Nuntius: Gerüchte können wahr sein - oder nicht

Der neue Botschafter des Vatikans in Österreich, Pedro Lopez Quintana, sorgt mit manchen seiner Äußerungen für Aufsehen. In der Causa um Bischof Alois Schwarz sagte er, Gerüchte könnten wahr sein oder auch nicht.

Die Aufgabe eines Nuntius ist es, als akkreditierter Botschafter die Interessen des Papstes und des Vatikans in den Ortskirchen Österreichs zu vertreten. Eine wesentliche Rolle spielt er auch bei Bischofsernennungen. Deshalb sorgten unter anderem Äußerungen Lopez’ am Wochenende in der „Presse“, wonach die Versetzung des Kärntner Bischofs Alois Schwarz wegen Ungereimtheiten in der personellen und wirtschaftlichen Führung eine „Beförderung“ gewesen sei, für Unverständnis und Unmut - mehr dazu in kaernten.ORF.at

Gurk: Kirche urteilt nach Fakten

„Eine meiner ersten Aufgaben ist es, so schnell wie möglich einen neuen Bischof für die Diözese Gurk zu finden.“ Vergangene Woche war Lopez bei der Vollversammlung der Österreichischen Bischofskonferenz in Mariazell, wo er die Bischöfe kennen lernte. Zur Causa Schwarz sagte der apostolische Nuntius in einem ersten längeren Interview Interview mit dem Ö1-Religionsmagazin „Praxis - Religion und Gesellschaft“ am Mittwoch, die Entscheidung über die Situation liege in Rom.

Nuntius Erzbischof Pedro Lopez Quintana

Maria Harmer

Der neue vatikanische Botschafter in Österreich, Pedro Lopez Quintana

Bezüglich der Vorwürfe gegen Schwarz und der Untersuchungen dazu sagte er, wenn es Gerüchte gebe, „dann können sie auch wahr sein. Oft stehen hinter Gerüchten aber auch spezielle Interessen und Manipulationsversuche. Daher urteilt die Kirche nicht auf Basis von Gerüchten, sondern von Fakten“, so Lopez und verwies auf ein spanisches Sprichwort:

Von politischer Krise überrascht

In den Tagen rund um seine Ankunft in Wien wurde Österreich von der „Ibiza-Video-Affäre“ und der nachfolgenden Regierungskrise erschüttert. Lopez war davon überrascht, sagte er. „Ich hatte mir eine gewisse politische Ruhe erwartet. Dann kam die Krise. Aber für mich war erfreulich zu sehen, wie schnell Österreich die Krise gemeistert hat.“ Der Präsident habe Ruhe ausgestrahlt und man habe schnell eine politische Lösung gefunden, die von allen akzeptiert werde, so der Nuntius.

„Incognito“ durch Österreich

Lopez schwärmt von Österreich und der Kulturmetropole Wien. Er wolle so rasch wie möglich das Land besser kennenlernen und seine Deutschkenntnisse auffrischen. Und er plane „viele Reisen incognito“, denn wenn er offiziell irgendwo hinkomme, dann seien die Dinge nicht immer ganz real, nicht so wie sie wirklich sind, sondern immer irgendwie geschönt. „Wie eine Frau, die sich für ein Fest schminkt“, sagte Lopez.

Sendungshinweis

„Praxis - Religion und Gesellschaft“, 26.6.2019, 16.05 Uhr, Ö1.

Daher versuche er, wo er noch recht unbekannt sei, sich unter die Leute zu mischen. „Ich besuche auch Gottesdienste, rede mit Menschen, damit ich sie und ihre Situation besser kennenlernen kann. Wenn man die Menschen in ihrem Umfeld sieht, dann versteht man sie und einige Dinge einfach besser“, so Lopez.

Und auch die Nuntiatur als Haus des Papstes selbst solle den Menschen offen stehen, wünscht sich der gebürtige Spanier. „Die Menschen sollen wissen, dass ihnen dieses Haus für ihre Anliegen offensteht.“

Kein Priestermangel in Österreich

Dass sich viele Verantwortliche in Österreich Sorgen in Bezug auf die Zahl der Priester machten und Pfarren bereits neu organisiert und zusammengelegt würden, kann er nicht ganz nachvollziehen. Im Vergleich zu anderen Ländern gebe es eigentlich viele Priester hier. Allerdings könne es sein, dass „sie nicht ideal eingesetzt sind, zu viel mit Verwaltungsaufgaben beschäftigt und zu wenig als Seelsorger tätig sind“.

Man müsse sie von der Bürokratie befreien und mit der Pastoral beauftragen, wie es auch Papst Franziskus vorgeschlagen habe: „Dass sie die Büros verlassen und mehr hinaus aufs Land gehen sollen.“ Doch auch auf diesem Gebiet möchte sich der neue Nuntius noch intensiv einarbeiten.

92. Vatikan-Botschafter

Vor knapp zwei Wochen überreichte der spanische Erzbischof in der Präsidentschaftskanzlei in der Wiener Hofburg Bundespräsident Alexander Van der Bellen sein Beglaubigungsschreiben. Der 65-jährige Erzbischof ist seit der ersten Akkreditierung eines Päpstlichen Nuntius im Jahr 1529 der 92. Vertreter des Heiligen Stuhls in Wien. Dass Papst Franziskus ihn gebeten hat, nach Österreich zu kommen, war für ihn „eine Überraschung, eine Freude und eine Herausforderung“.

Lopez wurde im nordspanischen Barbastro geboren, promovierte im Fach Kirchenrecht und ist seit 35 Jahren im diplomatischen Dienst des Vatikans. Er war unter anderem auf den Philippinen, in Indien, Madagaskar, Nepal und Kanada tätig und vor seiner Berufung nach Österreich Nuntius in Litauen, Estland und Lettland.

Maria Harmer und Nina Goldmann, religion.ORF.at

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