Muslimischer Fastenmonat im CoV-Modus

Mit dem Nachtgebet am Donnerstag beginnt für etwa 700.000 Musliminnen und Muslime in Österreich der heilige Fastenmonat Ramadan. Für sie wird wegen der Coronavirus-Krise vieles anders ablaufen als gewohnt. Klar ist aber, dass gefastet wird.

Laut der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) bleiben die Moscheen solange geschlossen, wie die staatlichen Regelungen gelten. Die Gebete sollen zuhause verrichtet werden. Für Mittwochnachmittag sei eine Videokonferenz der Bundesregierung mit den Religionsvertretern geplant, wo über die weiteren Bestimmungen informiert werden soll, sagte IGGÖ-Sprecherin Valerie Mussa zu religion.ORF.at. Denn Gottesdienste sollen ab Mitte Mai wieder möglich sein, allerdings unter Einhaltung von Sicherheitsmaßnahmen, wie die Regierung am Dienstag erklärt hatte.

In diesem Fall kann sich IGGÖ-Präsident Ümit Vural vorstellen, dass die Gläubigen mit eigenen Gebetsteppichen, Gesichtsmasken und ausreichend Sicherheitsabstand wieder in die Moscheen kommen könnten, wie er in der ORF-Sendung „Wien heute“ am Sonntag gesagt hatte. Allerdings ist die Organisation der im Ramadan besonders zahlreich in den Moscheen Betenden schwierig. Die IGGÖ müsse nun überlegen, „wie wir das gestalten“, so Mussa. Möglicherweise würden die Moscheen zunächst nur für das persönliche Gebet geöffnet. Der Ramadan dauert heuer bis 23. Mai.

Das Minarett der Moschee am Hubertusdamm in Wien, davor fliegt ein Vogel

Reuters/Heinz-Peter Bader

Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich ist mit den Gläubigen über Internet und Telefon verbunden

Fastenbrechen im kleinen Kreis

Auch das Fastenbrechen (Iftar) an jedem Abend nach Sonnenuntergang, das für viele Musliminnen und Muslime ein wichtiges Gemeinschaftserlebnis ist, wird heuer anders aussehen. Mitte April hatte Vural dazu gesagt, dass der Islam zwar in der Gemeinschaft gelebt werde. „In der jetzigen Situation aber gilt es, unsere Häuser mit Gebeten und Rezitationen zu erhellen und sie zu Moscheen zu machen“.

Sendungshinweis

Praxis - Religion und Gesellschaft, 22.4.2020, 16.05 Uhr, Ö1.

Trotz der räumlichen Distanz bleibe die Glaubensgemeinschaft mit ihren Mitgliedern über ihre Onlineangebote in Verbindung und begleite sie damit „spirituell so gut wie möglich durch die kommenden Wochen“. Dazu hat sie einen Leitfaden online gestellt, der alle Fragen zur Durchführung des Ramadans beantwortet. Außerdem werden täglich Vorträge und Koranrezitationen online gestellt.

Eine Hand mit Handschuhen greift in einen Korb mit Datteln

Reuters/Amr Alfiky

Mit Datteln und Wasser wird traditionellerweise das tägliche Fasten beendet

Weltweit begehen etwa 1,8 Mrd. Gläubige den Fastenmonat, in dem der Tradierung zufolge dem Propheten Mohammed die Heilige Schrift des Islams, der Koran, überliefert wurde. Tagsüber wird in dieser Zeit (der erste Fasttag ist am Freitag ab der Morgendämmerung) auf Essen, Trinken, Rauchen, Geschlechtsverkehr sowie Genussmittel wie Rauchen verzichtet.

In den Nächten darf dafür ausgiebig gespeist werden, was häufig in großen Runden von Verwandten und Freunden getan wird. Auch religiöse Übungen und das traditionelle Nachtgebet Tarawih kennzeichnen die Nächte im Ramadan.

Laut WHO Fasten möglich

Heuer wird vieles nur im kleinen Kreis und übers Internet möglich sein. Weltweit haben islamische Institutionen und Gelehrte zur Einhaltung der Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus auch während des Ramadans aufgerufen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gab Mitte April bekannt, dass es keine Hinweise darauf gebe, dass Fasten ein höheres Risiko an Covid-19 zu erkranken darstelle, daher könnten gesunde Menschen den Fastenmonat einhalten.

