Prominente an einem Tisch

ORF/Metafilm/Bettina Schimak

Kulinarik von den Todsünden bis zum Apfelstrudel

Im Burgenland wird von Walter Eselböck ein siebengängiges Menü serviert – pro Todsünde eine Köstlichkeit und am Bosporus gibt es Döner mit Apfelstrudel. Zwei Dokus voller Kulinarik lassen tief blicken.

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ORF

Sendungshinweis

Dienstag, 17. Dezember 2013
um 22.30 Uhr, ORF 2

Wiederholung:

Mittwoch, 18. Dezember 2013
um 20.15 Uhr, ORF III

Donnerstag, 19. Dezember 2013
um 11.55 Uhr, ORF 2
(nur „Todsünden - Ein Menü in sieben Gängen“)

Wie schmeckt eine Todsünde? Zum Beispiel der Neid? Oder die Wollust? Oder der Zorn? Haubenkoch Walter Eselböck gibt namhaften Gästen – unter ihnen Ursula Strauss, Hans Peter Haselsteiner, Martina und Karl Hohenlohe – kulinarische Antworten. In Michael Cencigs Dokumentation „Todsünden“, die „kreuz und quer“ – präsentiert von Doris Appel – am 17. Dezember 2013 zeigt, mutet Walter Eselböck seinen Gästen eine breite Variation von kulinarischen Interpretationen der sieben Todsünden zu – vom gefüllten Schnittlauch für den Geiz bis zur „erwürgten Bluttaube“ für den Zorn. Diese Speisenfolge ist aber auch das Einzige, auf das sich bei diesem gleichermaßen heiteren wie tiefsinnigen, jedenfalls aber kontroversiellen Gelage alle Gäste einigen können: „Es schmeckt vorzüglich.“

Wenn es einen Ort gibt, der das Schlagwort vom „Kampf der Kulturen“ widerlegen könnte, dann ist das Istanbul. Seit Jahrhunderten fließen am Bosporus Ost und West ineinander. Und das weitgehend unabhängig von der politischen Großwetterlage. In dieser multikulturellen Metropole mischt seit 130 Jahren auch eine österreichische Schule mit: das St.-Georgs Kolleg. Einmal im Jahr treffen sich Absolventinnen und Absolventen der Schule zum „Strudeltag“. In „Döner mit Apfelstrudel – Ein Stück Österreich am Bosporus“ stellen Michael Brauner und Christian Schüller um 23.25 Uhr vier von ihnen vor.

Todsünden - Ein Menü in sieben Gängen

Wie schmeckt eine Todsünde? Zum Beispiel der Neid? Oder die Wollust? Oder der Zorn? Haubenkoch Walter Eselböck gibt namhaften Gästen – unter ihnen Ursula Strauss, Andreas Vitásek, Martina und Karl Hohenlohe – kulinarische Antworten.

Im burgenländischen Taubenkobel wird ein siebengängiges Menü serviert – pro Todsünde eine Köstlichkeit. Bedenkliche Charakterzüge wie Geiz, Trägheit und Hochmut kommen im wahrsten Sinn des Wortes auf den Tisch und werden Gegenstand einer genussvollen Auseinandersetzung, eingebettet in eine Art Völlerei auf höchstem Niveau – womit alle Todsünden beim Namen genannt wären.

„Ich bin kein sehr maßvoller Mensch“, beichtet der Unternehmer Hans Peter Haselsteiner: „Mäßigung ist nicht meine Stärke, Duldsamkeit ist nicht meine Stärke. Insofern neige ich vielleicht zum Zorn. Aber wer mich kennt, weiß, solange ich laut werde, ist alles in Ordnung. Aber wenn der Haselsteiner leise wird und seine Stimme eine bestimmte Tonlage annimmt, dann wird es ungemütlich…“

Vom Neid unter Ordensfrauen berichtet die Franziskanerschwester Michaela: „Ich war mit einer Zweiten im Noviziat. Sie war äußerst geschickt, besonders im Haushalt, konnte wunderbar kochen, und ich konnte nichts außer beten und meditieren. Der Neid auf sie hat dazu geführt, dass ich mich überwunden habe und selbst zu kochen begann.“

