Kopftuchverbot in Schulen soll kommen - IGGÖ dagegen

Nach zweimaliger Vertagung wollen die Regierungsparteien am Mittwoch im Unterrichtsausschuss des Nationalrats die Einführung eines Kopftuchverbots an Volksschulen beschließen. Die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) reagierte mit Kritik.

„Quasi mit Beginn des gesegneten Monats Ramadan will die Bundesregierung offenbar ein ausschließlich MuslimInnen diskriminierendes Gesetz lancieren,“ zeigt sich Ümit Vural Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft betrübt.

Rechtliche Mittel „ausschöpfen“

Das islamische Kopftuch sei mit Beschluss des Beratungsrates der IGGÖ als integraler Teil der Glaubenspraxis unter dem Schutz der Religionsfreiheit etabliert, so Vural. Daher sei jedes Verbot des Kopftuches - mit welcher Begründung auch immer - ein direkter Angriff auf die Religionsfreiheit der österreichischen Muslime.

Vural: „Unser Standpunkt zur Verbotspolitik ist vom ersten Tag an glasklar gewesen: Mit einem solchen Vorstoß würde uns die Bundesregierung zwingen, alle rechtlichen Mittel auszuschöpfen, um dieses destruktive und desintegrative Gesetz zu Fall zu bringen.“

Gesetzesvorlage zweimal vertagt

ÖVP und FPÖ streben eine Verfassungsmehrheit im Nationalrat an - komme diese nicht zustande, würde die Regelung aber auch mit einfachgesetzlicher Mehrheit durchgewunken, hieß es am Montag gegenüber der APA. Die entsprechende Vorlage war im Ausschuss wegen fehlender Zustimmung von SPÖ oder NEOS im Jänner und März zweimal vertagt worden.

Knapp vor der letzten Vertagung hatte Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) aber bereits den Beschluss als einfaches Gesetz in den Raum gestellt - wobei im Nationalratsplenum nach wie vor eine Verabschiedung als Verfassungsbestimmung möglich ist.

Tragen religiös geprägter Bekleidung untersagt

Mit der Initiative soll generell „das Tragen weltanschaulich oder religiös geprägter Bekleidung, mit der eine Verhüllung des Hauptes verbunden ist“, untersagt werden. Begründet wird dies im Gesetzesantrag mit „der sozialen Integration von Kindern gemäß den lokalen Gebräuchen und Sitten, der Wahrung der verfassungsrechtlichen Grundwerte und Bildungsziele der Bundesverfassung sowie der Gleichstellung von Mann und Frau“.

Eine Schülerin mit Kopftuch im Klassenzimmer

APA/dpa/Bernd Thissen

Die Österreichische Bundesregierung plant, am Mittwoch ein Kopftuchverbot für Volksschulkinder zu beschließen. Für die Islamische Glaubensgemeinschaft ist das keine gute Lösung.

Unter anderem wird in den Erläuterungen argumentiert, dass mit dem Verbot auch die Information über den körperlichen Entwicklungsstand, das Religionsbekenntnis bzw. die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Islam-Ausrichtung geschützt werden soll. Die Verhüllung des Hauptes bzw. das Tragen des Kopftuchs zeige nämlich das Erreichen der Geschlechtsreife an, die Art der Trageweise unter Umständen die Anhängerschaft zu einer bestimmten Gemeinschaft bzw. auch die Einhaltung bestimmter religiöser Regeln und die familiäre Situation.

Nur Kopftuch explizit erwähnt

Unter „Verhüllung des Hauptes“ soll laut Erläuterungen „jede Art von Bekleidung, welche das gesamte Haupthaar oder große Teile dessen verhüllt“, umfasst sein. Explizit erwähnt wird aber nur das Kopftuch. Ausgenommen sind Verbände aus medizinischen Gründen bzw. Kopfbedeckungen aus Witterungsgründen.

Bei einem Verstoß muss der Direktor unverzüglich die Bildungsdirektion verständigen, die wiederum die Eltern innerhalb von vier Schultagen zu einem verpflichtenden Gespräch zu laden hat. Erscheint das Kind erneut verhüllt oder kommen die Eltern trotz Mahnung nicht zum Gespräch, ist dies mit einer Geldstrafe von bis zu 440 Euro zu ahnden.

IGGÖ: Verbot keine Lösung

Eine interne Erhebung der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) hatte im Mai vergangenen Jahres ergeben, dass in islamisch-konfessionellen Volksschulen die Zahl der Mädchen mit Kopftuch bei 15 Prozent liegt. Daraus zog der damalige Präsident der IGGÖ, Ibrahim Olgun, den Schluss, dass die Zahl in öffentlichen Schulen wohl nicht höher liegen könne. Zahlen zu Kopftuchträgerinnen in öffentlichen Schulen liegen nicht vor.

Kindern das Kopftuchtragen zu untersagen ist für die Schulamtsleiterin der IGGÖ, Carla Amina Baghajati, keine Lösung. Muslime hätten eine „bewährte Praxis“, mit solchen Fällen umzugehen, sagte sie im Jänner gegenüber religion.ORF.at.

„Innere Angelegenheit einer Religionsgemeinschaft“

Es gebe in Bezug auf das Kopftuch einen bisher wenig beachteten Diskurs zwischen Müttern. Früher habe man von Müttern noch öfter gehört: „Je früher desto besser“, damit sich das Kind an das Kopftuch gewöhne, erklärte Baghajati. „Das hat man reflektiert“. Entscheidend sei es, das Kind beim „Mündigwerden“ zu unterstützen und „wenn ein Mädchen ein Kopftuch trägt, sie nicht zu einer Heldin zu machen.“ In den vergangenen 20 Jahren habe sich diesbezüglich sehr viel weiterentwickelt, jetzt empfehle man eher, den Mädchen zu sagen: „Wir haben dich lieb, ob du ein Kopftuch trägst oder nicht. Wenn du es ausprobieren möchtest, dann ja. Wenn du dich nicht wohl fühlst, dann nimm es wieder runter.“

Die IGGÖ argumentierte bereits bei dem Kopftuchverbot für Kindergartenkinder damit, dass es sich um einen Eingriff des „zur religiös-weltanschaulichen Neutralität“ verpflichteten Staates in innere Angelenheiten einer Religionsgemeinschaft handle.

religion.ORF.at/APA

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