz Ablehnung entsprechender Forderungen durch die israelische Polizei letzten Monat wieder geöffnet. Seither kam es rund um den Tempelberg wiederholt zu Auseinandersetzung zwischen Palästinensern und der israelischen Polizei.

Der Tempelberg ist für Juden, Muslime und Christen eine wichtige Heilige Stätte. Bis zur Zerstörung durch die Römer im Jahr 70 befand sich an dieser Stelle der jüdische Tempel als zentrales Heiligtum Israels. Viele Überlieferungen wie die Erschaffung Adams und Evas, das Opfer Isaaks oder seitens des Islam die Himmelsreise Mohammeds sind mit dem Ort verbunden.

religion.ORF.at/KAP/KNA

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