Asyl: Evangelische sehen „Schaden für Rechtsstaat“

Die Evangelischen Kirchen haben den Gesetzesentwurf, mit dem die „Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen“ errichtet und die bisher unabhängige Rechtsberatung im Asylverfahren „de facto abgeschafft“ werden soll.

„Den Rechtsschutz in einem so grundrechtssensiblen Bereich zu beschneiden, fügt dem österreichischen Rechtsstaat schweren Schaden zu“, hieß es am Donnerstag in einer Stellungnahme des Evangelischen Oberkirchenrates A.u.H.B. Die Rechtsberatung und -vertretung müsse die Interessen und Parteienrechte von Schutzsuchenden vor Gericht bestmöglich wahren und unabhängig sein. Durch die Regierungspläne würden Menschen, die vor Verfolgung, Krieg und Terror geflüchtet sind, „ihr Recht auf ein faires Asylverfahren verlieren“.

Michael Bünker

APA/Roland Schlager

Bischof Michael Bünker kritisiert Asylberatung neu

„Fundamentale Menschenrechte für Schutzsuchende“ würden durch die noch bis Freitag in Begutachtung befindliche Neuregelung ausgehöhlt, warnte der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker gegenüber dem Evangelischen Pressedienst. Zugleich werde „eine ganze Gruppe besonders verletzlicher Menschen“ dadurch ausgegrenzt. „Das steht im Widerspruch zu einer christlichen Ethik der Barmherzigkeit und Nächstenliebe und zu den Grundprinzipien der Humanität, auf denen unsere Gesellschaft beruht.“ Die Menschenrechte hätten uneingeschränkt und für alle zu gelten.

Rechtsberatung mit „Interessenskonflikt“

In der Stellungnahme der evangelischen Kirchenleitung wird auf einen „offensichtlichen Interessenskonflikt“ aufmerksam gemacht, der sich durch die „Verstaatlichung“ der Rechtsberatung - die neue Bundesagentur soll im Innenministerium angesiedelt sein - ergebe. Dem Ministerium unterstellte Rechtsberater „können nicht im ausschließlichen Interesse der Schutzsuchenden“ handeln. Gleichzeitig würden dem Ministerium unterstellte Bedienstete Schutzsuchende beraten und vertreten, deren eigene Behörde zuvor die Anträge dieser Personen negativ beschieden habe. An diesem Interessenskonflikt könne auch die Bestellung eines Bereichsleiters aus dem Justizministerium nichts ändern.

42,7 Prozent Fehlerquote

In der evangelischen Stellungnahme wird an die hohe Fehlerquote der Asylantrags-Entscheidungen in der ersten Instanz erinnert: 42,7 Prozent davon seien zuletzt vom Bundesverwaltungsgericht aufgehoben worden. Es bestehe die Gefahr, „dass solche rechtswidrigen Entscheidungen nicht mehr revidiert werden, weil die Betroffenen keinen Zugang zu wirksamem Rechtsschutz erhalten“.

Negativ beurteilte der evangelische Oberkirchenrat auch den Abänderungsantrag zum BFA-Verfahrensgesetz, der kostenlose Rechtsberatung für Asylwerbende nur „nach Maßgabe der faktischen Möglichkeiten“ gewährt, wie es in der Gesetzesvorlage heißt. Auf eine Beratung bestehe somit kein Rechtsanspruch mehr. Zudem soll laut dem Gesetzesentwurf auch die Aufgabe der Menschenrechtsbeobachtung bei Abschiebungen künftig von Mitarbeitern der Bundesagentur durchgeführt werden. Dass in diesem Bereich „die kontrollierte und die kontrollierende Stelle letztlich die gleiche“ ist, sei „nicht zulässig“ und widerspreche auch europarechtlichen Vorgaben.

Zugang zu fairen Verfahren gefährdet

Auch die evangelische Diakonie - die als eine von mehreren Hilfsorganisationen bisher eine Rechtsberatung für Asylwerber anbietet - nannte den vorliegenden Gesetzesentwurf „einen schweren Angriff auf den Rechtsstaat“. Es solle eine „Blackbox“ geschaffen werden, in der Schutzsuchende und deren Zugang zu fairen Asylverfahren verschwinden werden, kritisierte Direktorin Maria Katharina Moser gegenüber dem Evangelischen Pressedienst. Menschen auf der Flucht würden durch die Errichtung der Bundesagentur von der Zivilgesellschaft isoliert. Diese könne keine Rolle als „notwendiges Korrektiv bei Fehlern und willkürlichen Entscheidungen im Asylsystem“ mehr spielen, warnte Moser.

religion.ORF.at/KAP/epdÖ

Mehr dazu:

Links: