Schönborn: Behutsam über die Kirche urteilen

Kardinal Christoph Schönborn hat am Donnerstagabend im Wiener Stephansdom dazu aufgerufen, im Urteil über andere wie auch über die Kirche behutsam zu sein.

Im Leben jedes Menschen gebe es ebenso wie auch in der Kirche „viele Brüche, Risse und Ungereimtheiten“, und oft treffe das biblische Bild von den Stürmen und Wassermassen, die auf ein Haus eindringen, zu.

Trotz ihrer Fehler stehe die Kirche jedoch auf festem Fundament - „da sie nicht auf Petrus gebaut ist, sondern auf dem Glauben des Petrus, der uns eint und auf dem auch unser Lebenshaus stehen soll“, sagte der Wiener Erzbischof am Donnerstagabend im Wiener Stephansdom.

Festgottesdienst zu Ehren von Papst Franziskus

Anlass von Schönborns Äußerung war ein Festgottesdienst zum sechsten Jahrestag der Wahl von Papst Franziskus, der traditionell zum Kirchenfest Peter und Paul (29. Juni) gefeiert wird.

Das Pontifikalamt wurde geleitet vom neuen Papstbotschafter, Erzbischof Pedro Lopez Quintana, der Stunden zuvor zu seinem ersten offiziellen Empfang in der Nuntiatur in Wien geladen hatte.

Neben zahlreichen Bischöfen, Äbten, Priestern und Seminaristen begrüßte Schönborn auch die Vertreter der Ökumene, darunter den neu geweihten armenisch-apostolischen Erzbischof Tiran Petrsoyan, sowie als Spitzenvertreterin der Politik Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein.

Situation der Diözese Gurk-Klagenfurt

Gleich zweimal - bei der Begrüßung und der Predigt - kam Schönborn auf die Situation der Diözese Gurk-Klagenfurt und auf deren am Donnerstag gefeierte Diözesanpatronin Hemma von Gurk zu sprechen.

Die Kirche in Kärnten erlebe „nicht einfache Zeiten“, betonte der Kardinal. Viele fragten sich angesichts des weiter schwelenden Konflikts, was mit der Kirche los sei, es gebe auch viele Kirchenaustritte. Dies verwundere nicht, bekannte Schönborn; es gebe hier auch „nichts zu beschönigen“.

Grund zur Zuversicht

Christen hätten dennoch Grund zur Zuversicht, erklärte der Wiener Erzbischof mit einem Verweis auf Abraham. Diesen habe Gott zum Stammvater des Glaubens gemacht, obwohl er in der Genesis-Erzählung „nicht von vornhinein heilig, sondern voll Menschlichkeit“ gezeigt werde und alle Spannungen im Leben in sich vereine.

Ähnlich habe sich auch der Apostel Petrus „oft nicht felsenhaft benommen“ und Jesus verleugnet. „Dennoch hat ihm Jesus viel anvertraut.“ Das Gebet für Papst Franziskus sei von hoher Wichtigkeit, „weil auch er nur ein Mensch ist“, sagte Schönborn.

Nuntius dankt für Aufnahme

Am Ende der Messe ergriff auch Vatikan-Botschafter Lopez Quintana das Wort auf Deutsch und bedankte sich für die herzliche Aufnahme, die er als neuer Nuntius in Österreich bereits erfahren habe, sowie auch für den ersten gemeinsamen Gottesdienst mit den Bischöfen und anderen Kirchenvertretern im Wiener Stephansdom.

Als besonders große Freude bezeichnete Lopez, dass auch die Regierungschefin Bierlein mitgefeiert habe: „Ich will für die Bundeskanzlerin und für ihr Kabinett beten“, versprach der Nuntius. Seinerseits forderte er die Gläubigen auf, zum Pontifikats-Gedenktag für Papst Franziskus zu beten. „Und wenn sie noch Zeit haben, auch für mich.“

religion.ORF.at/KAP