Papst forderte in Marokko legale Wege für Migranten

Bei einem Treffen mit Migranten in Marokko hat der Papst mehr Möglichkeiten für legale Wege gefordert. Man dürfe auf die Millionen von Flüchtlingen, die Opfer von Menschenhandel und auf neue Formen von Sklaverei nicht mit Gleichgültigkeit reagieren, sagte der Papst.

Migranten und Flüchtlingen müssten breitere Möglichkeiten für eine sichere und legale Einreise in die Zielländer angeboten werden. „Diese gemeinsame Anstrengung ist notwendig, um den Menschenfleisch-Händlern, die mit den Träumen und mit den Nöten der Migranten Geschäfte machen, keine neuen Räume zu geben“, sagte das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche während seines Besuchs in Marokko.

Treffen mit Flüchtlingen

Im Caritas-Zentrum von Rabat traf Papst Franziskus am Samstagabend 60 Flüchtlinge aus Ländern südlich der Sahara, die sich teils legal, teilweise aber auch illegal in Marokko aufhalten. Das nordafrikanische Land hat sich inzwischen zu einem der wichtigsten Länder für die Migration von Afrika nach Europa entwickelt.

Sowohl Migranten aus Ländern südlich der Sahara als auch Marokkaner versuchen, illegal nach Spanien zu gelangen. Papst Franziskus befindet sich zu einem zweitägigen Besuch in der marokkanischen Hauptstadt Rabat, um sich seinen beiden Herzensthemen zu widmen: Der Migration und dem interreligiösen Dialog.

Video über Imam-Ausbildung

Franziskus besuchte unterdessen laut Kathpress auch ein Ausbildungszentrum für Imame. Am Samstagnachmittag war er gemeinsam mit dem König Mohammed VI. in der Einrichtung in Rabat zu Gast, in der internationale muslimische Predigerinnen und Prediger ausgebildet werden.

Das Institut wurde 2015 von Mohammed VI. in Reaktion auf den Terroranschlag 2003 auf jüdische Einrichtungen und Orte westlichen Lebensstils in Casablanca gegründet. Der Monarch will dort nach eigenem Bekunden einen toleranten Islam für die afrikanischen Länder fördern.

Franziskus sah sich ein Video über die Schule an und ließ sich die Arbeit des Instituts von Marokkos Religionsminister Ahmed Toufiq sowie von einer Studentin aus Nigeria und einem Studenten aus Frankreich erläutern. Anschließend folgte eine musikalische Darbietung, die muslimische, christliche und jüdische Traditionen miteinander verband.

Papst sieht „Brücke zwischen Afrika und Europa“

Zum Auftakt seines zweitägigen Besuchs in Marokko hat Papst Franziskus Christen und Muslime zu mehr Dialog aufgerufen, um die Probleme der Welt anzugehen. „In diesem Land, einer natürlichen Brücke zwischen Afrika und Europa, möchte ich einmal mehr die Notwendigkeit von Kooperation betonen“, sagte Franziskus am Samstag in der marokkanischen Hauptstadt Rabat.

Es müssten neue Impulse für eine Welt mit größerer Solidarität gegeben werden. Die Reise in das nordafrikanische Königreich steht im Zeichen von Migration und interreligiösem Dialog; beides Themen, die Papst Franziskus sehr am Herzen liegen.

Aufruf zu „aufrichtigem Dialog“

„Der aufrichtige Dialog, den wir anregen möchten, führt auch zur Rücksicht für die Welt, in der wir leben, unsere gemeinsame Heimat“, sagte Franziskus am Fuß des Hassan-Turms, eines 800 Jahre alten, unvollendeten Minaretts. Neben einer internationalen Migrationskonferenz fand vor rund zwei Jahren auch die Weltklimakonferenz in Marokko statt.

Zusammen mit dem marokkanischen König Mohammed VI., der sich auch als „Oberhaupt aller Gläubigen“ bezeichnet, fuhr der Papst vom Flughafen in Rabat in die Innenstadt: Franziskus im Papamobil, König Mohammed winkte den Marokkanern aus dem Schiebedach einer schwarzen Limousine zu. Trotz des für Marokko ungewöhnlichen Regens standen rechts und links der Straße mehrere Hundert Menschen.

König von Marokko sieht „ungenügenden Dialog“

Die Realität dieser Welt mache deutlich, dass der Dialog zwischen Christen, Muslimen und Juden ungenügend sei, sagte der König. „Der Dialog dauert seit langer Zeit an, und trotzdem hat er sein Ziel noch nicht erreicht“, erklärte der Monarch. Auf dem Esplanade-Platz vor dem Hassan-Turm waren auch zahlreiche Migranten aus Ländern südlich der Sahara.

Der Papst besuchte am Nachmittag auch das Mausoleum von König Mohammed V. und eine Imamschule. Die Solidarität aller Gläubigen müsse gegen Fanatismus und Extremismus stehen, sagte Franziskus. Im Krieg in Syrien haben sich auch viele Marokkaner der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) angeschlossen. Erst Ende des vergangenen Jahres wurden zwei skandinavische Studentinnen in Zentralmarokko brutal ermordet. Die Behörden sahen Hinweise auf eine Terrortat.

Islam als Staatsreligion

In Marokko ist der Islam Staatsreligion. Laut Vatikan sind dort nur rund 23.000 Menschen katholisch. Die meisten von ihnen sind zugezogen, entweder aus Europa oder vor allem aus Ländern südlich der Sahara.

