Biblisches Jerusalem offenbar kleiner als gedacht

Jerusalem war in alttestamentlicher Zeit offenbar deutlich kleiner als bisher angenommen. Zu dieser Erkenntnis kamen Archäologen des Deutschen Evangelischen Instituts für Altertumswissenschaft des Heiligen Landes (DEIAHL).

Forscherinnen und Forscher seien lange davon ausgegangen, dass die eisenzeitliche Stadtmauer Jerusalems südlich des heutigen Zionstors am Hang des Zionsberg zum Himnontal verlief, so DEIAHL-Direktor Dieter Vieweger am Dienstag auf Anfrage der deutschen Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Die Annahme beruhte demnach auf einem Mauerfund, den der Benediktiner Bargil Pixner von der benachbarten Dormitio-Abtei in den 1980er-Jahren in die Eisenzeit (8. Jahrhundert vor Christus) datierte. Bei aktuellen Grabungen wurde laut DEIAHL ein zwölf Quadratmeter großes Gebiet bis zum natürlichen Felsen in einer Tiefe von 5,50 Metern freigelegt. Dabei habe man keine eindeutigen eisenzeitliche Mauerreste gefunden.

Annahmen „definitiv widerlegt“

Gegen die Thesen Pixners spricht laut Vieweger zudem, dass nur verstreut Scherben aus der Eisenzeit gefunden wurden. Diese sprächen für eine Nutzung des Areals als Wohnbereich oder für Landwirtschaft in dieser Epoche. Für eine Datierung der Mauerfunde relevant seien jedoch die jüngsten Scherben aus klassischer Zeit, die mehr als 90 Prozent der Keramikfunde ausmachten und sich bis in die Fundamentschicht der Mauer nachweisen ließen.

Archäologische Ausgrabng in Jerusalem, 2009

Reuters/Baz Ratner

Archäologische Arbeiten in Jerusalem

Bargil Pixners Annahmen seien damit „aufgrund unserer Erweiterung des Ausgrabungsbereiches definitiv widerlegt“, so das DEIAHL. Da eine Stadtmauer der Topographie folgend an Hängen gebaut wird, müsse die alttestamentliche Ausdehnung der Stadt kleiner sein als bisher angenommen, so die Schlussfolgerung von Vieweger und seinem Team.

C14-Analysen stehen noch aus

Der genaue Verlauf der eisenzeitlichen Mauer sei damit weiterhin unbekannt, so Vieweger. Für möglich hält der Archäologe, dass die Stadtmauer der Eisenzeit von der sogenannten Davidsstadt nach Nordwesten in etwa dem heutigen Straßenverlauf entlang der Altstadt folgte und dann zum Jaffator verlief.

Noch ausstehend sind laut DEIAHL die Ergebnisse der Thermolumineszenz- und C14-Analysen der aus den Mauern entnommenen Proben. Die Forscher halten es jedoch für unwahrscheinlich, dass Teile der unter der byzantinischen Mauer liegenden Steine zur eisenzeitlichen Mauer gehörten.

Das DEIAHL gräbt seit 2015 in drei Arealen auf dem Zionsberg. Gefunden wurden unter anderem Reste eines Wohngebietes, einer byzantinischen Villa, Reste der ayyubidischen Ummauerung des Zionsberges einschließlich Turm, Mauerresten und Trockengraben sowie reich ausgestattete frührömische Häuser aus der Zeit vor 70 nach Christus.

religion.ORF.at/KAP/KNA

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