Papst nahm Rücktritt von Vatikan-Sicherheitschef an

Papst Franziskus hat am Montag den Rücktritt des vatikanischen Sicherheitschefs Domenico Giani angenommen. Giani war wegen der sogenannten Steckbriefaffäre unter Druck geraten. Sein Nachfolger wurde am Dienstag bekanntgegeben.

Laut vatikanischem Presseamt am Montagnachmittag übernimmt demnach der 57-Jährige die Verantwortung für die jüngste Veröffentlichung einer internen Dienstanweisung an die Mitglieder der vatikanischen Gendarmerie sowie der Päpstlichen Schweizergarde.

Darin ging es um die Verhängung eines Zutrittsverbots bzw. um die Suspendierung für vier Mitarbeiter des vatikanischen Staatssekretariats und den Direktor der Finanzaufsicht AIF im Zuge von Ermittlungen der vatikanische Staatsanwaltschaft zu verdächtigen und verlustreichen Immobilientransaktionen in London. Die Liste mit Namen und Fotos der Verdächtigten war im italienischen Magazin „L’Espresso“ als Faksimile erschienen.

Neuer Sicherheitschef ernannt

Der bisherige Vizekommandant Gianluca Gauzzi Broccoletti wird neuer Chef der vatikanischen Gendarmerie, wie der Vatikan am Dienstag mitteilte. Broccoletti gehört der vatikanischen Gendarmerie seit 1995 an. Dort war der studierte Ingenieur für Sicherheits- und Schutztechnik seit 1999 für den Ausbau und die Weiterentwicklung der Sicherheitsstrukturen einschließlich der Internet-Sicherheit verantwortlich. Zudem hatte Broccoletti den Vatikanangaben zufolge die Sicherheitskonzepte für das Konklave bei den Papstwahlen 2005 und 2013 ausgearbeitet.

Die Päpste Johannes Paul II. (1978-2005), Benedikt XVI. (2005-2013) und Franziskus begleitete er auf mehreren Reisen. Seit 2010 gehört der aus Gubbio bei Perugia stammende Broccoletti zum Operativen Sicherheitsstab der Gendarmerie, den er seit 2017 leitet. Im vergangenen Jahr wurde er zum Vizekommandanten ernannt.

„Keine persönliche Verantwortung“

Der Vatikan betonte am Montag in einer ungewöhnlich ausführlichen Rücktrittsmitteilung, Giani treffe „keinerlei persönliche Verantwortung“. Wer die interne Dienstanweisung nach außen getragen habe, sei nach wie vor nicht bekannt. Giani nimmt demnach seinen Hut, um eine „geordnete Fortsetzung der Ermittlungen“ sicherzustellen.

Der langjährige vatikanische Sicherheitschef Domenico Giani mit Papst Franziskus

APA/AFP/Vincenzo Pinto

Domenico Giani (Mitte) war für das Sicherheitskonzept im Vatikan verantwortlich

Papst Franziskus habe sich nach Vatikanangaben lange mit dem bisherigen Sicherheitschef unterhalten und ihm „seine Wertschätzung für diesen Schritt“ ausgedrückt. Franziskus betonte zudem die „nicht in Zweifel stehende Treue und Loyalität“ seines ehemaligen Sicherheitsverantwortlichen.

Papst: Dokumenten-Weitergabe „Todsünde“

Dass die Dienstanweisung an die Öffentlichkeit weitergegeben wurde, hatte den Papst nach Angaben des Portals Vatican News erbost. Franziskus hatte das Vorgehen mit einer „Todsünde“ verglichen, „denn es verletzt die Menschenwürde und die Unschuldsvermutung“.

Auch der Rücktritt Gianis war durch Indiskretionen vorab verbreitet worden. Am Sonntag holte der Polizeichef seine Mannschaft zusammen und bat sie, bis zur offiziellen Mitteilung Schweigen zu bewahren. Montagfrüh fand sich sein Appell in italienischen Zeitungen.

Für gesamtes Sicherheitskonzept verantwortlich

Giani war 1999 nach beruflichen Stationen bei der italienischen Finanz- und Justizpolizei sowie beim Inlandsgeheimdienst zum Vatikan gekommen. 2006 übernahm er die Leitung der Gendarmerie. Als Direktor der Sicherheitsdienste und des Katastrophenschutzes im Vatikanstaat war er für das gesamte Sicherheitskonzept verantwortlich, diente aber auch als Personenschützer des Papstes, unter anderem bei rund 70 Auslandsreisen des Kirchenoberhaupts.

Seine freundlichste Rolle spielte Giani, wenn er bei Fahrten des Papstes im Papamobil Kleinkinder aus der Menge zum Papst brachte, damit dieser sie segnen kann. Er erfüllte seinen Dienst auch schon unter Benedikt XVI.

Dass der zweifache Familienvater auch schnell und hart zupacken kann, zeigte er zu Weihnachten 2009, als eine Schweizerin beim Einzug des Papstes zur Christmette die Absperrung übersprang. Giani brachte die Frau zu Boden, im Dominoeffekt stürzte allerdings ein 87-jähriger Kardinal und zog sich einen Oberschenkelhalsbruch zu.

religion.ORF.at/KAP

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