Eine muslimische Frau mit Mundschutz auf einem Markt in Kairo

Reuters/Mohamed Abd El Ghany

Musliminnen und Muslime werden heuer den Ramadan weitgehend zuhause feiern

Zeit, den Glauben zu stärken

Der Ramadan ist der neunte und 30 Tage dauernde Monat des islamischen Mondkalenders. Er wird als Zeit der Besinnung betrachtet, die den Glauben und die Selbstdisziplin der Gläubigen stärken soll. Die Fasttage dienen wie bei Juden und Christen als Bußübung.

„Wir bitten alle Gläubigen, diese herausfordernde Zeit zu nutzen und sich auf das Wesentliche zu besinnen, auf das, was sie unmittelbar umgibt, auf ihre Familien, ihr Zuhause, ihre Gesundheit und auf ihren Glauben. Es ist für uns alle somit Zeit innezuhalten“, so IGGÖ-Präsident Vural.

Auch die „Armenausspeisung“, die im Ramadan als Akt der Nächstenliebe durchgeführt wird, läuft diesmal anders. Statt den gespendeten Mahlzeiten für Bedürftige wie Obdachlose, geflüchtete Menschen und Sozialhilfeempfängerinnen und -Empfänger, die sonst in Gruppen zusammen eingenommen wurden, gibt es heuer in vielen Ländern - auch in Österreich - „Iftar-to-go“-Pakete.

Schachteln mit Nahrungsmitteln, die von Muslimen im Ramadan verteilt werden

APA/AP/Majdi Mohammed

In vielen Ländern werden heuer „Iftar-to-go“-Pakete verteilt. Im Bild: Palästinensische Muslime beim Vorbereiten der Pakete.

Diese enthalten entweder fertig zubereitete, entsprechend verpackte Speisen, oder Pakete mit Zutaten. Wichtig sei es, dass bei der Verarbeitung und bei der Abholung die Sicherheitsabstände und die Hygienevorschriften (wie das Tragen von Schutzmasken) eingehalten werde, betont die IGGÖ in ihrem Leitfaden. Zudem dürfen die Speisen nicht am Ausgabeort gegessen werden.

Beginn und Ende mit der Mondsichel

Der Beginn und das Ende des Fastenmonats werden jeweils durch die Beobachtung der Mondsichel am Himmel bestimmt. Wenn also am Ende des Ramadans der neue Mond gesichtet wird, dann beginnt der Folgemonat Sauwal, an dessen erstem Tag gläubige Muslime traditionell das Fest des Fastenbrechens, Eid al-Fitr bzw. auch Zuckerfest, feiern.

Durch das Mondjahr, das mit exakt 354,367 Tagen kürzer ist als das Sonnenjahr, verschiebt sich der Ramadan jedes Jahr im Vergleich zum bei uns üblichen Sonnenkalender (gregorianischer Kalender). Der Fastenmonat der Muslime beginnt also jedes Jahr um etwa elf Tage früher als im Vorjahr und wandert so in 33 Sonnenjahren einmal durch das ganze Jahr. Der Ramadan kann daher in jede Jahreszeit fallen. Und da das Fasten den ganzen Tag, solange es hell ist, eingehalten werden muss, dauert es im Sommer sehr viel länger als im Winter.

Sichelmond über Häusern und Bäumen

Reuters/Mike Blake

Mit dem Sichten der Mondsichel beginnt und endet der Ramadan

Im Krankheitsfall kann nachgeholt werden

Kinder, Personen mit körperlichen oder intellektuellen Einschränkungen, chronisch Kranke und Hochbetagte sind grundsätzlich vom Fasten befreit. Versäumte Fastentage nachzuholen ist für alle jene zulässig, die akut erkrankt sind, sich auf Reisen befinden, schwangere und stillende Frauen, Frauen im Wochenbett oder während der Menstruation.

In einer Aussendung vom Dienstag wies die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) darauf hin, dass diese Erleichterungsregeln immer bestünden, unabhängig von der Coronavirus-Pandemie. Sie sind im Koran und in den islamischen Überlieferungen festgeschrieben.

gold, religion.ORF.at/APA

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