Schönborn: 90 Prozent vom Leben Jesu unbekannt

90 Prozent vom Leben Jesus werden nicht beachtet, „auch weil wir seinen Alltag nicht kennen“. Lediglich die letzten drei Jahre seines Lebens, in denen er öffentlich wirkte, seien bekannt und gut belegt: Das hat Kardinal Christoph Schönborn am Samstagnachmittag betont.

Als Zimmermann habe Jesus arbeiten müssen „wie jeder andere“, sagte der Wiener Erzbischof bei der Maria-Namen-Feier im Wiener Stephansdom. Das Motto der diesjährigen Feier, die von der Rosenkranz-Sühnekreuzzug-Gebetsgemeinschaft (RSK) bereits seit Jahrzehnten in Wien veranstaltet wird - „Unterwegs zu Jesus“ - bedeute daher auch nach Kindheit, Jugend, Sorgen und letztlich dem Alltag Jesu zu fragen.

Die jährliche Glaubenskundgebung steht auch in Verbindung mit dem kirchlichen Maria-Namen-Fest an die Befreiung Wiens von der osmanischen Belagerung (12.9.1683) erinnert. Der Salzburger Erzbischof Franz Lackner wird am Sonntag beim traditionellen Friedensgebet einen Festgottesdienst feiern.

Leben als „einfacher Handwerker“

Jesus habe den Großteil seines Lebens als „einfacher Handwerker“ verbracht, so Schönborn. Nur drei Jahre habe er öffentlich gewirkt, was auch gut belegt sei; sein Aufwachsen, die Herkunft oder sein Alltag seien hingegen kaum bekannt. „Wenn wir fragen ‚Wer ist Jesus‘ dürfen wir daher nicht nur auf seine letzten Jahre schauen, in denen er öffentlich gewirkt hat“, so der Kardinal.

Auch das Leben der meisten Menschen sei „nicht sehr bekannt“, meinte Schönborn, der sich davon nicht ausnahm. „Nur wenn man 25 Jahre lang Kardinal ist, dann schreibt man darüber“, so der Wiener Erzbischof der vor 25 Jahren, am 14. September 1995, das Amt des Erzbischofs der Erzdiözese Wien und damit die größte Diözese der katholischen Kirche in Österreich übernahm.

Als Glaubensvorbild nannte Schönborn Jesu Mutter, Maria. Diese habe den Glauben an ihren Sohn, von dem sie wusste, „dass er Großes vollbringen wird, auch wenn er 30 Jahre ein normales Leben führte“, nicht verloren und das Geheimnis seiner Zeugung und Herkunft bewahrt. Maria sei wegen ihrer Treue auch in einer säkularen Gesellschaft ein Vorbild.

Botschaft und Segen des Papstes

Am Beginn der Feier begrüßte der geistliche Leiter der Gebetsgemeinschaft, Pater Benno Mikocki, unter den zahlreichen Mitfeiernden neben den Kardinal u.a. auch den Wiener Weihbischof Stephan Turnovszky und die Nationalratsabgeordnete Gudrun Kugler.

In einer offiziellen Botschaft an die Gläubigen bekundete Papst Franziskus seine innere Teilnahme am Gebet für den Frieden. Die Maria-Namen-Feiern sei ein Ausdruck des „Unterwegs sein zu Jesus“ und des Gebets, in dem man die Anliegen der Kirche und der Menschen zu Jesu bringe, betonte Papst Franziskus in der von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin gezeichneten Botschaft, die mit dem apostolischen Segen für die Mitfeiernden schloss.

Änderungen wegen Coronavirus

„Die Coronavirus-Welle braucht eine noch größere Gebetswelle“, wobei die Maria-Namen-Feier ein Beitrag dazu sei, hieß es seitens des RSK im Vorfeld der diesjährige Glaubenskundgebung. Statt den sonst üblichen Glaubenszeugnissen wird in diesem Jahr ein Film gezeigt: „Wer ist Jesus Christus?“ wird sowohl am Samstag als auch am Sonntag vorgeführt.

Es handle sich dabei um eine Art Glaubenszeugnis über das Wirken, Leben und die Wunder Jesu, so die Organisatoren über das Filmprojekt von Regisseurin Johanna Tschautscher, bei dem als prominente Sprecher die österreichischen Schauspieler Julia Stemberger und Cornelius Obonya zu hören sind.

Die im Anschluss an den Gottesdienst traditionell stattfindende Prozession mit der Fatima-Statue über Graben und Kohlmarkt zum Michaelerplatz findet in diesem Jahr nicht statt; stattdessen wird die Statue an beiden Tagen im Dom in einer Prozession getragen, informierte der RSK.

Seit 1958 wird die Maria-Namen-Feier in Wien abgehalten, organisiert von der Gebetsgemeinschaft Rosenkranz-Sühnekreuzzug, die 1947 vom Franziskanerpater Petrus Pavlicek (1902-1982) gegründet wurde. Schauplatz war über viele Jahre die Wiener Stadthalle, seit 2011 ist es der Stephansdom. Rund 700.000 Mitglieder aus mehr als 130 Ländern gehören zur Gebetsgemeinschaft, die die Zeitschrift „Betendes Volk“ herausgibt.

religion.ORF.at/KAP

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