NL: Missbrauchsbericht über Zeugen Jehovas öffentlich
Wie die Berliner Tageszeitung „Der Tagesspiegel“ am Donnerstag berichtete, waren die Zeugen Jehovas gegen eine Veröffentlichung eines Berichts der Universität Utrecht vorgegangen. Der Bericht sei „wissenschaftlich und sachlich falsch“, „verleumderisch“ und „sehr beleidigend“.
Das Utrechter Gericht befand den Bericht nicht als „willkürlich“; er sei „erwünscht“ und behandele ein „gesellschaftlich wichtiges Thema“. Es argumentierte damit, eine Nichtveröffentlichung würde die Meinungsfreiheit einschränken. Die Studie wurde am Donnerstag in Den Haag veröffentlicht. Befragt wurden sowohl Opfer, als auch die Leitung der niederländischen Zeugen Jehovas.

APA/Erwin Scheriau
In den Niederlanden wurde ein Bericht über Missbrauchsfälle bei den Zeugen Jehovas veröffentlicht
Beauftragt sei die Universität vom niederländischen Justizministerium worden, nachdem die Gemeinschaft der Aufforderung, selbst eine unabhängige Untersuchung von Missbrauchsvorwürfen einzuleiten, nicht nachgekommen sei, so der „Tagesspiegel“.
Opfer fühlen sich im Stich gelassen
Die Studie kommt zu dem Schluss, dass sich die Mehrheit der Missbrauchsopfer von der Glaubensgemeinschaft im Stich gelassen fühlt. Die geschlossene Kultur der Zeugen Jehovas führe zum Verschweigen des Missbrauchs und stehe oft einer Verfolgung der Täter im Weg.
Der Minister für Rechtssicherheit Sander Dekker sprach von sehr besorgniserregenden Ergebnissen. „Opfer fühlen sich unzureichend gehört, ignoriert, stigmatisiert und isoliert“, erklärte der Minister in Den Haag. Er übte scharfe Kritik am Vorstand der Religionsgemeinschaft. Dieser habe es abgelehnt, eine interne Meldestelle für Missbrauchsopfer einzurichten. Der Vorstand hatte versucht, die Veröffentlichung der Studie per Gerichtsbeschluss zu verhindern. Ein Gericht hatte die Forderung aber am Donnerstag abgewiesen.
Jeder zweite Fall innerhalb der Familie
Bei den Forschern der Universität Utrecht waren 751 Fälle von sexuellem Missbrauch innerhalb der Zeugen Jehovas gemeldet worden - es wurde eine Meldestelle eingerichtet. Die meisten der Fälle lagen mehr als zehn Jahre zurück. In etwa jedem zweiten Fall soll der Studie zufolge der Täter ein Familienangehöriger gewesen sein. Dreiviertel der Opfer klagten über die Reaktion der Leitung der Glaubensgemeinschaft, nachdem sie die Übergriffe gemeldet hätten. Vielen sei dringend abgeraten worden, Anzeige zu erstatten. Die Glaubensgemeinschaft hat in den Niederlanden nach eigenen Angaben rund 30.000 Mitglieder.
gold, religion.ORF.at/APA/dpa/KNA