barocker Hochaltar mit geschmückten Christbäumen

Johannes Klug

„Der andere Sündenbock“

Live aus dem Dom der Wachau in Krems übertrug der ORF eine Messe zwischen dem Gedanken an den alttestamentarischen Sündenbock und dem Bild von Christus als dem Lamm Gottes. Mit der Gemeinde feierte Pfarrer Franz Richter.

Unangenehm und bedrohlich, wenn man einmal als Sündenbock herhalten muss. Der Begriff stammt aus dem Alten Testament und hängt mit einem Ritus zusammen: Durch Handauflegung des Hohen Priesters wurde ein Bock symbolisch mit Schuld und Verfehlungen des Volkes beladen, damit er diese dann weit in die Wüste hinaus tragen könne.

Ganz anders im Neuen Testament. „Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinweg nimmt!“ Mit diesen Worten weist Johannes der Täufer im Neuen Testament auf Christus als Befreier und Erlöser hin - und erinnert damit an das Bild vom Sündenbock. Jedoch, meint Pfarrer Franz Richter, mit dem Unterschied, dass Jesus sich ganz freiwillig mit den Unzulänglichkeiten und Defiziten unseres Lebens belädt...

Gnade sei mit euch

Lesung: Erster Korintherbrief 1

Paulus, durch Gottes Willen berufener Apostel Christi Jesu, und der Bruder Sosthenes an die Kirche Gottes, die in Korinth ist - an die Geheiligten in Christus Jesus, berufen als Heilige mit allen, die den Namen Jesu Christi, unseres Herrn, überall anrufen, bei ihnen und bei uns. Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus!

Musik

Felix Mendelssohn-Bartholdy:
Jauchzet dem Herrn alle Welt

Gott in der Höh sei Preis und Ehr

Gott ist dreifaltig einer

Ronald Peter: Halleluja

Herr, wir bringen in Brot und Wein

Heilig ist Gott in Herrlichkeit

Horst Christill:
Lamm Gottes, für uns gegeben

Der Geist des Herrn erfüllt das All

Johann Sebastian Bach:
Komm, Gott Schöpfer, heiliger Geist

Chorus musica sacra Krems
Leitung: Alfred Endelweber

Jugendensemble der Pfarre
Leitung: Andrea Klug

Orgel: Ronald Peter

Sünde hinwegnehmen

Evangelium: Johannes 1

Am Tag darauf sah er Jesus auf sich zukommen und sagte: „Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt! Er ist es, von dem ich gesagt habe: ,Nach mir kommt ein Mann, der mir voraus ist, weil er vor mir war.’ Auch ich kannte ihn nicht, aber ich bin gekommen und taufe mit Wasser, um Israel mit ihm bekanntzumachen.“

Und Johannes bezeugte: "Ich sah, dass der Geist vom Himmel herabkam wie eine Taube und auf ihm blieb. Auch ich kannte ihn nicht, aber er, der mich gesandt hat, mit Wasser zu taufen, hat mir gesagt: ,Auf wen du den Geist herabkommen siehst und auf wem er bleibt, der ist es, der mit dem Heiligen Geist tauft.’

Das habe ich gesehen und ich bezeuge: Er ist der Sohn Gottes."

Der andere Sündenbock

Predigt

Ein Schüler ist enttäuscht, grübelt über seine verpatzte Prüfung. Total daneben gegangen. Und was oder wer ist schuld? Natürlich die Lehrerin. Sie hat die falschen Fragen gestellt.

Ein Autofahrer löst einen Verkehrsunfall aus, weil er zu knapp auf das Fahrzeug vor ihm aufgefahren ist. Er ist wütend. Wütend auf sich? Nein, wütend auf den Verkehrsteilnehmer vor ihm. Der ist schuld, weil er zu langsam gefahren ist!