Können Todsünden können also auch zu etwas Gutem führen? Eher nicht, meint der Professor für Theoretische Physik, Herbert Pietschmann: „Todsünden heißen so, weil sie die Liebe töten. Zum Beispiel der Hochmut. Wer sich besser fühlt als der Andere, kann den Anderen nicht lieben. Liebe setzt immer voraus, dass man auf Augenhöhe mit einander verkehrt. Der Hochmut ist also eine Todsünde, weil er die Liebe tötet.“
Überhaupt gibt es laut Pietschmann nur ein Gegenteil für alle Todsünden: „Die Liebe.“

Wie kommt es dann, dass die Wollust – der Inbegriff der ungehemmten körperlichen Liebe – zu den Todsünden zählt? Die an sich sehr freizügig denkende Sexkolumnistin Janina Lebiszczak zieht eine klare Grenze zwischen ethisch vertretbaren und inakzeptablen Sexpraktiken: „In dem Moment, wo ich dem Anderen etwas aufzwinge, wogegen dieser sich sträubt, ist es nicht mehr moralisch.“

Ursula Strauss ortet bei sich einen gewissen „faulen Anteil“. Die vielbeschäftigte Schauspielerin bekennt also einen gewissen Hang zur Trägheit: „Sie ist mein Motivator. Würde ich nicht so viel arbeiten, würde ich nur den ganzen Tag auf dem Sofa liegen und fernsehen.“

Der Ski- und Dancing-Star Rainer Schönfelder liefert Belege für gleich mehrere Todsünden: „Als Spitzensportler musst du bis zu einem gewissen Grad geizig sein. Du geizt mit Informationen, die du dir erarbeitet hast. Zum Beispiel auf dem Hardwaresektor. Wenn du dir dort einen gewissen Vorsprung erarbeitet hast, der dich den Anderen überlegen macht, teilst du diese Information nicht mit deinen Konkurrenten. Oder mein Zorn. Der ist extrem. Wenn jemand mit mir auf den Golfplatz geht, wird er danach sagen: Das war nicht der Rainer Schönfelder. Da kann es schon einmal sein, dass ich einen Golfschläger übers Knie biege. Aber ich bin nur zornig auf mich selbst. Ich bestrafe mich selbst. Aber ich achte darauf, dass kein anderer Mensch zu Schaden kommt.“

Völlerei schließlich ist sowohl für die Restaurantkritiker Martina und Karl Hohenlohe ein Thema als auch für den Haubenkoch Walter Eselböck. Karl Hohenlohe kann nicht „ein wenig essen. Wenn wir Restaurants testen, bekommen wir oft 15gängige Menüs serviert. Meine Frau kostet dann nur von allem ein wenig. Aber ich esse 15 Gänge. Dann ist mir oft fürchterlich schlecht. Und ich empfinde es auch als Sünde, so in sich hinein zu fressen. Ich fühle mich dann wirklich schuldig.“

Walter Eselböck hat diese Neigung überwunden: „Früher hab ich die Völlerei ausgelebt. Aber irgendwann bin ich draufgekommen, dass die guten Köche schlank sind. Sie denken nach – was tut mir gut? Und nur das muten sie sich dann zu und auch ihren Gästen.“

In der „kreuz und quer“-Doku „Todsünden“ von Michael Cencig mutet Walter Eselböck seinen Gästen eine breite Variation von kulinarischen Interpretationen der sieben Todsünden zu – vom gefüllten Schnittlauch für den Geiz bis zur „erwürgten Bluttaube“ für den Zorn. Diese Speisenfolge ist aber auch das Einzige, auf das sich bei diesem gleichermaßen heiteren wie tiefsinnigen, jedenfalls aber kontroversiellen Gelage alle Gäste einigen können: „Es schmeckt vorzüglich.“

Innenhof des St.Georgs Kollegs in Istanbul mit türkischer und österreichischer Flagge

ORF/metafilm

Strudeltag am St.Georgs Kolleg

Döner mit Apfelstrudel - Ein Stück Österreich am Bosporus

Wenn es einen Ort gibt, der das Schlagwort vom „Kampf der Kulturen“ widerlegen könnte, dann ist das Istanbul. Seit Jahrhunderten fließen am Bosporus Ost und West ineinander. Und das weitgehend unabhängig von der politischen Großwetterlage.

