Schönborn: „Überbordende Nutzung digitaler Medien“

In seiner Predigt im Rahmen der Fronleichnamsprozession am Donnerstag hat Kardinal Christoph Schönborn vor einer „immer größeren Zerstreuung“ durch die „überbordende Nutzung digitaler Medien“ gewarnt.

Die Konzentration auf die Eucharistie, die beim Hochfest Fronleichnam, das an diesem Donnerstag gefeiert wird, im Mittelpunkt steht, lehre zugleich eine „liebende Aufmerksamkeit“, mit der man auch dem Mitmenschen begegnen sollte, sagte der Wiener Erzbischof bei einer Ansprache bei der traditionellen Fronleichnamsprozession am Michaelerplatz in der Wiener Innenstadt. Die Nutzung von Medien verhindere einen „klaren Blick auf die Realität“. Ein solcher Blick, der den Mitmenschen in den Mittelpunkt rückt, sei nur durch Einübung und Konzentration möglich.

Fronleichnamsprozession auf dem Stephansplatz, 2018

Kathpress/Henning Klingen

Fronleichnamsprozession auf dem Stephansplatz (Bild von Fronleichnam 2018)

Familie und Politik ohne „Foul“

Einmal mehr rief Schönborn im Rahmen seiner Ansprache auch zu einem „fairen Wahlkampf ohne Fouls“ auf: Weder im Sport noch in der Familie oder in der Politik sollte das „Foul“ einen Platz haben - vielmehr solle „Fairness“ die Grundlage von allem sein, appellierte der Wiener Erzbischof an Vertreter von Politik und Gesellschaft. „Auch der politische Gegner ist ein Mensch, ein Du mit einer Geschichte, mit Wunden und Gaben“, so Schönborn weiter. Daher sei es geboten, diesem mit Achtung entgegenzutreten.

Mit ähnlichen Worten hatte sich Schönborn bereits tags zuvor in einem Interview mit Kathpress zum Abschluss der Sommervollversammlung der Bischofskonferenz in Mariazell zu Wort gemeldet und auf einen fairen Wahlkampf „ohne Fouls und Fake-News und hoffentlich in einer behutsamen Sprache“ gedrängt - mehr dazu in Nationalratswahl: Bischöfe fordern fairen Wahlkampf.

Sorge über Mediennutzung

Besorgt zeigte sich Schönborn bei seiner Ansprache am Wiener Michaelerplatz außerdem über die Folgen der intensiven Nutzung digitaler Medien: „Wir sind kaum mehr in der Lage, uns zu sammeln, weil wir ständig zerstreut werden, vor allem durch die digitalen Medien“, so der Kardinal. In der U-Bahn würden Menschen nur noch auf ihre Smartphones blicken und kaum mehr miteinander reden. Insofern seien digitale Medien geradezu „eine Krankheit“ mit unabsehbaren gesellschaftlichen Folgen.

Fronleichnam

Das Wort Fronleichnam ist vom mittelhochdeutschen „vron“ (Herr) und „lichnam“ (Leib) abgeleitet. Katholikinnen und Katholiken bezeugen ihren Glauben an die bleibende Gegenwart Jesu Christi im Sakrament der Eucharistie. Als sichtbares Zeichen dafür wird eine Hostie in der Monstranz durch die Straßen getragen.

An der Prozession hatten unter anderem der neue Nuntius in Wien, Erzbischof Pedro Lopez Quintana, der vormalige Kanzleramtsminister Gernot Blümel, der EU-Abgeordnete Lukas Mandl sowie der Vorsteher des 1. Wiener Bezirkes, Markus Figl (ÖVP), teilgenommen. Die Route führte im Anschluss an einen Festgottesdienst im Stephansdom zunächst über die Kärntnerstraße, vorbei an der Augustiner- und der Josefskirche zum Michaelerplatz. Von dort ging es weiter über den Kohlmarkt zur Peterskirche und wieder zum Stephansdom, wo die Prozession schließlich gegen Mittag endete.

Krautwaschl: Fest lehrt Wahrnehmung der Wirklichkeit

Auf den umfassenden und den Blick weitenden Charakter des Fronleichnamsfestes haben auch der Grazer Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl und der Kärntner Diözesanadministrator Engelbert Guggenberger hingewiesen: Christus als „Quelle des Lebens“ zu bekennen bedeute, die Wirklichkeit in ihrer ganzen Vielfalt - „in Freud und Leid, in Hoffnungen und Sorgen der Menschen von heute, vor allem der Armen und Bedrängten“ - wahrzunehmen, so Bischof Krautwaschl.

Der Kärntner Diözesanadministrator Guggenberger sagte indes bei einer Fronleichnamsfeier der Klagenfurter Stadtpfarren am Klagenfurter Domplatz mit anschließender Prozession vom Klagenfurter Dom zur Stadthauptpfarrkirche St. Egid, dass die Prozession mit der Monstranz ein Symbol dafür sei, dass es „noch eine andere Wirklichkeit gibt, als diejenige, die man sehen, messen oder auch manipulieren kann“. Das Bekenntnis zu diesem „mehr“ sei zugleich ein Protest gegen die Verzweckung und Instrumentalisierung menschlichen Lebens, so Guggenberger.

Scheuer: Weder „Totenkult“ noch „Heldenfeier“

Wenn zu Fronleichnam die Eucharistie - das Geheimnis von Leib und Blut Jesu Christi - in den Mittelpunkt gerückt werden, so meint das weder einen „Totenkult“ noch eine „Heldenfeier“, vielmehr lehrt dieser Feiertag, den Alltag mit all seinen Mühen und seiner Durchschnittlichkeit zu heiligen: Das sagte der Linzer Diözesanbischof Manfred Scheuer in seiner Predigt am Fronleichnamstag.

In dem Maße, wie Fronleichnam den Blick auf das Brot lenke, lenke das Fest den Blick auf „die ganze Mühe, den Schweiß der menschlichen Arbeit“ und den Alltag - „das tägliche gemeinsame Essen, das Mahl-Halten“. All dies stecke „im Brot, das Jesus nimmt“, so Scheuer. „Mit der Eucharistie heiligt Jesus den Alltag“ in all seiner unscheinbaren Gewöhnlichkeit. Auf der anderen Seite sei heute vielfach in Vergessenheit geraten, dass das Brot stets als „heilig“ galt - über Generationen wurde es nicht nur etwa vor dem Anschnitt gesegnet, sondern auch mehr als Gabe denn als bloßes Konsummittel betrachtet, so Scheuer.

Indem in der Liturgie die Gaben von Brot und Wein als Frucht der Erde gefeiert werden, komme damit außerdem die Schöpfung und ihre weltweite Bedrohung in den Blick: „Die berechtigten Sorgen wegen des ökologischen Zustands, in dem sich die Schöpfung in vielen Teilen der Erde befindet, kann Trost schöpfen aus der Perspektive der christlichen Hoffnung, die uns verpflichtet, verantwortlich für die Bewahrung der Schöpfung zu arbeiten.“

religion.ORF.at/KAP

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