CoV: Vatikan für bedingungsloses Grundeinkommen

Ein sozialethischer Experte des Vatikan hat sich angesichts weltweiter pandemiebedingter Ausgangssperren für ein Grundeinkommen ausgesprochen. Millionen informeller Arbeiter seien nicht gegen Verdienstausfall abgesichert.

Man könne diese Menschen nicht zwingen, ohne finanzielle Unterstützung zu Hause zu bleiben, sagte Augusto Zampini-Davies von der vatikanischen Entwicklungsbehörde am Wochenende vor Medienvertretern in Rom.

Für solche Krisenfälle stehe Regierungen als Instrument das universelle Grundeinkommen zur Verfügung. Einige Länder hätten bereits gezeigt, dass dies im Kampf gegen die Pandemie gut funktioniere, so der argentinische Priester und Sozialethiker.

Unterstützung für Personen ohne Verdienstmöglichkeit

Zampini-Davies räumte ein, das Modell des leistungsunabhängigen Grundeinkommens sei nicht unumstritten; aber nach Abwägung des Für und Wider gebe es „keinen Zweifel, dass wir etwas tun sollten“. Wenn man die Gesundheit aller Bürger sicherstellen wolle, müsse man Personen ohne Verdienstmöglichkeit unterstützen. Auch die Internationale Arbeitsorganisation fordere Hilfe für informelle Arbeiter.

Der Ethiker, seit Anfang April beigeordneter Sekretär der vatikanischen Kurienbehörde für Entwicklungs- und Menschenrechtsfragen und Mitglied einer neu gegründeten vatikanischen Arbeitsgruppe zu den Folgen der Coronaviruskrise, verwahrte sich gegen den Vorwurf, die Kirche beziehe eine sozialistische Position.

Es gehe nicht um Sozialismus oder Kapitalismus. Augenblicklich stünden „alle gesellschaftlichen Strukturen auf dem Prüfstand“. Die Kirche wolle die Option für die Armen als ein Grundprinzip einbringen. Zampini-Davies sprach von einem „ethischen Imperativ“.

Jüngst sorgte Papst Franziskus für Aufsehen bei dem Thema. Zu Ostern wandte er sich in einem dreiseitigen Brief an die sogenannten Volksbewegungen (movimentos populares), deren Angehörige er in den vergangenen Jahren mehrmals im Vatikan empfangen und einmal auch in Bolivien getroffen hat. In dem von der italienischen Tageszeitung „L’Avvenire“ veröffentlichte Schreiben lobte er die Arbeitnehmer-Vertreter als „Vorbilder“ und ermutigt sie zu weiterem Einsatz. Zugleich unterstützte er explizit die Idee eines Grundeinkommens für arbeitende Arme in prekären oder informellen Situationen.

Nachdenken über universellen Lohn

Straßenhändler, Müllsammler, Erntearbeiter, Kleinbauern, Bauarbeiter oder Menschen in pflegender Tätigkeit hätten oft kein fixes Gehalt, um schwierige Zeiten wie die gegenwärtige zu überbrücken, schrieb der Papst. Sie seien für das Gemeinwohl tätig, dabei aber „unsichtbar“ und wenig anerkannt, da die marktorientierte Wirtschaft an den Rändern nicht ankomme und der Staat wenig Schutz biete.

„Vielleicht ist es an der Zeit, über einen universellen Lohn nachzudenken, der die edlen und unersetzlichen Aufgaben anerkennt und würdigt, die Sie verrichten“, hielt Franziskus fest. Ein solches Grundeinkommen löse eine Forderung ein, die „so menschlich und zugleich so christlich ist: kein Arbeiter ohne Rechte.“

religion.ORF.at/KAP

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Papst-Brief zu Grundeinkommen erregt Aufsehen
(religion.ORF.at; 14.04.2020)