In dieser multikulturellen Metropole mischt seit 130 Jahren auch eine Österreichische Schule mit. Das St. Georgs Kolleg bringt türkische Schüler zur Matura und versucht ihnen neben Mathematik, Biologie und Literatur auch Toleranz und Offenheit auf den Lebensweg mitzugeben.

Absolventen der österreichischen Schule sind in allen Bereichen der türkischen Gesellschaft zu finden: als Unternehmer, Anwälte, Journalisten und Diplomaten. Die meisten von ihnen stammen aus der gehobenen Mittelschicht. Doch auch Kinder aus weniger begüterten Familien bekommen die Chance, in St. Georgs ihren Weg zu machen.

Einmal im Jahr treffen sie sich zum „Strudeltag“ in ihrer ehemaligen Schule. Dabei zeigt sich, dass die rasanten Veränderungen in der Tükei sehr unterschiedlich erlebt werden. Manche sehen ihr Land immer demokratischer und westlicher werden, andere fürchten ein allmähliches Abdriften in den Osten.

Michael Brauner und Christian Schüller haben für „kreuz und quer“ vier sehr unterschiedliche Charaktere porträtiert, die nur zwei Dinge wirklich gemeinsam haben: Sie sind von ihrer Stadt Istanbul fasziniert – und sie tragen, seit ihrer Schulzeit, ein kleines Stück Österreich mit sich herum.

Der Weinproduzent Cahit Kutman liebt Österreich sosehr, dass ihm beim Reden oft Wienerisches herausrutscht. Seinen Erfolg verdankt er dem rasanten Wachstum seines Landes – und einer eisernen Disziplin. Dass in der Türkei heute islamisch konservative Politiker regieren, beunruhigt ihn ein wenig. Und doch ist Cahit zutiefst überzeugt davon, dass ein echter Istanbuler nicht untergeht.

Evrim Sümer war eine Tochter aus gutem Hause, als sie ins St. Georgs Kolleg eintrat. Heute kämpft sie wo immer es geht für Frauenrechte. Die allein erziehende Mutter arbeitet in der Zeitung „Hürriyet“, einem der auflagenstärksten Blätter der Türkei. Und führt dort eine Kampagne gegen Gewalt in der Familie. Kein leichtes Unterfangen in einer so konservativen Gesellschaft. Doch der Chefredakteur steht hinter Evrim. Auch er ist übrigens Absolvent der österreichischen Schule.

Evrims Freundin Zeynep würde man in Europa wohl als Aussteigerin beschreiben. Sie unterrichtet Tai Chi. Vielleicht ist sie ja vorbelastet, denn unter ihren Vorfahren waren Sufis, islamische Mystiker. Doch Zeynep findet, dass die fernöstlichen Lehren besser in die moderne Zeit passen als der Islam. Das Selbstvertrauen, ihren eigenen Weg zu gehen, verdanke sie der österreichischen Schule, meint sie.

Turan Bayraktar will einmal Diplomat werden. Er hat soeben erst die Matura hinter sich gebracht. Seine Eltern hätten sich die österreichische Privatschule nicht leisten können, aber Turan wird wegen seiner besonders großen Begabung mit einem Stipendium unterstützt. Er ist überzeugt davon, dass Demokratie und Menschenrechte sich früher oder später weltweit durchsetzen werden. Doch ob die Umbrüche in der arabischen Welt den Namen ‚Revolution‘ verdienen, da hat der Achtzehnjährige seine Zweifel.

Eine Reportage von Michael Brauner und Helmut Schüller