Deutschland lockert Regeln für Gottesdienste
In dem ostdeutschen Bundesland sind seit Montag Gottesdienste, Beerdigungen, Trauerfeiern und Trauungen im kleinen Kreis mit vorerst maximal 15 Teilnehmerinnen und Teilnehmern wieder erlaubt. Auch in anderen deutschen Bundesländern mehren sich die Anzeichen, dass Gläubige unter Einhaltung konkreter Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus bald wieder öffentlich zusammen Gottesdienste feiern können, es allerdings je nach Region dafür unterschiedliche Zeitpläne geben wird.
Die neue Regelung in Sachsen, die die dortige Landesregierung nach Gesprächen mit Kirchenvertretern am vergangenen Freitag verordnet hat, gilt vorerst bis zum 3. Mai. Der katholische Bischof von Dresden-Meißen, Heinrich Timmerevers, begrüßte den Beschluss. Die „behutsamen Erleichterungen“ seien ein „Signal, dass auch die Lage der Gläubigen verbessert wird“. Religionsausübung und Infektionsschutz würden trotz der gegenwärtigen Bedingungen zunehmend in Einklang miteinander gebracht.
Bischof mahnt zu Besonnenheit
Gleichzeitig rief Timmerevers in einem am Sonntag veröffentlichten Hirtenwort die Gläubigen ausdrücklich zu „Besonnenheit“ auf. Gottesdienste als Versammlungen von vielen auf längere Zeit in einem beschränkten Raum stellten „nach wie vor eine gefährliche Infektionsquelle“ dar, betonte der Bischof.
APA/dpa/Matthias Balk
Genauso wie alle anderen Gänge in der Öffentlichkeit sei der Gottesdienstbesuch mit einem Risiko verbunden, so Timmerevers: „Hier appelliere ich an die Vernunft und das Verantwortungsbewusstsein eines jeden einzelnen, weiterhin das Gebet zu Hause und die Feier der Gottesdienste über Internet, Rundfunk und Fernsehen als angemessene Option zu verstehen.“
Für die Feier der Gottesdienste gab der Dresdner Bischof zudem eine Dienstanweisung an Seelsorgerinnen und Seelsorger sowie Kirchenmitarbeiter mit detaillierten Abstands- und Hygieneregeln heraus. Diese sieht u.a. das penible Einhalten von Mindestabständen auch beim Betreten und Verlassen der Kirchen und verschiedene Einschränkungen wie eine Reduktion des Gemeindegesangs oder bei den liturgischen Diensten vor.
Gottesdienste in Thüringen ab Mai
Auch das Bundesland Thüringen teilte am Wochenende mit, dass ab 3. Mai Versammlungen in geschlossenen Räumen mit bis zu 30 Teilnehmern sowie unter freiem Himmel mit bis zu 50 Teilnehmern auf Antrag zulässig sind, darunter auch Gottesdienste. Am Samstag einigten sich zudem die rheinland-pfälzische Landesregierung und führende Vertreter der Kirchen darauf, dass Gottesdienste unter strengen Schutzauflagen möglichst von Mai an wieder zulässig sind.
Wer ab dem 1. Mai wieder Menschen zu Gottesdiensten einlade, müsse ein „überzeugendes Schutzkonzept“ vorlegen, betonte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer, laut deutscher Katholischer Nachrichten-Agentur (KNA): „Die Landesregierung und die Kirchen und Religionsgemeinschaften im Land wollen gemeinsam sehr schnell gute Lösungen für die Gläubigen finden.“
Kirchen erarbeiten Schutzkonzept
Auch in Bayern könnte es voraussichtlich ab 4. Mai wieder öffentliche Gottesdienste in den Kirchen mit Gläubigen geben, wie die Pressestelle der Freisinger Bischofskonferenz mitteilte. Die katholischen bayerischen Bischöfe wollen demnach in Absprache mit der Staatsregierung ein Schutzkonzept erarbeiten, das die Wiederaufnahme möglich macht.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder erklärte mittlerweile, dass er öffentliche Gottesdienste ab diesem Zeitpunkt im Freistaat unter Auflagen für möglich halte. Dazu gehörten Begrenzungen in den Kirchen und Hygienekonzepte, sagte er in einer Regierungserklärung am Montag im Bayerischen Landtag. Die Kirchen arbeiteten selbst schon intensiv daran. „Wir sind da in einem sehr, sehr guten Gespräch.“
Bischof sieht Lockerungen kritisch
Kritisch hat sich allerdings der katholische Magdeburger Bischof Gerhard Feige zur Debatte um eine Lockerung des Verbots öffentlicher Gottesdienste in Deutschland geäußert.
„Wenn seitens der Kirchen nunmehr der Druck auf den Staat erhöht wird, dass baldmöglichst wieder Gottesdienste nicht nur per Radio, Fernsehen und Livestream mitgefeiert werden können, frage ich mich natürlich, ob das in der den aktuellen gesetzlichen Vorschriften anzupassenden Form tatsächlich den Glauben fördert oder eher zum Krampf wird“, schrieb Feige in einem am Montag erschienenen Gastbeitrag für das Internetportal Katholisch.de.
Kommunion mit liturgischer Zange
„Ich kann mir bis jetzt jedenfalls kaum vorstellen, wie Gottesdienste mit Zugangsbegrenzung, Anwesenheitsliste, Abstandswahrung, Mundschutz, Handschuhen, einem Desinfektionsritus vor der Gabenbereitung und der Austeilung der Kommunion mittels einer - noch zu erfindenden - liturgischen Zange gottgefällig und heilsdienlich sein sollen“, führte der Bischof weiter aus.
Ihn irritiere zunehmend der Unmut, den manche Gläubige und kirchliche Verantwortungsträger „inzwischen wehleidig oder kämpferisch“ zum Ausdruck brächten. „Sollten wir als Christen nicht eher verantwortungsbewusst und solidarisch mit dafür Sorge tragen, die lebensbedrohliche Ansteckungsgefahr durch das Coronavirus einzudämmen und eine medizinische Überforderung unserer Gesellschaft zu verhindern, als ähnlich wie verschiedene Lobbyisten versuchen, unsere Partikularinteressen durchzusetzen?“, so Feige.
religion.ORF.at/KAP/KNA