Ist es nicht so, dass Menschen gerne Schuld auf andere abwälzen, dass man andere für eigenes Versagen verantwortlich macht? Besonders schlimm ist es, wenn ganze Bevölkerungsgruppen als Sündenböcke herhalten müssen, wegen ihrer Herkunft oder wegen ihrer Religionszugehörigkeit. „Und überhaupt die Ausländer, die sind ja an allem schuld.“

Niemand möchte die Rolle eines Sündenbocks einnehmen. Woher kommt dieser Begriff eigentlich? Vielleicht überrascht es, dass er aus der Bibel stammt: Im Judentum, zur Zeit Jesu, gab es einen bestimmten Ritus - am sogenannten Versöhnungstag hat der Hohepriester ein Tier, einen Bock symbolisch mit den Verfehlungen und Sünden des Volkes beladen. Dieser „Sünden-Bock“ wurde dann in die Wüste gejagt. Er sollte das Böse weit hinaustragen, weit wegschaffen.

Pfarrer Franz Richter, lächelnd

Pfarre St. Veit

Pfarrer Franz Richter

Auf dem Hochaltar unserer Kirche befindet sich eine Darstellung Johannes des Täufers. Von Johannes wissen wir, dass er sich von Heuschrecken und wildem Honig ernährte. Sein Outfit, sein äußeres Erscheinungsbild war sehr ungewöhnlich und alternativ. Fast möchte man sagen: Seine Botschaft ist so, wie er daherkommt – herausfordernd, provozierend im positiven Sinn.

„Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinweg nimmt.“ Mit diesen Worten weist Johannes der Täufer im heutigen Evangelium auf Jesus Christus hin. „Seht, das Lamm Gottes …“ – dabei schwingt das Bild vom Sündenbock am Versöhnungstag mit: Jesus wird zum Sündenbock. Allerdings in einem ganz anderen Sinn als ein Alltags-Sündenbock. Er will freiwillig beladen werden mit der Last meines Lebens, mit meinen Unvollkommenheiten, mit meiner Schuld. Er möchte mich entlasten und befreien vom Unbewältigten meines Lebens. Er möchte mir immer wieder einen neuen Anfang schenken.

Paulus schreibt an die Korinther: Heilige seid ihr alle. Nicht aus euch selbst heraus, sondern weil ihr für Gott heilig seid. Er bezeichnet die Christinnen und Christen als Heilige, obwohl sie nicht Vorzeigechristen waren und obwohl sich Paulus immer wieder für sie schämte. Sie sind Gott heilig, Gott nimmt sich ihrer an. Niemand von uns will als heilig bezeichnet werden, aber im Sinn von Paulus sind wir es, weil wir Gott heilig und kostbar sind.

Manche sind überrascht, wenn ich sage, dass es zu meinen schönsten Aufgaben gehört, im Seelsorge- oder Beichtgespräch für andere da sein zu dürfen. Ich habe großen Respekt vor Menschen, die ganz offen bekennen: „Dort und da habe ich versagt. Dort und da habe ich Mist gebaut.“ Es gehört zu meinen schönsten Aufgaben, im Sinne von Johannes auf Jesus hinzuweisen, dem wir das Unbewältigte und Unvollkommene unseres Lebens hingeben dürfen.

Jede Messe hat mit Wandlung zu tun. Nicht nur Brot und Wein werden in die Gegenwart Jesu Christi verwandelt. Auch ich selbst soll innerlich verwandelt und gewandelt in mein Leben zurückgehen können.

Dom der Wachau aus der Luft von Süden aus

Erich Neumeister

Der Dom von Süden aus

Zur Geschichte der Gemeinde

2014 feiert die Stadtpfarre Krems-St.Veit ihr 1000jähriges Bestehen. Das ursprünglich romanische Gotteshaus geht vermutlich auf eine Schenkung Heinrichs II. zurück. Im 16. Jahrhundert verfiel die mittelalterliche Pfarrkirche und wurde zu einem Großteil abgebrochen. Nach den Plänen des Mailänder Baumeisters Cypriano Biasino wurde schließlich in den Jahren 1616 bis 1630 eine der ersten frühbarocken Kirchen nördlich der Alpen errichtet.

Im Jubiläumsjahr ist nun eine zweijährige Generalsanierung abgeschlossen, und die Gemeinde ist stolz, ihren Dom der Wachau mit den berühmten Kremser-Schmidt-Fresken als spirituelle Oase und Kulturjuwel zwischen Weinbergen und Donau in neuem Glanz erstrahlen zu sehen.

Aktuelles in der Pfarre

www.domderwachau.at

Kontakt

Pfarre Krems St. Veit
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Redaktion

Thomas Bogensberger

Bildregie

Verena Maria Kalenda