Missbrauch: Scharfe Kritik an Film über Benedikt XVI.

Von „manipulativ“ bis hin zu „brutaler Geschichtsfälschung“ – die Kritik an dem neuen Film über Benedikt XVI. und seinem Umgang mit Missbrauch reißt nicht ab. Die Deutsche Bischofskonferenz bezeichnete die Doku „Verteidiger des Glaubens“ nun auch als „unseriös“.

In dem Film wird Benedikt vorgeworfen, nicht genug gegen den sexuellen Missbrauch in der Kirche getan zu haben. Der Regisseur Christoph Röhl wirft dem früheren Papst vor, es sei ihm in erster Linie um das Ansehen der Kirche und nicht um den Schutz der Opfer gegangen. „Der Film zeichnet insgesamt ein stark verzerrtes Bild von Kardinal Joseph Ratzinger/Benedikt XVI.“, sagte der Sprecher der Bischofskonferenz, Matthias Kopp, am Donnerstag in Bonn.

Treffen mit Opfern kommen nicht vor

Kopp bezeichnete dies als „fehlerhafte Interpretation“. Benedikt sei als Papst und davor als Kardinal und Chef der römischen Glaubenskongregation immer „eine treibende Kraft gegen Missbrauch“ gewesen, konkret etwa bei der Schaffung einer speziellen Strafkammer in der Kongregation. Auch bei der Entfernung von mehr als 380 Tätern aus dem Priesterstand habe er eine wichtige Rolle gespielt.

Vor allem sei es Benedikt gewesen, der sich als erster Papst überhaupt auf mehreren Reisen mit Opfern des sexuellen Missbrauchs getroffen habe, insbesondere 2011 in Erfurt. „Dieser Umstand wird verschwiegen, was den Film unseriös macht“, kritisierte Kopp. Es sei bedauerlich, dass hier die Chance vertan worden sei, ein zwar kritisches, aber differenziertes Porträt des heute 92-Jährigen zu zeichnen.

Papst Benedikt XVI. verlässt nach einer Generalaudienz seinen Stuhl und kehrt der Kamera den Rücken

REUTERS/Stefano Rellandini

Der Film wirft Benedikt Tatenlosigkeit bei Missbrauchsfällen vor

Publizist: „brutale Geschichtsfälschung“

In einem Interview mit der katholischen Wochenzeitung „Die Tagespost“ bezeichnete der Münchner Publizist und Ratzinger-Kenner Peter Seewald die Regiearbeit von Christoph Röhl kürzlich als „Sammlung von Polemiken, Halb- und Unwahrheiten“. Sie sei „als Diskussionsbeitrag nicht ernst zu nehmen“.

Eine „brutale Geschichtsfälschung“ sei auch, Ratzinger dafür verantwortlich zu machen, dass „die scheußlichen Taten des Gründers der Legionäre Christi nicht aufgedeckt werden konnten“. Ratzinger habe Marcial Maciel zwar spät, aber „quasi im Alleingang“ zu Fall gebracht. Der Publizist erklärte, dass nicht alle Maßnahmen des deutschen Papstes getroffen hätten. Gerade im Vergleich zu seinem Nachfolger sei sein Krisenmanagement aber „nicht so schlecht“ gewesen.

Theologe Schaller: Film „manipulativ“

Auch der bayerische Theologe Christian Schaller, stellvertretender Direktor des Instituts Papst Benedikt XVI. in Regensburg, bewertete den Film als „tendenziös und manipulativ“, dies widerspreche dem Anspruch einer Dokumentation. Die Person Joseph Ratzinger werde in einer Weise dargestellt, die nicht mit der Realität übereinstimme. Das liege daran, dass der Regisseur mit dem Vorsatz an sein Thema herangegangen sei, Benedikt als „Komplizen der Missbrauchstäter“ darzustellen.

Schaller wies darauf hin, dass Ratzinger bereits in den 1980er Jahren die Schwächen des bis dahin praktizierten Umgangs mit Missbrauch in der Kirche gesehen habe. Er habe die Grundlagen für ein härteres kirchenrechtliches Vorgehen gegen die Täter geschaffen. Diese und andere wesentliche Fakten habe der Film ausgelassen.

Schönborn verteidigte Ratzinger

Vor einigen Tagen hatte sich auch Kardinal Christoph Schönborn zu Wort gemeldet und die Darstellung Ratzingers kritisiert. Wer behauptet, der frühere Kurienkardinal Joseph Ratzinger habe sich dem Thema nicht gestellt, „der kennt die Fakten nicht“, sagte Schönborn.

Benedikt war 2013 von seinem Amt zurückgetreten. Die Dokumentation „Verteidiger des Glaubens“ läuft seit Donnerstag in deutschen Kinos. Der Österreich-Start des Films ist noch nicht bekannt.

religion.ORF.at/KAP/KNA/dpa

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