Frauendiakonat: Theologinnen fordern Konkretes

Für die Einführung des Frauendiakonats in der katholischen Kirche haben sich die drei Wiener Theologinnen Ingeborg Gabriel, Regina Polak und Magdalena Holztrattner ausgesprochen.

In der aktuellen Ausgabe der Wiener Kirchenzeitung „Der Sonntag“ zeigten sich die drei überzeugt, dass am Frauendiakonat kein Weg vorbeiführen wird. Gabriel ist Professorin für Sozialethik an der Wiener Theologischen Fakultät, Polak Professorin für Praktische Theologie an selbiger Fakultät und Holztrattner Direktorin der Katholischen Sozialakademie Österreich (ksoe). „Ich bin mir sicher, ich werde noch weibliche Diakone erleben. Schon allein deswegen, weil die Missbrauchskrise die Kirche zum Handeln zwingt“, so Polak wörtlich.

Jesus agierte „gegen Patriarchat“

Gabriel ortete bei der Frage des Diakonats „massive Rückzugsgefechte, wenn ich mich fragen muss, ob im 2. Jahrhundert vielleicht Frauen Diakonissinnen waren“. Das könne wohl nicht die einzige Dimension sein, aus der heraus man diese Frage betrachtet. „Muss ich nicht sagen, der Heilige Geist wirkt in die Geschichte und auch in die Zukunft hinein?“ Wenn man sich die Evangelien anschaut, gebe es viele Stellen, „wo Jesus gegen das vorherrschende Patriarchat - nennen wir es mal so - agiert hat“. Das sei „eine Ausrichtung des Evangeliums, die über Jahrtausende nicht zum Tragen gekommen ist“.

Im Hinblick darauf, dass Papst Franziskus 2016 eine Kommission zur Klärung der Frage des Frauendiakonats eingesetzt hatte, deren Abschlussbericht seit Ende 2018 vorliegt, mahnte ksoe-Direktorin Holztrattner konkrete Ergebnisse ein: „Wenn der Vatikan noch lange schläft oder sich nicht traut, vielleicht mit durchaus begründeter Sorge um die Weltkirche, dann wird das die jungen Frauen nicht mehr interessieren. Wenn wir jetzt nichts tun, bleiben die Kirchen leer, was Männer und Frauen unter 50 anbelangt.“

Frauenemanzipation Christentum zu verdanken

Pastoraltheologin Polak wollte freilich auch positive Aspekte in die Diskussion einbringen - schließlich sei die Frauenemanzipation im europäischen Raum vorrangig dem Christentum zu verdanken: „Die Vorstellung, dass Mann und Frau gleich sind und die Taufe für beide gleichermaßen gilt, ist ein Befreiungsprozess, der es Frauen ermöglicht, nicht nur über die Familie definiert zu sein.“ Das seien Errungenschaften, „die wir dem christlichen Glauben verdanken“.

Es seien auch die Kirchen in Europa gewesen, die Frauen Bildung ermöglicht haben. Und auch auf anderen Kontinenten dürfe man die Rolle der Kirche im Bezug auf Frauenemanzipation nicht unterschätzen, so Polak: „Es macht sich also nicht alles an der Frage des Frauenpriestertums fest, sondern es finden auf eine andere Art und Weise wirkliche Befreiungsprozesse auch durch meine Kirche statt - auch wenn ich unter Vielem leide.“

„Gleichheitsgedanken ernst nehmen“

Auch Gabriel betonte, dass die Gleichheit aufgrund der Taufe eine Grundlage des Christentums sei: „Ich würde mir wünschen, diesen Gleichheitsgedanken ernst zu nehmen und dann die Funktionen, die notwendig sind, in einer Kirche einzutragen und von daher ein kritisches Potential zu gewinnen, an den jetzigen Strukturen zu arbeiten.“ Das werde sich nicht von heute auf morgen ändern, räumte die Theologin ein, aber: „Ich glaube, es ist änderbar. Und ich wünsche mir, dass Frauen ermächtigt werden.“ Ganz in diesem Sinne äußerte sich auch Polak: „Ich sage ganz praktisch: Diakoninnen als ersten Schritt. Zweitens: Eine Offensive für junge Frauen. Wenn wir die nicht gewinnen können, dann sind unsere Diskussionen sinnlos, weil die sind die Zukunft.“

Holztrattner verwies bezüglich ihrer Zukunftsvorstellungen für die Kirche auf die Innsbrucker Theologin Michaela Neulinger, die drei Begriffe in den Vordergrund stellt: exzentrisch, mutig, visionär. Die ksoe-Direktorin dazu wörtlich: "Exzentrisch: Kirche muss raus aus der Sakristei, dorthin, wo Menschen leiden, sprachlos und ohnmächtig sind. Mutig: eine Kirche, die mutig genug ist, sogar die eigenen Ohnmächte zu überwinden. Zu sagen: „Die Kirche kann Frauen nicht weihen", ist doch eine Ohnmachtsaussage. Und visionär: Immer wieder zu fragen: Was will Gott mit uns? Nicht: Wie können wir Mitglieder gewinnen, Strukturen erhalten - das sind alles wichtige Fragen, aber drittrangig.“

Ingeborg Gabriel war 1996 die erste Professorin an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien. Sie ist Professorin für Sozialethik, Vize-Präsidentin von Iustitia et Pax Europa und OSZE-Sonderbeauftragte. Regina Polak steht dem Institut für praktische Theologie an der Wiener Katholisch-Theologischen Fakultät vor und berät u. a. die Migrationskommission der deutschen Bischofskonferenz. Magdalena Holztrattner leitet als erste Frau die Katholische Sozialakademie Österreichs (ksoe), eine Einrichtung der Bischofskonferenz.

religion.ORF.at/KAP

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