Ethikunterricht: Dekane fordern Theologie als Bezug

Mehrere Dekane theologischer Fakultäten an österreichischen Unis fordern die Verankerung der Theologie als Bezugswissenschaft für den geplanten Ethikunterricht an Schulen.

Derzeit sei dies nicht vorgesehen, bemängeln sie in ihrer Stellungnahme zum entsprechenden Gesetzesentwurf. Die Berufsschullehrer wiederum verlangen Religion als bundesweites Pflichtfach an den Berufsschulen, die Initiative „Ethik für alle“ übt Kritik.

Der von Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) zur Begutachtung ausgesandte Entwurf (Fristende: 3. Juli) sieht vor, dass ab 2021/22 verpflichtend ab der neunten Schulstufe (ausgenommen Berufsschulen) Ethikunterricht für jene Schüler stattfindet, die keinen Religionsunterricht besuchen. Das Ausmaß beträgt zwei Wochenstunden. Begonnen werden soll im ersten Jahr nur mit den neunten Schulstufen, im Jahr darauf folgen weitere.

Theologie als zusätzliche Bezugswissenschaft

Die Dekane von fünf katholischen Fakultäten und einer evangelischen begrüßen diese Maßnahme. Allerdings reklamieren sie die Theologie als Bezugswissenschaft des Ethikunterrichts in den Gesetzestext. Derzeit ist dort als Grundlagenwissenschaft die Philosophie angeführt, als Bezugswissenschaften „Psychologie, Soziologie, Religionswissenschaft aber auch Geschichte, Rechtswissenschaft, Biologie, Wirtschaftswissenschaft, Politologie u.a.“.

Schülerinnen und Schüler gehen in einem Gang

APA/Hans Punz

Dekane theologischer Fakultäten fordern die Theologie als weiteres Bezugsfach für den Ethikunterricht

„Religionen können jedoch nicht ohne ihre Theologien verstanden werden“, argumentieren die Dekane. Die als Bezugswissenschaft genannte Religionswissenschaft wiederum stelle nicht den einzigen Zugang zu den Religionen dar. „Theologien unternehmen die wissenschaftlich multidisziplinäre, kritische Reflexion der jeweiligen Religion aus einer Innenperspektive heraus.“

Unterzeichnet wurde die Stellungnahme von den Dekanen der katholisch-theologischen Fakultäten, Johann Pock (Wien), Christoph Heil (Graz), Josef Quitterer (Innsbruck), Christoph Niemand (Linz), Alois Halbmayr (Salzburg) und dem Dekan der evangelisch-theologischen Fakultät in Wien, Rudolf Leeb.

Kritik von „Ethik für alle“

Die Initiative „Ethik für ALLE“ übte in einer Aussendung umgehend Kritik an der Forderung der Theologen. „Diese unverschämte Forderung der Kirche führt vor Augen, welche weitreichenden Folgen die Einführung eines Ethikunterrichtes lediglich als Pflichtersatz für Religion mit sich bringen wird.“ Im derzeitigen Gesetzesentwurf würde nicht nur die Aufwertung der Religionsgemeinschaften zu staatstragenden Organisationen geplant, sondern auch der Versuch unternommen, per Gesetz aus „Glauben“ „Wissen“ zu machen.

Das sei auch ein Anschlag auf die Freiheit der Wissenschaft in Österreich", warnte Eytan Reif, Sprecher des Volksbegehrens „Ethik für ALLE“. Laut Reif würde die Erfüllung der Dekane-Forderung „den letzten wichtigen Baustein bei der Unterwanderung des Ethikunterrichtes durch die Kirche liefern“.

Das Volksbegehren fordert Ethikunterricht für alle, unabhängig davon, ob ein religiöses Bekenntnis vorliegt, oder nicht. Weiters wird ein abgeschlossenes Ethik-Lehramtsstudium als Mindestqualifikation für Ethiklehrerinnen und -lehrer gefordert. Außerdem Unvereinbarkeitsregeln für Ethik- und zugleich Religionslehrende sowie ein eigenes Ethikfachinspektorat.

Berufsschullehrer: Religion als Pflichtfach

Berufsschullehrer in der Gewerkschaft öffentlicher Dienst (GÖD) wiederum fordern eine „Gleichberechtigung“ aller Schülerinnen und Schüler. Derzeit werde für Berufsschüler konfessioneller Religionsunterricht nur in den beiden Bundesländern Tirol und Vorarlberg als Pflichtgegenstand angeboten - dementsprechend ist auch kein Ethikunterricht als Ersatz vorgesehen.

Die Gewerkschafter verlangen daher die Einführung von Religion als Pflichtgegenstand in allen Bundesländern sowie daran anknüpfend Ethikunterricht für die von Religion Abgemeldeten bzw. Konfessionslosen.

religion.ORF.at/APA/KAP

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