Missbrauchsvertuschung: Erzbischof von Lyon verurteilt

In Frankreich ist der Erzbischof von Lyon, Kardinal Philippe Barbarin, wegen Missbrauchsvertuschung zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Barbarin bot daraufhin seinen Rücktritt an.

Das kündigte der Erzbischof von Lyon am Donnerstag in einem kurzen Statement vor Medienvertretern an. „Ich nehme die Entscheidung des Gerichts zur Kenntnis und habe mich entschieden, zum Heiligen Vater zu gehen, um ihm meinen Rücktritt anzubieten“, sagte Barbarin. Papst Franziskus werde ihn in einigen Tagen im Vatikan empfangen.

Die Französische Bischofskonferenz wollte Barbarins Schritt nicht kommentieren. In einer kurzen Stellungnahme auf der Website hieß es, man nehme das Urteil gegen den Kardinal zur Kenntnis und warte nun auf das Ergebnis der Berufungsverhandlung. Barbarins Entscheidung, seinen Rücktritt beim Papst einzureichen, unterliege dem „persönlichen Gewissen“ des Kardinals. Gleichzeitig bekräftigte die Bischofskonferenz ihre Entschlossenheit, gegen alle sexuellen Aggressionen vorzugehen, die Kleriker an Minderjährigen begehen.

Urteil überrascht

Ein Gericht in Lyon sprach Barbarin am Donnerstag schuldig, einen katholischen Priester gedeckt zu haben, der Kinder und Jugendliche missbraucht haben soll. Das Urteil kommt überraschend, die Staatsanwaltschaft hatte keine Verurteilung gefordert - unter anderem, weil ein Teil der Tatbestände verjährt sei. Barbarins Anwälte haben angekündigt, in Berufung zu gehen.

Sie sprachen von einem Schauprozess. Während des dreitägigen Verfahrens hatten auch Missbrauchsopfer ausgesagt. „Das ist historisch“, sagte Gino Hoel, Direktor der französischen Zeitschrift „Golias“, die sich mit religiösen Themen beschäftigt, dem Sender Franceinfo.

Der Erzbischof von Lyon, Kardinal Philippe Barbarin, vor Gericht

APA/AP/Laurent Cipriani

Der Erzbischof von Lyon, Kardinal Philippe Barbarin

Schweigen über Missbrauchsfall

Die Vorsitzende Richterin Brigitte Verney erklärte, die Schuld des 68-jährigen Erzbischofs beziehe sich auf sein Schweigen zu einem jüngeren Fall von Missbrauch ab dem Jahr 2014. Die Staatsanwaltschaft hatte weiter zurückliegende Vorwürfe für verjährt erklärt. Neben dem Kardinal standen noch fünf weitere Kirchen-Verantwortliche vor Gericht. Dem Priester selbst steht ein eigenes Verfahren noch bevor. Das Urteil kommt kurz nach dem ersten Gipfel zum Thema Missbrauch in der katholischen Kirche im Vatikan.

Kardinal Barbarin gab im Laufe des Prozesses zu Protokoll, er habe ab dem Jahr 2000 nur „Gerüchte“ über den Priester gehört, der zwischen 1986 und 1991 Pfadfinder missbraucht haben soll. Erst 2014 habe er von einem Opfer konkret von den Taten erfahren und den Mann ermutigt, zur Polizei zu gehen.

Fehler eingeräumt

In einem Interview mit der Zeitung „Le Monde“ sagte Barbarin 2017, dass dieser Priester ihm versprochen habe, dass seit 1991 nichts mehr vorgefallen sei. „Ich habe das dann zu überprüfen versucht und wir haben nichts gefunden.“ Er habe damals nicht vertuscht, allerdings räumte er auch Fehler ein. „Heute würden wir uns nicht mehr so verhalten“, sagte Barbarin damals im Gespräch mit der Zeitung.

religion.ORF.at/AFP/dpa

Mehr dazu: