Islamische Glaubensgemeinschaft feiert 40 Jahre

Mit einem Festakt am Sonntag im Wiener Rathaus feiert die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) ihre Gründung als Körperschaft öffentlichen Rechts vor 40 Jahren.

Der Islam, als in Österreich zweitgrößte staatlich anerkannte Religionsgesellschaft mit geschätzten 500.000 Gläubigen, blickt freilich auf eine längere Geschichte zurück: Bereits 1912 erfolgte die gesetzliche Anerkennung vor dem Hintergrund der Annexion von Bosnien-Herzegowina in der Habsburgermonarchie. 2015 wurde das Islamgesetz erneuert.

Durch den Zuzug von Gastarbeitern ab den 1960er Jahren vergrößerte sich die Glaubensgemeinschaft so sehr, dass sie eine Aktualisierung ihrer Anerkennung beantragte, was 1979 erfolgte und die Errichtung der IGGÖ im selben Jahr ermöglichte.

„Neue Ära des europäischen Islam“

An der Spitze der IGGÖ steht seit Dezember 2018 Ümit Vural. Der amtierende IGGÖ-Präsident mit kurdisch-türkischen Wurzeln tritt für „eine neue Ära“ des europäischen Islam in Österreich, wie er im „Standard“-Interview (Freitagausgabe) im Vorfeld der Jubiläumsfeier ausführte.

Minarett der Moschee am Hubertusdamm in Wien 22.

APA/Herbert Neubauer

Die IGGÖ feiert heuer ihr 40-jähriges Bestehen

Die vergangenen 40 Jahre seinen durch den Slogan „Integration durch Partizipation“ geprägt gewesen, fortan solle das Leitwort „Einheit in Vielfalt. Stärke im Zusammenhalt. Der österreichische Weg zu einer europäischen muslimischen Identität“ gelten, so Vural. „Ich bin österreichisch und muslimisch, denn ich bin europäisch muslimisch“, sagte der IGGÖ-Präsident.

Österreichisch-muslimische Identität

Das bedeute nicht, dass man keine Bindung zum Herkunftsland hat, wo auch Familie ist, „aber ich stehe zu diesem Land, zu Österreich, dazu, dass es meine Heimat ist, meine Gemeinschaft“. Muslime hätten es nicht verdient, als das ewig Fremde in Österreich gesehen zu werden. „Der Islam ist eine einheimische Religion“, betonte Vural.

Es sei ihm bewusst, dass es noch sehr viel zu tun gäbe, damit die feststellbaren Vorbehalte gegenüber Muslime abgebaut werden können. Dabei gehe es nicht darum, den Islam an sich oder den Koran zu ändern, sondern die Art und Weise wie Muslime ihren Glauben leben sowie um mehr Offenheit.

Multiethnische Moscheen brauchen deutsche Sprache

„Ich vermittle unseren Imamen, dass unsere Welt nicht nur mehr aus unseren Moscheen besteht, sondern wir eine Verantwortung unseren Mitmenschen gegenüber haben. Daher brauchen wir bessere Nachbarschaftsbeziehungen, wir müssen die Sprache beherrschen“, so Vural in dem Interview.

Dies gelte auch für die heimischen Moscheen. Zwar werde dort noch nicht mehrheitlich auf Deutsch gepredigt, aber die Moscheen würden multiethnischer werden. „Wenn das so ist, dann muss der Imam die deutsche Sprache beherrschen. Eines Tages werden wir nur mehr Deutsch sprechen.“

„Kopftuch eher Angebot als Gebot“

Im Blick auf das Tragen eines Kopftuchs sollten sich Muslime in Österreich nicht von religiösen Weisungen aus dem Ausland leiten lassen, so Vural, der auf eigene theologische Fachleute setzt. Dieser Rat habe beschieden, „dass das Kopftuch eine Glaubenspraxis ist, aber wir treten für das Selbstbestimmungsrecht der Frau ein. Das ist kein Gebot, sondern eher ein Angebot.“

IGGÖ-Präsident Ümit Vural

APA/Herbert Pfarrhofer

IGGÖ-Präsident Ümit Vural sieht eine „neue Ära des europäischen Islam“

Nachdenken über Moscheen-Steuer

Zukunftsfähig will der Islam in Österreich auch durch eine bessere finanzielle Absicherung aus dem Inland werden. Die IGGÖ diskutiere daher intern über die Einführung einer Moschee-Steuer, wie ihr Präsident im Interview mit der „Tiroler Tageszeitung“ (Freitag-Ausgabe) bestätigte. Die angedachte Abgabe, die dem Kirchenbeitrag der Katholiken gleichkomme, solle Imamen eine finanzielle Sicherheit geben - mehr dazu in IGGÖ diskutiert „Moschee-Steuer“.

Bis zum Inkrafttreten des neuen Islamgesetzes war es üblich, dass nicht nur Imame, sondern auch Moschee aus dem Ausland finanziert wurden, was inzwischen verboten ist. Demnach hat laut Gesetz „die Aufbringung der Mittel für die gewöhnliche Tätigkeit zur Befriedigung der religiösen Bedürfnisse ihrer Mitglieder durch die Religionsgesellschaft, die Kultusgemeinden bzw. ihre Mitglieder im Inland zu erfolgen“. Derzeit finanziert sich die IGGÖ daher über Spenden und Mitgliedsbeiträge.

Die Jubiläumsfeier der IGGÖ findet am Sonntagnachmittag im Festsaal des Wiener Rathauses statt. Ihr Kommen zugesagt haben u.a. Bundespräsident Alexander Van der Bellen und der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ).

religion.ORF.at/KAP

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