Beschneidung eines Buben. Filmausschnitt aus der Kreuz und Quer Dokumentation "Der Kampf um die Vorhaut".

ORF / Langbein & Partner

Der Kampf um die Vorhaut

Der Film zeigt, wie wichtig die Beschneidung für Juden und Muslime ist und setzt sich mit den verbundenen Fragen des Elternrechts, des Kinderrechts, der Gesundheit und der Religionsfreiheit auseinander.

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ORF

Sendungshinweis

„kreuz und quer“ am Dienstag 28. August 2012, 22.30 Uhr, ORF 2

Wiederholung

Mittwoch 29. September 2012, 20:15 Uhr, ORF III

Moslems und Juden tun es seit mehr als tausend Jahren. Ein Drittel der männlichen Weltbevölkerung und zwei Drittel der US-Amerikaner sind an der Vorhaut des Penis beschnitten. Ein Hautstück religiösen und hygienischen Alltags, aufgeregt hat das bis jetzt niemanden. Bis jetzt.

Seit in Deutschland ein Gericht die Beschneidung bei einem kleinem muslimischen Buben als Körperverletzung gewertet hat, gehen auch in Österreich die Wogen hoch. Gegner und Befürworter der Beschneidung liefern sich eine emotionale Diskussion: „Jüdisches Leben würde so nicht mehr möglich sein, sollte die Beschneidung verboten werden“, sagt Rabbiner Schlomo Hofmeister und auch die Muslime in Österreich fühlen sich in ihrer Religionsfreiheit bedroht.

Im Film „Kampf um die Vorhaut“ erzählen die Filmemacher Florian Gebauer und Kurt Langbein Geschichten von Beschneidern, Beschnittenen, von Gegnern, Eltern und Gelehrten. Der Film zeigt, wie wichtig die Beschneidung für Juden und Muslime ist und setzt sich mit den verbundenen Fragen des Elternrechts, des Kinderrechts, der Gesundheit und der Religionsfreiheit auseinander.

Gegner wie Cahit Kaya, ehemaliger Muslim und selbst beschnitten, pochen auf die Freiwilligkeit des Eingriffs und warnen vor möglichen traumatischen Auswirkungen der Beschneidung, vor allem, wenn ohne Narkose beschnitten wird. Befürworter zitieren die Religionsfreiheit und werden nicht müde, auch immer wieder auf die positiven hygienischen Vorteile einer Beschneidung hinzuweisen.

Hussain Mousharraf ist Muslim. Heute wird er seine beiden Söhne, Akil und Aiman, 4 und 6 Jahre alt, beschneiden lassen. Für ihn ist dieser Schnitt etwas selbstverständliches, seine Kultur und seine Religion würden es so verlangen, seit Generationen. Dr. Youssef Al-Hachich beschneidet im Jahr über 200 Buben: für den syrischen Arzt ein Routineeingriff: die Buben werden sediert, bekommen eine Lokalanästhesie, sie werden den Eingriff nicht spüren.

Frau Yan ist schwanger. Im Oktober soll ihr Baby auf die Welt kommen, ob es ein Bub wird, weiß sie noch nicht, trotzdem bereitet sie sich mit ihrem Mann auf eine Beschneidung vor. Ihr Beschneider ist Rabbi Schlomo Hofmeister. „Der Eingriff dauert genau acht Sekunden. Wir verwenden keine Narkose, weil die dem Kind mehr weh tun würde, als dieser kurze Schnitt“, erklärt der Mohel, der Beschneider. „Gleich danach wird das Kind aufhören zu schreien“. Ganz wohl ist Frau Yan und ihrem Mann nach der Erklärung zwar nicht, aber auch für das säkulare Paar ist das Gebot der Beschneidung mehr als nur ein religiöses Zeichen, es ist Bestandteil jüdischer Lebensart.

Rechtlich gesehen gilt die Beschneidung in Österreich als Körperverletzung, doch weil sie seit hunderten Jahren praktiziert wird, ist sie auch Gewohnheitsrecht und damit nicht strafbar. Doch durch die aktuelle erhitzte Debatte und Rechtsunsicherheit hat das LKH Graz, eines der Spitäler, wo die Beschneidung zu Routineeingriffen gehört, derzeit diesen Eingriff bis auf weiteres eingestellt.

Der Kampf um die Vorhaut - ein emotionaler Film mit einschneidenden Folgen.

Im Anschluss an den Film eine „kreuz und quer“-Diskussion über den „kleinen Schnitt mit großer Wirkung“, über Religionsfreiheit, Kinder- und Elternrechte - mit Schlomo Hofmeister (Gemeinderabbiner in Wien und Beschneider), Ulrike Paul (Psychotherapeutin in Innsbruck), Ednan Aslan (Islamischer Religionspädagoge, Uni Wien), Reinhard Merkel (Strafrechtler und Rechtsphilosoph, Uni Hamburg), Gerhard Luf (Rechtsphilosoph, Uni Wien). Die Diskussion leitet Michael Hofer.

Lesen Sie dazu vorab:

Der Kampf um die Vorhaut geht weiter