Muslimische Theologen gegen Pläne für Hagia Sophia

Liberale muslimische Theologen in der Türkei haben sich öffentlich gegen die erneute Nutzung der Hagia Sophia als Moschee gewandt. Das sei ein „schwerer und irreparabler Fehler“, heißt es in einer Erklärung.

Der Schritt werde Nichtmuslime beleidigen und der Islamophobie Auftrieb geben, hieß es in der von der türkischen Zeitung „Cumhuriyet“ (Onlineausgabe Mittwoch) verbreiteten Erklärung. Während „aufrichtige Gläubige“ sich an der politischen Demonstration störten, die mit der Umwidmung verbunden sei, könne diese eine falsche Botschaft an radikale Islamisten senden.

Autoren des Appells sind Nazif Ay, Mehmet Ali Öz und Yusuf Dülger, die in Anlehnung an den laizistischen Gründer der modernen Türkei als „kemalistische“ Theologen bezeichnet werden. Am Freitag soll gemeinsam mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan erstmals seit 86 Jahren wieder ein muslimisches Freitagsgebet in der Hagia Sophia stattfinden.

Widerspruch gegen Werte des Islam

Die erneute Umwidmung der früheren byzantinischen Reichskirche, die bereits 1453 Moschee wurde und seit 1934 Museum war, widerspreche den Werten der Toleranz und des Friedens im Islam. Die Autoren verweisen beispielhaft auf die Entscheidung des Kalifen Omar (634-644), im eroberten Jerusalem nicht in der christlichen Grabeskirche zu beten, damit nicht Muslime Anspruch auf diese Stätte erheben könnten.

Ausdrücklich wenden die Theologen sich auch dagegen, die Umwidmung der Hagia Sophia mit Verweis auf die Umayyaden-Moschee im spanischen Cordoba zu legitimieren. Der kunsthistorisch einzigartige Bau, der 784 an der Stelle der früheren Kathedrale begonnen wurde, wurde im Rahmen der Wiedereroberung Spaniens 1236 in ein christliches Gotteshaus umgewandelt und später durch einen Kircheneinbau ergänzt.

IGGÖ-Chef für gemeinsame Nutzung

In Österreich hatte sich zuletzt auch der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ), Ümit Vural, kritisch zu den Plänen in der Türkei geäußert. Die Zeit der Umwandlungen von Gotteshäusern sei vorbei.

Da die Hagia Sophia in der Vergangenheit sowohl Kirche als auch Moschee war, wünsche sich Vural nun eine gemeinsame Nutzung von Christen und Muslimen, „um Ausgrenzung und Konflikte zu vermeiden“.

religion.ORF.at/KAP

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