Ordensschulen: Bildungsverlierer durch CoV-Krise

Der Bildungsbereichsleiter der Ordensgemeinschaften Österreich, Clemens Paulovics, warnt zum Schulstart vor Bildungsverlierern durch „Distance Learning“ via Computer oder Smartphones.

Der coronavirusbedingte Fernunterricht zu Hause ermögliche zwar neue Formen des Unterrichtens und Lernens, setze aber eine notwendige Infrastruktur wie Computer und einen Internetanschluss voraus. „In unserem Schulsystem tun wir letztlich immer wieder so, als ob alle Schüler die gleiche Voraussetzung mitbringen. Doch auf viele Faktoren trifft das nicht zu“, so Paulovics.

Das eigentlich kostenlose öffentliche Schulwesen beginne in Zeiten der Krise ihre Lücken zu zeigen, da die wirtschaftliche Basis der Schüler sehr unterschiedlich sei: „Die guten Schüler organisieren sich in diesen Situationen selbst und in finanzstarken Familien wird vielleicht einfach mehr Nachhilfe zugekauft, aber für die Schwächsten in der Gesellschaft ist hier wieder sehr wenig gesorgt.“ Paulovics hoffe daher, dass Digitales Lernen weitgehend vermieden werden könne.

Gratis-Laptops reichen nicht

Während des Lockdown haben Ordensschulen armutsbetroffene Schülerinnen und Schüler gratis mit Laptops zu unterstützt. Unter dem Motto „#ordentlich lernen“ wurden gebrauchte Laptops gesammelt, um diese danach neu aufzusetzen und an Schüler weitergegeben, die dringend Bedarf hatten. Ähnlich wie das Projekt „#weiterlernen“ vom Bildungsministerium konnte man aber nicht alles bedienen, was an Bedarf da gewesen wäre, so der Bildungsbereichsleiter.

Ein Schüler mit Laptop und Schulbuch

APA/dpa/Carmen Jaspersen

Der Bildungsbereichsleiter der Ordensgemeinschaften, Clemens Paulovics, befürchtet durch die Coronavirus-Maßnahmen Bildungsverlierer

Fraglich sei auch, ob wirklich jeder, der Bedarf hätte, diesen gemeldet habe, meinte Paulovics. „Wenn Eltern gerade andere Sorgen haben und damit kämpfen, das Überleben der Familie irgendwie abzusichern, haben sie eventuell gerade keinen ausreichenden Blick auf die Bildung.“ Zudem brauche es neben einen Laptop auch einen Breitbandanschluss, um Klasse und Lehrer zu erreichen.

Unsicherheit in Schulen

Eine zunehmende Verunsicherung und viele offene Fragen bei Schulstandorten je länger die derzeitige Phase dauert, nehme Paulovics zudem wahr. Dies betreffe die Frage, wie man Abstände einhalten könne genau so wie die Gestaltung von Konferenzen oder Weiterbildungen.

Manche Schulzentren hätten bereits alle Veranstaltungen für den Herbst sowie das Weihnachtsfest abgesagt. „Ihre Sorge ist einfach zu groß, dass sie es nicht schaffen, dafür alle Regeln umzusetzen“. Dazu komme eine „diffuse Unsicherheit und die ständige Frage, ob man ‚eh alles richtig macht‘ und nicht irgendeinen Cluster erzeugt.“

Manches „zeitlich unmöglich“

Die gesetzlichen Vorgaben seien besonders in elementarpädagogischen Einrichtungen wie Kindergärten schwer zu erfüllen, meinte Paulovics. So muss laut Vorgaben das gesamte Spielmaterial zweimal pro Tag desinfiziert werden. Für den Bildungsbereichsleiter der Ordensgemeinschaften „zeitlich unmöglich“.

Schulschließungen vermeiden

Unverständnis äußerte Paulovics wiederholt angesichts der Schulschließungen in Oberösterreich Anfang Juli. „Hier habe ich die Notwendigkeit mit dem Lockdown vor Schulschluss nicht gesehen, und wahrscheinlich hätte man die Schüler allgemein im Frühjahr auch schon früher zurückholen können“, so Paulovics; er forderte daher von der Regierung „jeweils sehr genau hinzuschauen und zu überlegen“.

Zudem sei zu hinterfragen, „ob Schulschließungen so einen großen Unterschied machen in Bezug auf die Fallzahlen“. Paulovics ortete hier, dass man dort schließe „wo der zu erwartende Widerstand kleiner ist“, anders bei weiten Teilen der Wirtschaft, die eine große Lobby hinter sich hätten.

Hoffnung auf „relativ viel Normalität“

Trotz Unsicherheiten wünsche sich der Bildungsbereichsleiter der Ordensgemeinschaften, „dass die Kinder relativ viel Normalität in den Schulen erleben können und möglichst angstfreie Schulgemeinschaften“. Gefragt sei nun auch Mut vonseiten der Schulbehörden und Schulerhalter sowie ein „offenes Ohr“ und „klassische Seelsorge, da viele Pädagogen und Leiter am Anschlag sind“.

religion.ORF.at/KAP

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