Im Vorfeld des Besuchs hatten die beiden katholischen Bischöfe in Marokko auf die Schwierigkeiten für die Minderheiten in dem nordafrikanischen Land hingewiesen und damit eine Diskussion entfacht. Der Papst äußerte dagegen die Hoffnung, dass Marokko weiterhin „ein Beispiel für Menschlichkeit für Migranten und Flüchtlinge“, bleibe.

Umgang der Behörden mit Migranten in der Kritik

Immer wieder wird von Nichtregierungsorganisationen der Umgang der marokkanischen Sicherheitskräfte mit Migranten angeprangert. Seit einiger Zeit werden Migranten aus Ländern südlich der Sahara in Bussen von der Mittelmeerküste in südliche Landesteile transportiert, um sie von den Grenzen Richtung Europa fernzuhalten.

Marokko rückte beim Thema Migration zuletzt verstärkt in den Fokus, seit Rom seinen harten Kurs fährt und die Überfahrt von Libyen nach Italien stark erschwert ist. Die Hauptroute hat sich nach Ansicht der EU-Grenzschutzagentur Frontex inzwischen ins westliche Mittelmeer verlagert. Das spanische Festland ist von Marokko aus zwischen 15 und 150 Kilometer entfernt.

Papst und Gastgeber unterzeichnen Jerusalem-Appell

Papst Franziskus und Marokkos König Mohammed VI. haben einen gemeinsamen Appell zum Sonderstatus Jerusalems unterzeichnet. Jerusalem müsse Erbe der Menschheit und das Symbol einer friedlichen Koexistenz vor allem für die drei monotheistischen Religionen bleiben, heißt es in der am Samstag in Rabat veröffentlichten Erklärung. Dazu müssten der „multi-religiöse Charakter, die spirituelle Dimension und die besondere kulturelle Identität Jerusalems“ geschützt und gefördert werden.

Der Papst und der marokkanische Monarch bekundeten „die Hoffnung, dass in der Heiligen Stadt den Anhängern der drei monotheistischen Religionen volle Zugangsfreiheit und ihr Recht auf Gottesdienst garantiert wird“.

Gesamt-Jerusalem als Hauptstadt als Hindernis

Jerusalem gilt Juden, Christen und Muslimen als Heilige Stadt. Der Vatikan sieht zudem einen israelischen Anspruch auf Gesamt-Jerusalem als Hauptstadt als Hindernis für den Friedensprozess zwischen Israelis und Palästinensern.

Nachdem US-Präsident Donald Trump im Dezember 2017 ankündigte, die amerikanische Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen, äußerte Franziskus einen „dringenden Appell“, den Status quo und die Resolutionen der Vereinten Nationen zu respektieren.

Marokkanische Medien: Papstbesuch ist „Meilenstein“

Der zweitägige Besuch von Papst Franziskus in Marokko wird von Medien des muslimischen Landes als bedeutender Meilenstein gewertet. Auf den Titelseiten vieler Samstagsausgaben ist das Foto des Papstes zu sehen, wie das Portal Vatican News berichtet.

Weite Teile der Bevölkerung blickten positiv auf die Reise, die bis Sonntag dauert. Viele glaubten auch, das Katholikenoberhaupt komme, um die Muslime nach den Anschlägen auf zwei Moscheen Mitte März in Neuseeland zu trösten, wie es hieß.

Friedliches Zusammenleben von Christen und Muslimen

Mehrere Zeitungen betonten, dass ein friedliches Zusammenleben von Christen und Muslimen in dem arabischen Land möglich sei. Fast alle Zeitungen beziehen sich demnach auch auf die Sorge des Papstes um Migranten und stellen das Königreich Marokko in dieser Angelegenheit als in Übereinstimmung mit dem Papst dar.

Die französischsprachige Tageszeitung „L’Opinion“ titelte: „Papst Franziskus unter uns.“ Der Artikel verweist auf viele Parallelen zwischen dem aktuellen Papstbesuch und der Marokko-Visite von Papst Johannes Paul II. im August 1985. „Der Papst kommt auch, um uns nach den Schießereien von Christchurch zu trösten“, schreibt das Blatt weiter.

Bei den rechtsterroristischen Anschlägen während des muslimischen Freitagsgebets wurden am 15. März in Christchurch 50 Menschen getötet und weitere 50 verletzt.

Videobotschaft des Papstes

Fernsehsender in Marokko strahlten die Videobotschaft des Papstes an das marokkanische Volk aus, die am Donnerstag verbreitet worden war. Darin sagte Franziskus, er komme nach Marokko „als Pilger des Friedens und der Brüderlichkeit, welche die Welt so nötig braucht“.

Christen wie Muslime seien gerufen, brüderlich zusammenzuleben, „einander in ihrer Verschiedenheit“ zu respektieren und sich in Not gegenseitig zu helfen. Es werde für ihn eine Freude sein, diese Überzeugungen bei seinem Besuch in Rabat direkt mit den Menschen zu teilen, fügte Franziskus hinzu.

Für Franziskus ist es die erste Reise nach Marokko. Vor ihm besuchte Papst Johannes Paul II. 1985 das nordafrikanische Königreich. In einer Videobotschaft vor der Reise sagte Franziskus, er werde als „Pilger des Friedens und der Brüderlichkeit“ nach Marokko kommen.

religion.ORF.at/APA/KAP

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