Sri Lanka: Bischof ruft Religionen zu Zusammenhalt auf

Der sri-lankische Bischof Raymond Wickramasinghe hat nach den verheerenden islamistischen Terroranschlägen auf Kirchen und Hotels am Ostersonntag zur Solidarität zwischen den Religionsgemeinschaften aufgerufen und vor Schuldzuweisungen gewarnt.

Sri Lanka habe eine „lange Tradition der friedlichen Koexistenz der Religionen“, sagte der katholische Bischof von Galle dem Nachrichtenportal Daily News. „In dieser Situation sollten wir nicht mit den Fingern auf Individuen oder Gruppen zeigen und sie für die Gewaltakte verantwortlich machen“, so Wickramasinghe.

„Wir, die Menschen im Süden, haben zu allen Zeiten unseren interreligiösen Zusammenhalt bewiesen, auch wenn unser friedfertiges Leben durch böswillige einheimische oder ausländische Elemente bedroht war“, betonte der Bischof. In den vergangenen Tagen war es auf Sri Lanka bereits vereinzelt zu gewalttätigen Übergriffen auf Muslime gekommen. Aus der Stadt Negombo - die dortige katholische Kirche St. Sebastian war neben zwei weiteren Kirchen und drei Hotels eines der Terrorziele am Ostersonntag - wurden von der Polizei pakistanische Flüchtlinge der muslimischen Glaubensrichtung der Ahmadiyya zum Schutz vor einer zornigen Menge evakuiert.

Vereinzelte Angriffe

Zuvor hatten erste Ermittlungen laut Angaben der Regierung ergeben, dass die bisher weitgehend unbekannte salafistische Gruppe National Thowheeth Jama’ath (NTJ) für die Anschläge verantwortlich sein soll. Auch die Terrormiliz „Islamischer Staat“ reklamierte die Taten für sich. Sri Lankas Präsident Maithripala Sirisena gab am Freitag bekannt, dass der mutmaßliche Drahtzieher des Terrors offenbar einer der Selbstmordattentäter bei den Anschlägen war. Der auf einem von der IS-Terrororganisation verbreiteten Bekennervideo zu sehende radikale muslimische Prediger Zahran Hashim galt als Statthalter des IS in Sri Lanka und war NTJ-Mitglied.

Die sri-lankischen Behörden korrigierten derweil am Donnerstag nach Abschluss der Autopsien die Anzahl der bei den Bombenattentaten getöteten Menschen von zuvor 359 auf vorerst 253. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums waren nach den Explosionen mehrere schwer verstümmelte Leichen doppelt gezählt worden.

Warnung vor Vergeltungsaktionen

Bischöfe, Muslimführer und Politiker in der mehrheitlich buddhistischen Inselrepublik warnten die Bevölkerung vor Vergeltungsaktionen gegen die ohnehin von buddhistischen Hardlinern verfolgte muslimische Minderheit des Landes. Die Anschläge könnten in der „sri-lankischen Konfliktdynamik“ von politischen Akteuren für eine „langfristige, nachhaltige Destabilisierung“ genutzt werden, warnte die International Crisis Group in einer am Donnerstag veröffentlichten ersten Analyse der Terroranschläge. „Die Bombenanschläge werden nun als Beweis für den gewalttätigen muslimischen Extremismus angeführt, vor dem militante Buddhisten seit langem warnen.“

Unterdessen gab es vor Ort am Freitag neue Warnungen vor möglichen Angriffen auf Gotteshäuser. Christliche und muslimische Gläubige wurden dazu angehalten, in den kommenden Tagen Moscheen und Kirchen zu meiden. Polizeivertreter erklärten unter Berufung auf Geheimdienstinformationen, dass Islamisten Sufi-Moscheen angreifen wollten, und erhöhten die Sicherheitsvorkehrungen. Der Sufismus ist eine mystische Richtung des Islam. Islamisten betrachten Sufisten wegen ihrer Toleranz auch anderen Religionen gegenüber als Feinde.

religion.ORF.at/KAP/KNA

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