Verwirrung um Benedikt als Koautor von Zölibat-Buch

Der frühere Papst Benedikt XVI. hat sich von der Autorenschaft an dem Buch über Priestertum und Zölibat distanziert, das Kardinal Robert Sarah herausgegeben hat. Es handle sich um ein Missverständnis, so Benedikts Privatsekretär Erzbischof Georg Gänswein.

Das Buch war als Affront des ehemaligen Papstes gegenüber seinem Nachfolger Franziskus gewertet worden. Dieser will in Kürze ein postsynodales Schreiben veröffentlichen, in dem es auch um die Ehelosigkeit von Priestern gehen soll. Dass sich der frühere Papst noch vor dem amtierenden Katholikenoberhaupt zu so einem heiklen Thema äußerte, werteten Theologen und Kirchenexperten als Grenzüberschreitung. Denn Benedikt hatte nach seinem Rücktritt im Februar vor sieben Jahren Zurückhaltung und ein stilles Leben im Gebet gelobt.

Gänswein: Missverständnis

Gänswein sagte der katholischen Nachrichtenagentur Kathpress am Dienstag in Rom, er habe auf Bitten des emeritierten Papstes Sarah, der Präfekt der Kongregation für den Gottesdienst ist, Dienstagfrüh angerufen, damit dieser beim Verlag die Entfernung von Namen und Bild Benedikts XVI. vom Bucheinband veranlassen möge. Sarah wehrt sich indes gegen den Vorwurf, ohne Zustimmung von Benedikt XVI. ein Buch zum Thema Zölibat entworfen zu haben - mehr dazu in Kardinal sieht sich als Opfer von „Verleumdung“.

Der emeritierte Papst Benedikt XVI. und sein Sekretär Kardinal Georg Gänswein

Reuters/Tony Gentile

Der emeritierte Papst Benedikt XVI. und sein Sekretär Georg Gänswein

Auch solle die Unterschrift Benedikts XVI. unter Einführung und Schlussfolgerungen in dem Buch „Des profondeurs de nos coeurs“ („Aus den Tiefen unserer Herzen“) gestrichen werden, weil er diese nicht mitverfasst habe. Der Beitrag mit dem Namen des Emeritus im Hauptteil sei allerdings „100 Prozent Benedikt“, so Gänswein. Das Buch soll am Mittwoch in Frankreich sowie im Februar auch in USA und Deutschland erscheinen.

Lediglich Beitrag verfasst

Den Text über das Priestertum habe der emeritierte Papst im Sommer 2019 geschrieben, so Erzbischof Gänswein. Diesen habe Benedikt XVI. Sarah auf dessen Bitten zur freien Verfügung gegeben. Er habe auch gewusst, dass der Text in einem Buch erscheinen solle. Benedikt XVI. sei aber nicht über die tatsächliche Form und Aufmachung des geplanten Buches informiert gewesen, so Gänswein.

Zudem sei die Frage der Rechte an dem Text, der von Benedikt XVI. stammt, nicht geklärt. So hätte der Emeritus als Koautor einen Vertrag mit dem Verlag Fayard schließen müssen, den es aber nicht gebe. „Es handelte sich um ein Missverständnis, ohne dabei die guten Absichten von Kardinal Sarah in Zweifel zu ziehen“, ergänzte Gänswein.

Debatte um Lockerung

Die Vorabveröffentlichung von Auszügen in der Zeitung „Le Figaro“ am Montag sorgt für eine Debatte, der frühere Papst falle damit dem Amtsinhaber Franziskus in den Rücken. Begründet wird dieser Gegensatz mit dem von Franziskus angekündigten nachsynodalen Schreiben zur Amazonien-Synode.

Deren Teilnehmer hatten sich zum Abschluss mehrheitlich für eine begrenzte ausnahmsweise Lockerung des Zölibats ausgesprochen, um gegebenenfalls ständige Diakone zu Priestern weihen zu können. Papst Franziskus selbst hat aber mehrfach betont, dass er für keinen freiwilligen Zölibat sei. Ausnahmen könne es allenfalls in sehr entlegenen Gebieten bei pastoraler Notwendigkeit geben.

Theologe: Kirchenspaltung nicht „herbeireden“

Der Wiener Theologe Jan-Heiner Tück wendet sich indes kritisch gegen „alarmistische Stimmen“, die eine Kirchenspaltung „herbeireden“. Kirchenrechtlich sei daran zu erinnern, „dass die Äußerung von Benedikt XVI. Ausdruck seiner persönlichen Sorge um die Kirche ist“, hielt Tück am Dienstag in einer Kathpress vorliegenden Stellungnahme fest. „Als solche mag sie symbolisch Gewicht haben, aber rechtlich hat sie als Stellungnahme des emeritierten Bischofs von Rom keinerlei Gewicht.“ Die Entscheidung über den weiteren Weg der Kirche „liegt bei Franziskus, dem amtierenden Papst“, fügte Tück hinzu.

„Anstatt das Gespenst der Kirchenspaltung an die Wand zu malen und einen gezielten Affront gegen Franziskus zu wittern“, lohne bei dem Thema ein „ruhiger Blick“. Die Amazonien-Synode habe empfohlen, in Grenzregionen Ausnahmen vom Pflichtzölibat zuzulassen, erinnerte Tück. Es sei jedoch nicht so klar, wie Franziskus in der Frage des Zölibats insgesamt denke, verwies der Theologe auf mehrfache Äußerungen des Papstes, wonach es einen „optionalen Zölibat“ mit ihm nicht geben werde.

religion.ORF.at/KAP

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