IGGÖ: Kritik an politischem Islam als „Kampfbegriff“

Die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) hat am Montag in Wien zu einer Tagung geladen. Das Thema: der politische Islam. Eine Bezeichnung, die zu einem „Kampfbegriff“ geworden sei, wie bei der Veranstaltung der IGGÖ-Chef, Ümit Vural, kritisierte.

Musliminnen und Muslime würden ohne Grundlage als Vertreterinnen und Vertreter des politischen Islam bezeichnet, kritisierte Vural in seiner Eröffnungsrede. Der Begriff des politischen Islam werde immer wieder von Populisten verwendet, um Muslime zu attackieren. Auch er selbst sei von der FPÖ als Islamist bezeichnet worden.

Die politische Debatte über Musliminnen und Muslime sei „irrational“ und deswegen „so gefährlich“, kritisierte auch der ehemalige ÖVP-Vizekanzler, Erhard Busek, in seiner Rede. Er mahnte zu Rationalität statt Emotionalität und wies auf die Wurzeln seines politischen Engagements hin - die lägen nämlich im Christentum. Näheres über politische Religionen - wie dem politischen Katholizismus - erfuhr man bei der Tagung ebenso wie mit dem Islam begründete Kämpfe für Frauenrechte, Umweltschutz und Antirassismus.

Unkonkrete Definition

Die Tagung hatte das Ziel, eine Definition und Einordnung des politischen Islam zu finden. „Eine wissenschaftliche Betrachtung dieses diffusen Terminus wird mit zunehmender Verwendung, auch in der Gesetzgebung, immer notwendiger“, hieß es im Vorfeld. Denn der Begriff sei bisher „sehr ungenau und unkonkret geblieben“. Das blieb er denn auch nach der Veranstaltung.

Sendungshinweis

Das TV-Religionsmagazin „Orientierung“ berichtet über die Tagung, Sonntag, 31.3.2019, 12.30 Uhr, ORF2

Vortragende verschiedener Disziplinen bemühten sich bei der Tagung - in einer weitgehend akademischen Debatte - um einen differenzierten Blick auf das Thema. Interessant und vielseitig waren die historischen und theologischen und medienwissenschaftlichen Perspektiven auf die Thematik. Doch der Versuch einer Einordnung von politischen Gruppierungen - wie etwa der ägyptischen Muslimbruderschaft oder der türkischen AKP - wurde nicht unternommen.

Politische Partizipation erwünscht

Wie sich herausstellte war eine genaue Definition, was den nun politischer Islam ist oder sein kann, nicht so einfach zu formulieren. Konkreter hätten es sich auch einige muslimische Besucherinnen und Besucher - einige davon selbst Fachleute - gewünscht, wie sie anmerkten.

Klar äußerten die Expertinnen und Experten bei der Tagung jedenfalls, dass die politische Partizipation von Musliminnen und Muslimen in Österreich erwünscht sei und nicht in ein negatives Licht oder gar extremistisches Eck gerückt werden dürfe.

Sammelband geplant

Am Dienstag kündigte IGGÖ-Chef Vural in einer Aussendung weitere Schritte an, „um die Diskussion rund um den inflationär verwendeten Begriff ‚politischer Islam‘ zu versachlichen“. Die Expertinnen und Experten sollen gebeten werden, „ihre Thesen und Definitionen des Begriffs in einem wissenschaftlichen Sammelband zusammenzufassen“, so Vural.

Exemplare dieses Sammelbandes sollen dann der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. „Natürlich in der Hoffnung, dass der sorglose Umgang mit dem Begriff eingestellt oder zumindest überdacht werden kann“.

Clara Akinyosoye, religion.ORF.at

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