Experte: Antisemitismus „globale Gegenreligion“

Antisemitismus hat sich nach Ansicht des deutschen Religionswissenschaftlers Michael Blume zu einer „globalen Gegenreligion“ entwickelt.

Das liege daran, dass Judenhass und Judenfeindschaft besonders weit verbreitet seien, erläuterte Blume in einem Interview der deutschen Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). „Kaum jemand glaubt an eine Weltverschwörung der Brasilianer oder Albaner.“

Weiter sagte Blume: „Wir denken gerne, dass der Mensch geboren sei, um an eine gute Gottheit zu glauben.“ Jedoch könne der Mensch „auch antisemitisch an eine böse Weltverschwörung aus Juden und Freimaurern, heute sagt man Zionisten und Illuminaten, glauben, die angeblich alles kontrolliert.“ Auch neue Verschwörungsmythen liefen immer wieder in den antisemitischen Mythos ein, betonte der Antisemitismusbeauftragte des deutschen Bundeslandes Baden-Württemberg.

Bildung als Gegenmittel

Im Kampf gegen Antisemitismus setzt Blume auf Bildung. „Es geht auch um die Frage: Verstehe ich meine eigene Kultur und Religion?“ Zudem müsse man Antisemiten Grenzen zeigen. „Sie akzeptieren für gewöhnlich nur einen autoritären, starken Staat. Das Internet erleben sie als rechtsfreien Raum, in dem sie nach Herzenslust hetzen können. Und dann denken sie, sie sprechen für eine schweigende Mehrheit, weil ihnen in ihrer Blase niemand mehr widerspricht.“ Daher komme eine schnelle Radikalisierung, die derzeit zu beobachten sei.

„Menschen, die zu lange im Antisemitismus stecken, können nur noch sehr schwer erreicht werden. Man darf Menschen nicht aufgeben, aber wir müssen bei der jungen Generation ansetzen, damit sie den Reiz von Verschwörungsmythen versteht, aber nicht mehr darauf hereinfällt“, betonte Blume. "Auch James-Bond-Filme präsentieren den jüdischen Superverschwörer Auric Goldfinger, der Antisemitismus ist tief in unsere Kultur eingewoben. Außerdem brauchen wir noch sehr viel mehr Forschung zur Radikalisierung von älteren Menschen.

religion.ORF.at/KAP/KNA

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