Theologin: Parallelen zwischen Bibel und „Ibiza-Video“

Die Direktorin des Katholischen Bibelwerks, Elisabeth Birnbaum, zieht Parallelen zwischen dem Alten Testament und der durch das „Ibiza-Video“ ausgelösten innenpolitischen Krise in Österreich.

Beide zeigen unliebsame und unschöne Inhalte, die verstören und verunsichern. In beiden Fällen gebe es die Tendenz, die Boten der schlechten Nachricht zu „geißeln“ oder mit Spekulationen und Pauschalisierung vom eigentlichen Problem abzulenken, so die Theologin auf der theologischen Feuilleton-Seite feinschwarz.net.

Weder Bibel noch Medien oder Enthüller seien „schuld“ an den negativen Inhalten, sondern lediglich deren Überbringer und Aufdecker, betonte Birnbaum. Es sei „wichtig zu sehen, wozu einzelne Politiker in Österreich imstande sind“, wie im aktuellen „Ibiza-Video“. Darin werde gezeigt, was sich „Menschen ausdenken, wenn sie Macht um jeden Preis haben möchten“, meinte die Wiener Bibelwissenschaftlerin. Der Versuch, den Enthüllern nun die Schuld an der politischen Krise zu geben, sei „unredlich“.

Vorurteile gegenüber dem Alten Testament

Die Veröffentlichung des kompromittierenden Videomaterials löse bei manchen Frustration aus, die wiederum zu Pauschalurteilen über „alle Politiker“ führe. Ähnliche Vorurteile gebe es auch gegenüber dem Alten Testament, das als weniger fortschrittlich oder gewalttätiger als das Neue Testament dargestellt werde. „Beides ist sachlich unrichtig und entstammt einer jahrhundertelangen christlichen antijüdischen Polemik“, schreibt die Bibelwissenschaftlerin.

„Es war wichtig zu sehen, wozu einzelne Politiker in Österreich imstande sind. Es war richtig darüber zu sprechen. Und obwohl ein Blick in menschliche Abgründe deprimiert, ist es notwendig hinzusehen und sie zur Kenntnis zu nehmen“, so Birnbaum.

Der Blick in die menschlichen Abgründe, vor der auch die Bibel ihre Leser nicht verschone, sei "notwendig. Eine „Weil nicht sein kann, was nicht sein darf“-Mentalität sei der Bibel fremd. So könne man im Alten Testament von „blutrünstigen Details“, wie Mord, Totschlag und Vergewaltigung, lesen, erklärte die Expertin. Gewalt, Konkurrenzkampf und Machtgier würden aber zur Geschichte der Menschheit gehören. Unbeschönigte Nachrichten darüber würden zwar „deprimieren“, aber nur das Sprechen über das Böse könne dessen Machtstrukturen aufdecken und Probleme lösen, meinte Birnbaum.

releigion.ORF.at/KAP

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