Weißrussland: Kirchen unterstützen Protestierende

Die katholische Kirche in Weißrussland stellt sich zunehmend hinter die Kritiker des autoritär regierenden Präsidenten Alexander Lukaschenko. Kritik äußerte die Kirche etwa an der Polizeigewalt.

Mit Blick auf die mutmaßliche Fälschung der Präsidentenwahl zugunsten Lukaschenkos, sprach der Minsker Erzbischof Tadeusz Kondrusiewicz zuletzt von einer „Epidemie der Unwahrheit“, wie die katholische Nachrichtenagentur Kathpress unter Berufung auf das Kirchenportal catholic.by am Montag berichtete.

„Unsere Freiheit ist bedroht, unsere Heimat ist geteilt“, betonte der Vorsitzende der Bischofskonferenz des Landes demnach am Sonntag bei einer Messe in der Diözese Wizebsk im Norden von Weißrussland. „Wir wollen ein neues Weißrussland. Ein Weißrussland, das auf christlichen Werten beruht.“

Gebete für die Einheit

Kondrusiewicz betete für die Einheit des weißrussischen Volkes. Wahrheit sei notwendig, damit die Weißrussen frei sein und ihre Zukunft gestalten könnten.

Ähnlich das Europa-Netzwerk der kirchlichen Menschenrechtskommissionen „Iustitia et Pax“, das für Dienstagabend (18 Uhr MESZ) Christen zu einem Vaterunser-Gebet für das weißrussische Volk aufruft, „damit sich Wahrheit, Gerechtigkeit und Frieden durchsetzen“.

Erzbischof verurteilt Polizeigewalt

In einem am Wochenende veröffentlichten offenen Brief an Lukaschenko hatte der Erzbischof zuvor die Polizeigewalt gegen Demonstranten verurteilt. Die „grausame Behandlung und die unmenschliche Inhaftierung“ von Menschen, die an friedlichen Demonstrationen teilgenommen hätten, sei eine schwere Sünde.

„All das führt zu Destabilisierung und zur destruktiven Spaltung unserer Gesellschaft“, fügte er hinzu. Es werde vielleicht sogar mehr als eine Generation dauern, um die Wunden zu heilen, wenn ein Bruder seine Hand gegen seinen Bruder erhebe.

Katholiken, Orthodoxe und Evangelische dabei

Unterstützung erhalten die Proteste auch von Katholiken, Orthodoxen und Protestanten. Laut dem Pressedienst „Asianews“ haben sich am 13. August Orthodoxe mit Ikonen, Katholiken mit Rosenkränzen und Protestanten mit Bibeln den Demonstrationen angeschlossen.

Nach einem gemeinsamen Vaterunser zog die Gebetsprozession vom Freiheitsplatz in die orthodoxe Hauptkirche der Hauptstadt, die Kathedrale des Heiligen Geistes.

Kirchenglocken zur Unterstützung

Obwohl sich der orthodoxe Exarchat von Weißrussland von den Demonstrationen distanziert und auch die Gläubigen dazu aufruft „nicht den Provokationen nachzugeben“, sollen sich in den letzten Tagen mehrere orthodoxe Priester den Demonstrationen angeschlossen haben, berichtete Asianews.

Zur Unterstützung des „Marsches der Freiheit“ hatten am Sonntag die Glocken der Minsker Kathedrale geläutet. An der Demonstration sollen sich laut Schätzungen in der Hauptstadt mehr als 200.000 Menschen beteiligt haben. Zur katholischen Kirche bekennen sich etwa 15 Prozent der Weißrussen. Die Mehrheit der Bürger des seit 1991 unabhängigen Landes sind orthodoxe Christen.

religion.ORF.at/APA