Fall Orlandi: Vatikan ermittelt nach 36 Jahren

36 Jahre nach dem rätselhaften Verschwinden der 15-jährigen vatikanischen Bürgerin Emanuela Orlandi hat der Vatikan Ermittlungen im Fall aufgenommen.

Das wurde von der Rechtsanwältin der Familie Orlandi, Laura Sgro, bestätigt. Bisher hatten lediglich die italienischen Justizbehörden in dem Fall ermittelt. Die Familie Orlandi hatte Anfang März in einem Schreiben den Vatikan gebeten, ein Grab auf dem Friedhof Campo Santo Teutonico, der traditionellen Grabstätte für deutschsprachige Pilger in Rom, zu öffnen. Sie vermuten, dass sich in diesem Grab die Reste der verschwundenen Orlandi finden könnten.

Plakat mit dem Bild von Emanuela Orlandi

APA/AFP/ Filippo Monteforte

Emanuela Orlandi verschwand 1983

Die Rechtsanwältin der Familie hatte ein anonymes Schreiben mit einem Bild des Grabs und den Hinweis erhalten, darin würden sich die Reste des Mädchens befinden, hieß es. Daraufhin appellierte Sgro an den vatikanischen Staatssekretär, Kardinal Pietro Parolin, die Öffnung des Grabs zu erlauben.

Anwältin: „Wichtige Wende“

„Wir erwarten uns die volle Zusammenarbeit des Vatikans zur Klärung des Falls“, so die Anwältin, die zusammen mit Orlandis Bruder Pietro den vatikanischen Staatssekretär, Pietro Parolin, getroffen und ihm die Anliegen der Familie vorgestellt hatte. „Nach 36 Jahren mangelnder Kooperation ist die Aufnahme der Ermittlungen im Vatikan eine wichtige Wende“, so die Verteidigerin.

Der Fall Orlandi gehört zu den aufsehenerregendsten Kriminalfällen der jüngeren italienischen Geschichte. Über das Schicksal des 15-jährigen Mädchens, Tochter eines Vatikan-Angestellten, gibt es trotz unzähliger Spekulationen keine gesicherten Erkenntnisse. Emanuela Orlandi verschwand am 22. Juni 1983 nach dem Besuch einer Musikschule spurlos. Bald meldeten sich angebliche Entführer, die eine Freilassung des türkischen Papstattentäters Ali Agca forderten. Später hieß es, das Mädchen sei von der Mafia-Bande der Magliana entführt worden.

Überreste nicht von Orlandi

Bis heute sind viele Fragen offen. Die italienische Justiz nahm 2012 nochmals Ermittlungen auf, nachdem in der Hauskirche der römischen Opus-Dei-Universität im Grab des Chefs der Magliana-Bande, Enrico De Pedis, fremde Knochen gefunden wurden. Vermutungen, es handle sich um Überreste Orlandis, erwiesen sich aber als falsch.

Nachdem im vergangenen Oktober menschliche Knochen auf dem Gelände der vatikanischen Botschaft in Rom auftauchten, kursierten Spekulationen, dass es sich um die Reste Orlandis handeln könnte. DNA-Untersuchungen ergaben jedoch, dass die Knochenreste von einem Mann stammten.

religion.ORF.at/APA

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