Reformbewegungen: Papst lässt Amazonien im Stich

Die österreichischen römisch-katholischen Kirchenreformbewegungen „Pfarrerinitiative“ und „Wir sind Kirche“ stellen dem nachsynodalen Papsts-Schreiben „Querida Amazonia“ ein schlechtes Zeugnis aus.

Entgegen allen Hoffnungen und Erwartungen würden die Gemeinden und Bischöfe Amazoniens mit den wichtigsten Fragen auch in Zukunft allein gelassen – die dringend nötige Erneuerung des Priesteramtes bleibe aus, schrieben die Organisationen am Freitag in einer Aussendung.

„Auch wenn wertzuschätzen ist, wie deutlich sich Papst Franziskus für die Lebenschancen der indigenen Völker als deren derzeit wohl prominentester Anwalt einsetzt – die katholischen Gemeinden Amazoniens und deren Bischöfe werden mit dem nachsynodalen Schreiben ‚Querida Amazoni‘ mit ihren Bedürfnissen und Problemen im Stich gelassen“, kritisiert Helmut Schüller, Pfarrer in Probstdorf und Sprecher der „Pfarrerinitiative“ das Schreiben.

Schüller: Gemeinden müssen offensiv werden

Es stelle sich die Frage, wie die Amazonas-Gemeinden zu der Kraft kommen sollen, die sie brauchten, um den Menschen im Sinne der päpstlichen Vision nah zu sein – wenn die Frage des priesterlichen Dienstes ungelöst bleibt. „Wie sollen Frauen aus der zweiten Reihe Gemeinden leiten? Wir kommen nicht weiter, wenn die Geweihten in wesentlichen Reformfragen weiter um sich selbst kreisen, bei der Verteidigung ihrer Weihevollmacht verharren“, so Schüller.

Ein wirklich neuer Reformansatz sei überfällig. Der könne offenbar nur mehr von unten, von den Gemeinden selbst ausgehen. „Wir hoffen, dass jetzt die Amazonasgemeinden den Mut finden, in die Offensive zu gehen: durch Auswahl und Vorschlag geeigneter KirchenbürgerInnen – Männern wie Frauen – zum priesterlichen Dienst“, schrieb Schüller.

Heizer: „Schlag ins Gesicht“

Martha Heizer, Vorsitzende der Plattform „Wir sind Kirche“ bemängelt insbesondere die Nicht-Beachtung von Frauen im post-synodalen Schreiben: „Nach wie vor gibt es für die Frauen in der Kirche keine gleichen Rechte, keine Mitsprache in wichtigen Gremien, kein Stimmrecht, kein Wahlrecht.“ Die missachtenden Strukturen der Kirche würden auch missachtende Strukturen in der Gesellschaft fördern und verstärken, zeigte sich Heizer in der Aussendung überzeugt.

„Diese Nicht-Beachtung der Frauen im nach-synodalen Schreiben ist ein Schlag ins Gesicht all derer, die sich für eine Erneuerung der Kirche einsetzen; die dringend erwarten, dass die Kirche in ihrer Struktur allen Gläubigen gerecht wird.“ Es sei offensichtlich, dass – trotz aller Lippenbekenntnisse – die Frauen der Hierarchie nichts wert seien.

Heizer: Frauen werden vertrieben

Diese Nicht-Beachtung werde weiterhin Frauen aus der Kirche treiben. Einfach auszutreten sei auch eine Art, eine Kirchenspaltung zu verhindern, so Heizer. 2019 traten mehr als 67.500 Menschen in Österreich aus der Kirche aus. Übrig bleibe dann der Rest, dem die Beibehaltung des Gewohnten und die Aufrechterhaltung der Macht einiger weniger Männer wichtiger sei als eine Kirche, die der Botschaft Jesu folge. Viele würden einen erstarrten Kult nicht mehr als ihre Kirche empfinden und eine menschenzugewandte Pastoral vermissen.

religion.ORF.at

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