Erzbischof bekräftigt Vorwürfe gegen Papst

Der frühere Papst-Botschafter in den USA, Erzbischof Carlo Maria Vigano (78), hat Vertuschungsvorwürfe gegen Papst Franziskus bekräftigt. Dass dieser nichts von den Verfehlungen eines Ex-Kardinals gewusst habe, sei eine „offensichtliche Lüge“.

Zugleich hält er ihm mangelnden Willen zur Aufklärung des Missbrauchsskandals um den mittlerweile vom Papst aus dem Klerikerstand entlassenen Ex-Kardinal Theodore McCarrick (88) vor. So sei die vom Vatikan angekündigte Untersuchung der Affäre um den früheren Erzbischof von Washington nur ein „leeres Versprechen“, denn die Offenlegung der entsprechenden Dokumente, sofern überhaupt noch vorhanden, wäre für den Papst „desaströs“, zitierte die „Washington Post“ (Dienstagausgabe) aus einem Schriftwechsel mit Vigano.

Papst „offensichtlichen Lügens“ bezichtigt

Die jüngsten Äußerungen des Papstes in einem Interview mit dem mexikanischen Sender Televisa, er habe jahrelang nichts von McCarricks Verfehlungen gewusst und könne sich an ein Gespräch mit Vigano darüber nicht erinnern, bezeichnet dieser als „offensichtliche Lügen“. Vigano, der von 2011 bis 2016 Nuntius, also Papstbotschafter in Washington war, wiederholte, er habe Franziskus schon im Juni 2013 über McCarricks Übergriffe informiert.

Papstkritiker Erzbischof Carlo Maria Vigano

Reuters/Stringer

Carlo Maria Vigano hat Vertuschungsvorwürfe gegen Papst Franziskus bekräftigt

In einem elfseitigen Schreiben hatte Vigano im August 2018 berichtet, Papst Benedikt XVI. (2005-2013) habe seinerzeit strenge Sanktionen gegen McCarrick verhängt und ihm ein Leben in Gebet und Buße auferlegt. Papst Franziskus habe dies jedoch 2013 wieder aufgehoben und McCarrick zu einem seiner Berater gemacht, obwohl er von Vigano über die Vergehen McCarricks informiert worden sei. Der Erzbischof forderte in seinem damaligen Schreiben Papst Franziskus und mehrere Kardinäle zum Amtsverzicht auf.

McCarrick aus Klerikerstand entlassen

Der Vatikan wies die Vorwürfe damals zurück. Zwar habe es Anweisungen an McCarrick gegeben, er solle wegen Vorwürfen früheren sexuellen Fehlverhaltens mit erwachsenen Seminaristen ein zurückgezogenes Leben führen. Dies seien aber keine förmlichen Sanktionen gewesen, die Franziskus aufgehoben habe. Im Spätsommer vergangenen Jahres hatte der Vatikan eine interne Untersuchung zu der Affäre angekündigt.

McCarrick, Washingtoner Erzbischof von 2000 bis 2006, wird beschuldigt, Minderjährige missbraucht und sexuelle Übergriffe auf Priesterseminaristen begangen zu haben. Im Juli 2018 hatte der Papst ihn nach öffentlichem Bekanntwerden glaubhafter Vorwürfe aus dem Kardinalskollegium ausgeschlossen und im Februar 2019 sogar aus dem Klerikerstand entlassen. Dies hätte er jedoch schon fünf Jahre früher tun müssen, so Vigano, der seine Rücktrittsforderung an den Papst, sofern dieser nicht bereue, gegenüber der „Washington Post“ erneuerte.

Vigano: Homosexualität Ursache für Missbrauch

Als Hauptgrund für die Missbrauchsskandale in der Kirche bezeichnet Vigano erneut die verbreitete Homosexualität im Klerus. So gebe es unter Bischöfen bis hinauf in die Kirchenspitze eine „schwule Mafia“, die Missbrauch vertuscht und sich gegenseitig gedeckt habe. Franziskus tue aber „so gut wie nichts“ gegen das System der Vertuschung durch homosexuelle Netzwerke. Der internationalen Presse wirft der Italiener vor, den Papst zu schonen, um dessen liberale Agenda in Fragen der katholischen Lehre nicht zu gefährden.

Das aktuelle Interview in der „Washington Post“ ist Ergebnis einer zweimonatigen Korrespondenz zwischen der Zeitung und Vigano. Der Missbrauchsskandal wird ein zentrales Thema bei der dieswöchigen Vollversammlung der US-Bischöfe bis Freitag in Baltimore sein.

religion.ORF.at/KAP/KNA

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